Süddeutsche Zeitung

Aufbruch:"Pfarrer bleiben Sie, Christ auch"

Der evangelische Seelsorger Stefan Koch nimmt Abschied von der Stadt und der Kirche

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Sieben Jahre hat Pfarrer Stefan Koch in der evangelischen Kirchengemeinde Starnberg gewirkt. Nun wechselt er in ein völlig anderes Arbeitsfeld: Er wird von Oktober an als Senior-Manager in der Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPNG in Berlin arbeiten. Mit einem Gottesdienst unter freiem Himmel und einer anschließenden Feier wurde der promovierte Theologe am Samstag offiziell verabschiedet. "Mit Ihnen verlieren wir nicht nur einen engagierten Pfarrer und Seelsorger", sagte Bürgermeister Patrick Janik. Noch größer sei der Verlust in seinem Wirken nach außen.

Für Koch gab es mehrere Gründe zu gehen. Wie er bei der Bekanntgabe seines Abschieds im Juli eingeräumt hatte, gaben nicht nur private Gründe den Ausschlag im Alter von 56 Jahren eine tiefe Zäsur in seinem Leben vorzunehmen. Auch die Zusammenarbeit mit den beiden gleichgestellten Pfarrern Anna Stempel de Fallois und Johannes Fallois war offenbar nicht harmonisch. Es habe unterschiedliche Auffassungen gegeben, formulierte er es damals vorsichtig. Am Samstag erklärte Koch, trotz Abschiedsschmerz gebe es gute Gründe einen Beruf zu ergreifen, der anders sei. Als Pfarrer passe er nicht mehr in die Zeit. "Die Bedingungen, Pfarrer zu sein, haben sich so gewandelt, dass ich mein Säckel packe." Er würde gerne viele Menschen aus Starnberg mit nach Berlin nehmen, "aber nicht alle".

Ihm ist es dennoch ein großes Anliegen wie es in Starnberg weitergeht. Im Dekanat Weilheim müssen 5,25 Stellen abgebaut werden und noch ist offen, ob die Starnberger Pfarrstelle erhalten bleibt. Zunächst bleibt die Stelle vakant und wird sechs Monate lang ausgeschrieben. Dann erst wird entschieden, ob ein Nachfolger eingesetzt oder die Stelle ganz gestrichen wird. In seiner Abschiedspredigt rief Koch die Gläubigen auf, für den Erhalt der Stelle zu kämpfen und appellierte an die Kirche, nicht nur auf Konten und Rücklagen zu schauen.

"Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich Ihnen die geforderten Stellen zuteilen", antwortete der Weilheimer Dekan Jörg Hammerbacher. Doch das stehe nicht in seiner Macht. Anschließend sprach er den scheidenden Pfarrer frei von allen Aufgaben und Pflichten. Doch "Pfarrer werden Sie bleiben, Christ auch", betonte er vor den knapp 150 geladenen Gästen, darunter zahlreiche Weggefährten der evangelischen und katholischen Kirche, Kommunalpolitiker und Mitglieder von Vereinen. Der Dekan charakterisierte Koch als leidenschaftlichen Seelsorger, der viele Dinge in Bewegung gebracht habe. Kochs katholischer Amtskollege Andreas Jall hob die gute fachliche Zusammenarbeit hervor, aus der "eine Form von Freundschaft" entstanden sei. "Er war ein immer auf den Menschen bedachter, treuer und verlässlicher Partner", sagte Jall. Und Martina Neubauer, die mit Koch den Starnberger Dialog gegründet hatte, tituliert ihn als "Mutmacher", dem es gelungen sei, Brücken zu bauen. Landrat Stefan Frey bezeichnete Koch als feinfühligen und differenzierten Menschen, der mit 56 Jahren den Mut habe, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen. Er hoffe, dass mit Koch der Heilige Geist in die Wirtschaft getragen werde, so Frey.

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SZ vom 27.09.2021
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