Architektur:Entwürfe aus der Schloss-Werkstatt

Architektur: Sebastian Dellinger (links) und Felix Bembé präsentieren in ihrem Büro in der Remise von Schloss Greifenberg die Simulation des neuen Berger Rathauses.

Sebastian Dellinger (links) und Felix Bembé präsentieren in ihrem Büro in der Remise von Schloss Greifenberg die Simulation des neuen Berger Rathauses.

(Foto: Nila Thiel)

Das Büro von Sebastian Dellinger und seinen Kollegen macht mit außergewöhnlichen Bauprojekten weit über das Fünfseenland hinaus von sich Reden. Auch zahlreiche Preise gab es schon für Gebäude, die auf einem herrschaftlichen Sitz in Greifenberg am Ammersee erdacht werden.

Von Sabine Bader

Wer Sebastian Dellinger sucht, der muss ein klein wenig Spürsinn mitbringen. Denn der Architekt residiert mit seinem Kompagnon Felix Bembé und der Architektencrew auf Schloss Greifenberg. Nicht im Schloss selbst, sondern in der Remise links daneben. Ins Innere des historischen Nebengebäudes gelangt man über eine kleine, unscheinbare Tür. Dann geht es steil über Holzstiegen empor. Auf jeder Etage ein Großraumbüro mit Schreibtischen, auf denen Computer und Modelle stehen, Pläne liegen. Es sieht schwer nach Arbeit aus. Das ganze Ensemble hat Werkstattcharakter. Es wird halblaut diskutiert. Oben, im dritten Stock, den man über die letzte der Holzstiegen erreicht, findet man schließlich Sebastian Dellinger, 56. Auch er ist über diverse Pläne gebeugt. Auf dem großen Konferenztisch liegt eine Simulation des neuen Berger Rathauses, für das das Büro Beer Bembé Dellinger den Zuschlag bekommen hat. Die Planer haben für Berg eine dreistrahlige Form des Verwaltungsgebäudes gewählt. "Wir glauben schon, dass es eine sehr schöne Lösung ist", sagt Dellinger.

Architektur: Wer das Modell sieht, der kann sich vorstellen, wie das künftiger Berger Rathaus mit seiner dreistrahligen Form einmal wirken wird.

Wer das Modell sieht, der kann sich vorstellen, wie das künftiger Berger Rathaus mit seiner dreistrahligen Form einmal wirken wird.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Bau kommt an den nördlichen Berger Ortsrand, dem sogenannten Huberfeld. In direkter Nähe: ein Kreisverkehr, eine Anlage für betreutes Wohnen, zahlreiche Einfamilienhäuser. Auch der Rathausneubau ist, wie praktisch alle Arbeiten der Architektencrew, "interdisziplinär entwickelt", betont Dellinger. Das heißt: "Es trägt die Handschrift des ganzen Büros." Auch wenn Dellinger das Projekt jetzt federführend begleitet, wird er nicht müde, den Teamgedanken im Büro in den Mittelpunkt zu stellen. Und beim Reden hat man fast das Gefühl, als säße sein 53-jähriger Kompagnon Felix Bembé mit am Tisch, obwohl der gerade eine anderweitige Besprechung hat, so oft wird auch dessen Position erwähnt. Ja, Dellinger ist kein Einzelspieler, sondern ein echter Teamworker.

Architektur: Das Atelier im Currypark in Riederau entwarfen die Architekten bereits 2003 für die Tante von Felix Bembé.

Das Atelier im Currypark in Riederau entwarfen die Architekten bereits 2003 für die Tante von Felix Bembé.

(Foto: Stefan Müller-Naumann)
Architektur: Für den Wintersportort Garmisch hat das Architekturbüro eine moderne Wohnanlage mit Hotel entwickelt.

Für den Wintersportort Garmisch hat das Architekturbüro eine moderne Wohnanlage mit Hotel entwickelt.

(Foto: Stefan Müller-Naumann)

1996 haben sich Dellinger und Bembé bezeichnenderweise zufällig auf dem Greifenberger Schloss getroffen. Beide haben einen lokalen Bezug zur Region: Dellinger lebt mit seiner Familie in Gauting, das Sommerhaus von Bembés Familie steht in Riederau. 1999 gründeten sie dann ihr gemeinsames Architekturbüro. Am Anfang waren die Aufträge klein, meist für Freunde. "Wir haben halt so die Seen beackert mit Einfamilienhäusern", sagt Dellinger. Langsam wurden die Projekte ein wenig größer. Es folgten Villen. Parallel begannen sie an Wettbewerben teilzunehmen. Die waren früher eine gute Möglichkeit, als jüngerer Architekt an größere Aufträge heranzukommen. "So konnten wir uns langsam freischwimmen und unser Umfeld erweitern."

