Süddeutsche Zeitung

Auktion mit Schauspielern:Kuriositäten unterm Hammer

Der Heimatverein Dießen löst am Sonntag sein Archiv mit einer Benefiz-Auktion zugunsten von Ukraine-Flüchtlingen auf.

Von Armin Greune

Wer sich für Antiquitäten, Kuriositäten und Erinnerungsstücke mit lokalem Bezug begeistern kann oder auch nur eine theatralisch inszenierte Versteigerung miterleben will, sollte sich den Sonntagnachmittag vormerken: Von 15 bis 17.30 Uhr kommen in den Dießener Seeanlagen Objekte unter den Hammer, die der örtliche Heimatverein, der ja eher wegen seiner kulturellen Aktivitäten bekannt ist als für die Pflege bodenständigen Brauchtums, jahrelang gesammelt hat. Der Erlös geht an den Münchner Verein "Apotheker helfen", der damit Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine unterstützt.

Es ist der letzte Akt zur Auflösung des Vereinsarchivs, die der im vergangenen Jahr neu gewählte Vorstand beschlossen hat. Zuvor waren bereits historisch relevante Teile der Sammlung anderen Gedächtnisinstitutionen überlassen worden: Haushalts- und Handwerksgeräte, Textilien, Bücher und Bilder mit eindeutigem Bezug zur Dießener Ortsgeschichte etwa wanderten ins Archiv der Marktgemeinde. Töpferwaren übergab man an das Keramikmuseum Lösche im Ort, historische Fischereigeräte an Paul Gastl von der Fischereigenossenschaft Ammersee. Weitere Archivgüter, darunter einige Gemälde und Skizzen, gingen an die Denkmalschutzbehörde in Landsberg sowie an das Stadtmuseum Weilheim. Sakrale Kunstwerke übernahmen das Dießener Pfarrmuseum, das Museum für Hinterglasmalerei und Glas in Seehausen, sowie das Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Eine kleine Sammlung von Kleidung aus dem 18. und 19. Jahrhundert überließ der Heimatverein dem "Zentrum für Trachtengewand" in Benediktbeuern.

Dennoch sind viele weitere dekorative oder kuriose Archivgüter übrig geblieben, denen zwar aus kunsthistorischer Sicht wenig Bedeutung eingeräumt wird, die aber für private Sammler durchaus interessant sein könnten. Hinzu kommen Stücke, die Dießener Bürger extra zur Spendenauktion beigesteuert haben, wie etwa der langjährige Vorsitzende des Heimatvereins Professor Thomas Raff oder der Riederauer Grafiker Mario Kessler. Aus seiner privaten Sammlung stellt er einige antike und vollständige Glassätze für die Auktion zur Verfügung, darunter sechs hohe Jugendstil-Weingläser aus der bayerischen Glashütte Theresienthal: "Mehr als 120 Jahre alt und in allerbestem Zustand, mundgeblasen und mit Gold und Transparentemail bemalt. Eine Zierde und etwas Besonderes für jede Tafel", sagt Kessler.

Zweimal musste die Versteigerung des Dießener Heimatvereins zu Gunsten der Flüchtlingshilfe bereits verschoben werden, am 2. und 9. April machte das Wetter den Veranstaltern jeweils einen Strich durch die Rechnung. Nun soll die Auktion am Sonntag, 24. April, vor dem Pavillon der Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst (ADK) stattfinden, nur einen Steinwurf vom Dampfersteg entfernt. Von 15 Uhr an können die Objekte besichtigt werden, die Auktion startet um 15.30 Uhr. Auch wer sich nicht unbedingt zur Schnäppchenjagd einfindet, kommt womöglich auf seine Kosten: Die Virtuelle Compagnie der Dießener Regisseurin Katalin Fischer will die Versteigerung vor dem ADK-Pavillon am Dampfersteg als Bühnenperformance gestalten: Fischer und Fabian Weiß agieren in der Rolle der Auktionatoren, als "Assistentinnen" stehen ihnen Fanny Arnold und Leoni Afrouz zur Seite.

Ursprünglich war die Sammlung für ein Heimatmuseum gedacht, das im vereinseigenen Taubenturm am Dießener Kloster eingerichtet werden sollte. 1935 hatte man zu diesem Zweck ein Konzept erstellen lassen, die Eröffnung der Ausstellung fand jedoch nie statt. Als der Turm dann 1974 saniert wurde, brachte man die meisten Exponate im Traidtcasten nebenan unter. Viele Objekte lagerten lange seither unberührt in Dachböden, 2021 entschied der Vorstand, die Archivarien weiterzugeben.

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