Ausflügler im Fünfseenland:Raus aufs Land - aber mit Verstand

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Sprühaktion am Gut Delling für mehr Rücksicht auf Feldwegen mit v.li. Kreisbäuerin Anita Painhofer, dem Präsidenten des Bauernverbandes in Oberbayern, Ralf Huber, Münchens Kommunalreferentin Kristina Frank, Vize-Kreisobmann Stefan Dellinger, Alfons Bauschmid und Kreisobmann Georg Zankl. (Foto: Arlet Ulfers)

Erholungssuchende parken Feldwege zu, Wanderer stören brütende Vögel: Der Andrang wächst. Der Bauernverband ruft in einer Kampagne zu mehr Rücksicht auf.

Von Manuela Warkocz, Seefeld

Beliebten Ausflugsregionen wie dem Fünfseenland stehen heiße Wochenenden bevor - 1. Mai mit Feiertag am kommenden Samstag, Christi Himmelfahrt, Pfingsten. Halb München dürfte wieder in die Natur aufs Land drängen. Gleichzeitig beginnt für die Bauern die Hochsaison, sie bestellen ihre Felder. Weil Konflikte zwischen Ausflüglern und Landwirten in Folge von Corona zunehmen, startet der Bayerische Bauernverband - ähnlich wie schon die Jäger - in seinen 20 Kreisverbänden in ganz Oberbayern eine Kampagne. Gemeinsam mit der Stadt München wirbt er um mehr gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis, damit Bauern und die Bevölkerung mit ihren Freizeitbedürfnissen besser miteinander auskommen. Auf dem städtischen Gut Delling in Seefeld agierten Vertreter aus Stadt und Land am Montag als legale Sprayer.

In einer schmalen Kastanienallee beugen sich Ralf Huber, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes in Oberbayern, und Münchens Kommunalreferentin Kristina Frank über eine zwei auf zwei Meter große Schablone am Boden. Beim Sprühen assistieren Starnbergs Kreisbäuerin Anita Painhofer und Kreisobmann Georg Zankl. Zum Vorschein kommt ein Piktogramm mit einem Radler und Traktorfahrer, die sich zuwinken. Darunter die Botschaft: "Rücksicht macht die Wege breit. Danke! Ihre Landwirte". Das Piktogramm sollen Bauern in Absprache mit Kommunen an neuralgischen Punkten aufsprühen.

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Die Jäger appellieren mit einer Schilderaktion an Besucher, Rücksicht gegenüber Tieren und Natur zu üben. Denn Leute direkt anzusprechen, wird immer schwieriger.

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Bewusst verzichte man auf weitere Schilder, sondern wolle mit Graffitis am Boden an heiklen Stellen "auf den Drang der Münchner ins Umland reagieren", so die Kommunalreferentin. Frank wohnt selbst in München, versteht jeden, der der gefühlten Enge in der Stadt mal entkommen möchte. Was sie vergangenen Sonntag bei ihrem Ausflug an den Wörthsee gesehen hat, macht sie aber sprachlos. "In Steinebach alles zugeparkt, das ist für die Anlieger wirklich crazy." Kreisbäuerin Painhofer kennt das von ihrem Hof in Geisenbrunn nur zu gut. Um mit schweren Maschinen raus auf die Felder zu kommen, hätten Leute im Dorf schon mal mit einem Stapler ein Auto weggehievt. Was sie immer wieder sieht: Reiter, die mit ihren Pferden durch blühende Rapsfelder gehen. "Und dann ist alles zertrampelt." Nach wie vor ein großes Problem sieht sie in den Hinterlassenschaften von Hunden auf Futterwiesen. Gelangt der Kot ins Vieh, verendet es nicht selten. Damit Gassigeher die Haufen ihrer Hunde einsammeln, gebe es inzwischen an vielen Stellen Tütenspender und Abfallbehälter. Auch achtlos - oder sogar bewusst - weggeworfener Müll gehöre da hinein. Painhofer möchte Verständnis wecken für die Arbeit der Landwirte. "Dass die Leute schön spazieren gehen können, machen ja wir. Und auch, dass sie morgens, mittags, abends was zu essen haben."

Auf die "Kinderstube der Natur", die derzeit besonderen Schutz benötige, macht Bauernbezirkspräsident Huber aufmerksam. Denn wer jetzt die Wege verlasse, gefährde in den Wiesen abgelegte junge Hasen, Rehe und brütende Vögel. Oft stoße er auf Unkenntnis, wenn er Leute anspreche. Viele Wanderer und Radler wüssten nicht, dass zwischen März und Oktober gemäß dem Bayerischen Naturschutzgesetz landwirtschaftliche Flächen gar nicht betreten werden dürfen. Er wolle Menschen mehr zum Nachdenken bringen und sensibilisieren für das, "was sie da eigentlich tun". Gleichzeitig hat er Verständnis für Ausflügler, die sich auf Feldwegen von heranröhrenden, mächtigen Traktoren gefährdet fühlen. Auch da sei Rücksicht angesagt.

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Sei der Freizeittourismus schon früher an den Wochenenden in der Region groß gewesen, so habe er jetzt auch wochentags stark zugenommen, beobachtet Kreisobmann Zankl. Viele landwirtschaftliche Wege würden einfach zugeparkt. Um den Parkdruck in den Dörfern rauszunehmen, ist der Bauernverband mit Gemeinden im Gespräch, zusätzliche Parkmöglichkeiten auf öffentlichem Grund zu schaffen. Auf Gut Delling, das derzeit 35 öffentliche Parkplätze ausweist, will man eventuell ein Feld zusätzlich zum Parken freigeben. Insgesamt verwaltet die Stadt München zehn städtische Güter mit einer Gesamtfläche von 2800 Hektar. Im Landkreis Starnberg gehört neben Gut Delling noch Gut Beigarten dazu.

Wie es diesen Sommer gelingen kann, Ausflugsströme besser zu lenken und vor allem rund um die beliebten Seen weniger Interessenkonflikte entstehen zu lassen, vertieften Starnberger Bauern am Montagnachmittag mit Landrat Stefan Frey, Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde, Bürgermeistersprecher Rainer Schnitzler aus Pöcking und Christoph Winkelkötter von der Wirtschafts- und Tourismusagentur Gwt Starnberg. Die Gwt möchte Naturguides einsetzen, die Ausflügler konkret ansprechen und informieren. Das Projekt samt Finanzierung soll im nächsten Kreisausschuss am 6. Mai vorgestellt werden.

© SZ vom 27.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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