Für ein Atelier im Currypark in Riederau gab es 2003 den Preis des Bunds Deutscher Architekten

Mit ein paar Bauten fanden sie schließlich bayernweit Beachtung. Beispielsweise mit einem Atelier im Currypark in Riederau. Für das Gebäude erhielten sie 2003 den Preis des Bunds Deutscher Architekten (BDA) in Bayern. Dann ging es Schlag auf Schlag: Es folgte der Deutsche Städtebaupreis, der Gestaltungspreis Baukultur Deutschland und der Deutsche Architekturpreis. Den Preis des Deutschen Architekturmuseums (DAM), den Bayerischen Wohnungsbaupreis "Neue Nachbarschaften" und den Wessobrunner Architekturpreis erhielten sie für eine Siedlung in der Dießener Birkenallee.

Architektur: Für die Siedlung in der Dießener Birkenallee erhält das Büro den Wohnungsbaupreis "Neue Nachbarschaften".

Für die Siedlung in der Dießener Birkenallee erhält das Büro den Wohnungsbaupreis "Neue Nachbarschaften".

(Foto: Stefan Müller-Naumann)
Architektur: Dieses Wohnhaus in Berg duckt sich unauffällig in die Landschaft.

Dieses Wohnhaus in Berg duckt sich unauffällig in die Landschaft.

(Foto: Stefan Müller-Naumann)

Die ersten Jahre blieben die jungen Architekten allein. Dann machte Felix Bembés Frau, die Professorin Anne Beer, das Trio komplett. Die 59-jährige Architektin und Stadtplanerin leitet heute das Münchner Büro von Beer Bembé Dellinger, lehrt an der Technischen Hochschule Regensberg Entwurf und Baukonstruktion. Ein drittes Büro gibt es seit einem Jahr in Augsburg. Die 45 festangestellten Mitarbeitenden verteilen sich heute auf die drei Standorte.

Das Markenzeichen der Architektencrew ist, dass sie von Anfang an die Umgebung, in dem das betreffende Bauwerk stehen wird, in alle Überlegungen einbezieht. Die "Identität des Ortes weiterleben lassen", so nennt es Dellinger. Anne Beer spricht davon, dass man die "spezifische Charakteristik eines Ortes weiterentwickeln" wolle. "Schließlich hat man als Architekt eine Verantwortung", sagt sie.

An die 250 Bauwerke hat das Büro mittlerweile realisiert - vom Wohnhaus bis zur ganzen Siedlung

Die Architekten vom Ammersee fühlen sich dem "kritischen Regionalismus" zugehörig, eine Richtung der modernen Architektur, die funktional regionale Besonderheiten im Entwurf berücksichtigt. An die 250 Bauwerke hat das Büro mittlerweile realisiert - vom Wohnhaus über Hotelbauten, Verwaltungsgebäude und Bürokomplexe bis hin zu Siedlungen, wie beispielsweise die in der Dießener Birkenallee.

Die Modelle für die Projekte des Büros fertigt stets Felix Bembés Vater Karl August Bembé in seiner Werkstatt in Schwabing an. Der 79-Jährige versteht sein Handwerk. Da wackelt nichts, alles passt auf den Millimeter zusammen. Akkurat. Hebt man das Dach von so manchem der kleinen Modellhäuser ab, ist darunter eine perfekte Zimmereinteilung. Ja, der 79-Jährige deutet sogar Möbel an. Daraus spricht die echte Liebe zum Detail. Allein mit diesen Modellen könnte man spannende Ausstellungen bestücken. Dass der Senior mit seiner Baufertigkeit eine wichtige Stütze des Büros ist, lässt sich nicht leugnen. Dellinger weiß, dass viele Bauherrn erst durch die Modelle eine räumliche Vorstellung von ihrem Werk bekommen. Es greifen eben alle Rädchen ineinander in der Remisen-Werkstatt von Schloss Greifenberg.

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