Ausbildung in der Landwirtschaft:In drei Semestern zurück zur Natur

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Kiebitze beobachten die Studenten des zweiten Semesters der Staatlichen FH für Agrarwirtschaft und deren Lehrerin Claudia Schatz (Mitte). Naturschützer Christian Niederbichler hät ein ausgestopftes Exemplar. (Foto: Nila Thiel)

Die Fachschule für Ökologischen Landbau in Weilheim ist ein Erfolgsmodell. Sie bildet Landwirte aus, die dann oft auf Bio umstellen.

Von Sabine Bader

Öko macht Schule, gerade bei der Ausbildung zum Landwirt. Als die "Staatliche Fachschule für Ökologischen Landbau" in Weilheim 2013 mit ihrer Arbeit begann, bangten die Lehrer stets vor Semesterbeginn, ob genügend Anmeldungen für einen Ausbildungsjahrgang zusammenkommen. Im vergangenen Wintersemester brauchte man erstmals ein Auswahlverfahren, denn die Zahl der Studenten überstieg die maximale Klassenstärke von 24. "Das Ganze ist eine Erfolgsgeschichte", sagt Schulleiter Stefan Gabler ein wenig stolz.

27 herkömmliche Landwirtschaftsschulen gibt es in Bayern, dazu kommen zwei Ökoschulen - eine in Weilheim, eine in Landshut. Während die Schüler an den konventionellen Instituten meist aus der näheren Umgebung kommen, treffen sich an der Ökoschule in Weilheim Studierende aus ganz Bayern. Ein Umstand, den die Absolventen sehr genießen, denn so lernen sich Kommilitonen aus unterschiedlichen Regierungsbezirken kennen. Und sie lernen auch von einander, weil sie die Betriebe ihrer Kommilitonen besichtigen.

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Seit zwei Jahren leitet Gabler die Schule in Weilheim. Der 52-Jährige kennt den Landkreis wie seine Westentasche. Stammt er doch selbst aus dem 18 Kilometer entfernten Uffing am Staffelsee. Hier hatten seine Großeltern eine Landwirtschaft, hier lebt der 25-Jährige auch heute noch. Beruflich, so sagt er, "bin ich endlich zuhause angekommen." Zuvor war Gabler im Landwirtschaftsministerium in München für Ökolandbau zuständig. Unter dem ehemaligen Landwirtschaftsministers Helmut Brunner, der das Ministerium von 2008 bis 2018 führte, sei ein Umdenkprozess in Gang gekommen, hin zu mehr Augenmerk auf die Ökologie. Im Landkreis Starnberg gibt es laut Landwirtschaftsamt Weilheim derzeit etwa 400 Landwirte. 53 davon sind Ökolandwirte. Sie bewirtschaften knapp 2500 Hektar Fläche ökologisch, das sind knapp 18 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche im Fünfseenland. Bayernweit sind laut Behörde rund 9900 Ökobetriebe registriert.

Die Ausbildung zum Ökolandwirt dauert drei Semester, sprich eineinhalb Jahre, und beginnt im Oktober. In den beiden Wintersemestern findet der Unterricht an fünf Tagen die Wochen Vollzeit statt - daher auch der althergebrachte Name "Winterschule". Die Studenten aus ganz Bayern leben in dieser Zeit in Weilheim. Untergebracht sind sie meist in Ferienwohnungen, wo sie Wohngemeinschaften bilden. Das Mittagessen in der Schule kommt von einem Bio-Caterer in Oderding.

Die Schule wird geleitet von Stefan Gabler (li.) und Josef Kirchhofer. (Foto: Nila Thiel)

Unterrichtet werden neben pflanzlicher und tierischer Erzeugung auch die Fächer Naturschutz, Tiergesundheit, Direktvermarktung und Waldwirtschaft. Zu den betriebswirtschaftlichen Fächern zählen Unternehmens- und Mitarbeiterführung sowie Rechnungswesen. Es gibt zehn Lehrer an der Ökoschule - darunter Agrarwissenschaftler und Tierärzte. Im Rahmen der Ausbildung fertigen die Studenten eine Meisterhausarbeit an, die es mit so mancher Diplomarbeit im Studium durchaus aufnehmen könne, findet Konrektor Josef Kirchhofer. Der 59-Jährige betreut die Hausarbeiten seit vielen Jahren. "Die Arbeiten sind stets zielgerichtet", sagt er. Die Studenten analysieren den Zustand eines Betriebs, im Normalfall ist es der familiäre Hof. Im nächsten Schritt überlegen sie sich verbesserte Lösungen, ohne dass man dafür groß investieren muss. Und im Anschluss daran formulieren sie ihre Ziele für die Zukunft: Wie wollen sie den Betrieb weiterentwickeln? Dabei gehen sie auch der Frage nach, was investiert werden muss und erarbeiten eine Finanzplanung. Das klingt nicht nur aufwendig, sondern ist es auch. So manche Hausarbeit hat die Stärke eines stattlichen Buches.

Das Sommersemester ist stets geprägt von praxisorientierten Schultagen, einem Landmaschinenseminar und etlichen Betriebsbesuchen. Manchmal stehen auch Tierbeobachtungen auf dem Programm. Die Studierenden können die Ökoschule entweder als staatlich geprüfte Wirtschafter für ökologischen Landbau oder als Landwirtschaftsmeister abschließen. Mit Letzterem erwerben sie auch die Hochschulberechtigung.

Die meisten Schüler übernehmen nach der Ausbildung allerdings die elterlichen Betriebe. Viele von ihnen kommen bereits aus dem Ökologischen Landbau, andere beabsichtigen, den heimischen konventionellen Betrieb umzustellen. "Zu uns kommt niemand, der vom Ökolandbau eine schlechte Meinung hat", sagt Kirchhofer. Ihm geht es auch darum, dass sich die künftigen Landwirte in der Ausbildung Gedanken darüber machen, wie sie Arbeitsbelastung mit Lebensqualität in Einklang bringen können. Wichtig aber sei für die meisten von ihnen: Wer einen Ökobetrieb führt, "der fühlt sich wohl in der Gesellschaft - sieht seine Arbeit geschätzt", wissen beide Schulleiter. "Wenn man sich mit Ökolandbau beschäftigt, kommt man zu der Erkenntnis, dass man auch mit kleinen Betrieben Wertschöpfung erzielen kann", sagt Kirchhofer. Viele Betriebe haben zudem ein zweites Standbein, indem sie "Ferien auf dem Bauernhof" oder regelmäßige Besuche für Schulklassen als "Qualifizierter Erlebnisbauernhof" anbieten.

Etliche halten auch besondere Tierarten, Lamas und Alpakas oder Rassen, die vom Aussterben bedroht sind wie Murnau-Werdenfelser Kühe. Häufig vermarkten Biobauern ihre Erzeugnisse direkt im Hofladen. "Bei all dem braucht man natürlich auch die Verbraucher", sagt Gabler. "Denn sie müssen bereit sein, die besonders nachhaltig erzeugten Produkte auch zu kaufen. Es geht eben nicht nur billig, billig."

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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