Streit um Eselfarm:Asinella muss weiter bangen

Streit um Eselfarm: Anahid Klotz setzt ihre Esel zur Therapie traumatisierter Kinder und zum Besuch von Altenheimen und Schulen ein. Weil ihre Asinella-Farm vom Landratsamt nicht als landwirtschaftlicher Betrieb, sondern als Schwarzbau eingestuft wird, droht nach wie vor der Abriss.

Anahid Klotz setzt ihre Esel zur Therapie traumatisierter Kinder und zum Besuch von Altenheimen und Schulen ein. Weil ihre Asinella-Farm vom Landratsamt nicht als landwirtschaftlicher Betrieb, sondern als Schwarzbau eingestuft wird, droht nach wie vor der Abriss.

(Foto: Arlet Ulfers)

Das Weilheimer Landratsamt erkennt den Betrieb von Anahid Klotz nicht als Landwirtschaft an. Für eine Duldung fordert die Behörde den Abriss mehrerer Gebäude. Doch diese Auflagen würden das Aus für den Therapiehof bedeuten.

Von Armin Greune

Der drohende Abriss von "Asinella" bewegt nicht nur im Fünfseenland viele Menschen. Das Bayerische Fernsehen widmete dem behördlichen Vorgehen gegen die Eselfarm nördlich von Pähl einen kritischen Beitrag im Wochenmagazin "Quer", eine Online-Eingabe für den Erhalt der idyllischen Farm fand mehr als 7000 Unterstützer, selbst Peter Maffays Tabaluga-Stiftung in Dietlhofen bei Weilheim wies auf die Bedeutung der eselgestützten Therapie für ihre Kinder in Not hin.

Die Debatte im Petitionsausschuss des Landtags konnte im vergangenen Jahr als Live-Stream verfolgt werden, die Gautinger Abgeordnete Anne Franke ergriff dabei Partei für die Petenten. Ein greifbares Ergebnis ist trotz aller Bemühungen bislang nicht in Aussicht: "Wir sitzen immer noch auf heißen Kohlen", sagt Anahid Klotz, die mit ihrem Mann Gerhard Gregori den Familienbetrieb vor 22 Jahren aus der Hand seines Vaters übernommen hat und dessen Haupteinnahmequelle inzwischen Therapie- und Freizeitangebote mit Eseln ist.

Hinter den Kulissen wird allerdings intensiv um einen Kompromiss gerungen. Im Dezember habe ein Gespräch mit der Baubehörde im Landratsamt Weilheim-Schongau stattgefunden, an dem der vormalige bayerische Umweltminister und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel als Mediator teilnahm, berichtet Klotz auf Anfrage. Daraufhin habe ihr das Landratsamt im Januar einen Duldungsvertrag zugeschickt, der die Abrissanordnung zeitweise außer Kraft setzt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. "Diese Auflagen sind aber auch bei unserem bestem Willen nicht akzeptabel", sagt sie. So dürfte das 77 Quadratmeter große Wohnhaus nicht mehr genutzt werden; eine Arbeitshütte und ein historischer Baumstadel, der als Lager dient, müssten beseitigt werden. Außerdem sollten die Betreiber mittels Bankbürgschaft 75 000 Euro für die eventuell anfallenden Abrisskosten hinterlegen.

Ein Duldungsvertrag steht als Kompromiss im Raum - um die Auflagen wird noch gerungen

Hintergrund des Streits ist, inwieweit der 2005 aus Steuergründen als Gewerbe angemeldete Betrieb als Landwirtschaft zu werten ist, für die im Außenbereich baurechtliche Privilegien gelten. Würde Klotz ihre zehn Esel schlachten, melken oder deren Fohlen gewinnbringend verkaufen, stünde dies außer Frage. Doch sie setzt ihre Tiere zur Therapie behinderter oder traumatisierter Menschen und bei pädagogischen Projekten ein, besucht mit ihnen Altenheime und Kindergärten, bestreitet Geburtstagspartys und Ausflüge mit Rollstuhlfahrern in die nahe Natur. Über 17 Jahre hinweg hat Klotz so aus einer Hobbyhaltung einen gewinnbringenden Betrieb mit jährlich vielen Hundert Kunden aufgebaut.

Die Baubehörde des Weilheimer Landratsamts stuft Asinella daher als Dienstleistungsunternehmen ein, weil der Bezug zur bäuerlichen "Urproduktion" fehle. Pointiert formuliert: Wer Tiere nutzt, ohne ihnen zu schaden oder sie auszubeuten, wird amtlicherseits nicht als Bauer angesehen. Für die Baubehörde stellen die Farmgebäude Schwarzbauten dar, deshalb ging Klotz am 20. März 2020 ein Schreiben zu, dass binnen zwei Monaten Esel-, Schaf-, Kuh- und Hühnerstall, Bienenhäuser und Wohngebäude zu räumen sind. Inzwischen sieht das Landratsamt seine juristische Auffassung durch einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom Juli 2021 bestätigt. Zudem hätten zwei Gerichtsinstanzen im Eilverfahren festgestellt, dass die Gebäude der Eselfarm nicht über eine landwirtschaftliche Privilegierung genehmigt werden könnten. Auch ein Nutzungsverbot für das Wohnhaus wurde im Eilverfahren aufrechterhalten, die Überprüfung im Hauptverfahren stehe hierzu aber noch aus, heißt es von Seiten des Landratsamts.

Demgegenüber steht ein Gutachten des Amts für Landwirtschaft in Weilheim, das eine baurechtliche Privilegierung ausdrücklich befürwortet. Es beruht auf den übrigen Betriebszweigen der Farm wie der Bewirtschaftung von neun Hektar Grünland oder der Haltung von Bienen, Schafen und acht Rindern. Die angebotenen therapeutischen und pädagogischen Dienstleistungen mit Nutztieren seien nur auf Basis einer Landwirtschaft und im Außenbereich möglich.

Die Eselfarm ist an pädagogischen und therapeutischen Projekten im Fünfseenland beteiligt

Die im Duldungsvertrag festgelegten Auflagen stellten jedoch das Fortbestehen von Asinella in Frage, sagt Klotz. Unter anderem werde auch die tägliche Betriebszeit auf 8 bis 18 Uhr begrenzt, was in der Praxis zu Problemen führe. So müsse sie in dieser Woche um 7 Uhr früh von der Farm aufbrechen, um mit ihren Eseln rechtzeitig bei einem Schulprojekt des Münchner Luisen-Gymnasiums im Forstenrieder Park zu sein. Und abends träfe sich regelmäßig eine therapeutische Selbsthilfegruppe verwaister Eltern an der Eselfarm. In der kommenden Woche werden Klotz und ihre Tiere im Dießener Senioren-Wohnpark erwartet, auch die monatlichen Besuche in einem Seniorenzentrum in Percha sollen weiterlaufen - ebenso wie die Zusammenarbeit mit der Dießener Carl-Orff-Schule unter dem Titel "Neue Wege mit tiergestützter Pädagogik" sowie die Veranstaltungen im Rahmen der Ferienprogramme umliegender Gemeinden auf der Farm.

Um all das weiterzuführen, brauche sie aber auch die beiden zu beseitigenden Nebengebäude und benötige das kurz nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete Haus auf dem Farmgelände, sagt Klotz. In ihrem eigentlichen Wohnsitz im Ort hat sie seit dem 10. März eine vierköpfige ukrainische Familie aufgenommen: "Mama, Oma und zwei Kinder", sagt sie. "Der 13-jährige Bub geht hier schon in die Schule." Der Kontakt zu den vor dem Krieg Geflüchteten helfe ihr auch, die eigenen Sorgen zu relativieren: "Es tut mir so gut, wenn ich sehe, was wirkliche Probleme sind."

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