Ausstellung:Netzwerkerin in Sachen Kunst

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Matthias Rodach, Andreas Kloker, Annunciata Foresti, Bernd Zimmer (v. li.) stellen gemeinsam im Blauen Haus in Dießen aus. (Foto: Arlet Ulfers)

"Der Acker träumt den Frühling" heißt die Geburtstagsausstellung von Annunciata Foresti, zu der sie ihre Künstlerkollegen Andreas Kloker, Matthias Rodach und Bernd Zimmer ins Blaue Haus in Dießen einlädt.

Von Katja Sebald, Dießen

Die einen würden ihren runden Geburtstag mit Sahnetorte und der ganzen Verwandtschaft feiern, die anderen vielleicht eine Golfreise machen oder endlich einmal auf Kreuzfahrt gehen. Die Dießener Künstlerin Annunciata Foresti schenkt sich zum Siebzigsten selbst eine Ausstellung, zu der sie auch noch ihre drei "Lieblingskünstlerkollegen" eingeladen hat: Unter dem Titel "Der Acker träumt den Frühling" sind im Blauen Haus Arbeiten von Foresti selbst, von Andreas Kloker, Matthias Rodach und Bernd Zimmer zu einer sehenswerten Schau vereint.

Annunciata Foresti, 1953 in der Nähe von Bergamo in Norditalien geboren, kam Ende der 50er-Jahre als Gastarbeiterkind nach Deutschland. In den wilden Siebzigern lebte sie in München, probierte mehrere Berufe aus, studierte Sozialpädagogik und fand schließlich zur Kunst. Anfang der Achtziger zog sie an den Ammersee, wo auch ihre drei Töchter aufwuchsen. Dießen ist ihr nicht nur zur neuen Heimat geworden, sie hat den Ort und sein Kulturleben entscheidend mit geprägt. Als Künstlerin und Kuratorin, als Initiatorin der Ausstellungsreihe "Das kleine Format" und der "Dießener Ateliertage" sowie als Gründerin des gemeinnützigen Kunstvereins "Kunstformat" und als ehrenamtliche Beauftragte für die Kreiskulturtage im Landkreis Landsberg ist sie eine unermüdliche Netzwerkerin in Sachen Kunst. Kein Wunder, dass zur Eröffnung ihrer Ausstellung ganz Dießen auf den Beinen war. Bürgermeisterin Sandra Perzul und Landrat Thomas Eichinger ließen es sich nicht nehmen, Grußworte zu sprechen.

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Auch der Performance-Künstler und Kalligraph Andreas Kloker aus Schondorf, der Bildhauer Matthias Rodach aus Dießen und der Maler Bernd Zimmer aus Polling hatten ihre Einladung zu einer gemeinsamen Ausstellung gerne angenommen. Die Inspiration, die sie aus der Natur schöpfen, verbindet alle vier Künstler. Annunciata Foresti sagt: "Die Natur bildet sich in meinen Bildern ab, immer." Meistens malt sie, was sie vor dem Fenster ihres Atelierhäuschens am Dießener Bahndamms sieht: Im Frühjahr die Hyazinthen und die Stiefmütterchen, im Sommer dann die üppig blühende Clematis, die herrlichen Hortensien und die Rosen. Die vier quadratischen Blumenbilder, spontan und großzügig, ganz aus dem Erleben heraus gemalt, gehören mit zu ihren schönsten Arbeiten. Für die aktuelle Ausstellung hat sie auch eine Reihe älterer Bilder übermalt, die Blütenmotive stilisiert, die Farben noch einmal intensiviert. So entstand etwa das große, ungemein dekorative Triptychon mit dem Titel "Frühlingserwachen".

Foresti malt, was sie vor dem Fenster ihres Atelierhäuschens sieht. Im Sommer "Clematis" (links) und Werke wie "Blumenreich" (rechts). (Foto: Arlet Ulfers)

Den ewigen Kreislauf der Natur als Sinnbild für die verschiedenen Lebensalter verstehen - den Frühling als Beginn des Wachstums, Sommer und Herbst als die Zeit der Reife und des Vergehens, den Winter als Einkehr und Ruhephase, in der sich die Natur bereits wieder auf das Erwachen vorbereitet - so könnte man den poetischen Titel "Der Acker träumt den Frühling" dieser Geburtstagsausstellung lesen. Gefunden hat ihn der Maler Bernd Zimmer, der nun Forestis Bildern acht große Leinwandarbeiten zur Seite stellt. Er sagt, seine Bilder seien von der Farbe und von Geheimnissen bestimmt: "Die scheinbare Idylle - eine Abstraktion - reflektiert uns als Teil der Natur, des Universums, des uns alle umgebenden, einschließenden Kosmos." Auch in seinem Werk gibt es eindrucksvolle Gemälde, die durch Übermalungen früherer Arbeiten entstanden sind. Ganz neu aber ist das Bild "Ast", auf dem er höchst effektvoll in einer leuchtend orangeroten Fläche den dunklen Ast eines Magnolienbaums mit einer einzigen pinkfarbenen Blüte freilegt.

"Reflexion über Fliegenden Stein'" hat Bernd Zimmer dieses Werk genannt. (Foto: Arlet Ulfers)

Um die Natur des Menschen geht es Matthias Rodach in seinem bildhauerischen Werk. Er sagt: "Meine Arbeiten drehen sich um die Frage: Wer sind wir, wie gehen wir mit uns um, was passiert mit uns, mit den sogenannten Errungenschaften der Menschheit?" In Dießen zeigt er vier großformatige Arbeiten aus den vergangenen Jahren, die - so könnte man meinen - ebenfalls für die vier Lebensalter stehen. "Gameboy" heißt die Figur eines Jungen mit Kapuzenpulli, der ganz auf das Gadget in seinen Händen konzentriert ist. Erst bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Form aus Polyesterlaminat als leere Hülle. "Unterwegs" ist der junge Fährmann, kraftstrotzend im mittleren Lebensalter der "Minotaurus" mit seiner grünen Haut aus Computerplatinen und für das Alter steht die aus Stäbchenparkett geformte Figur mit dem vielsagenden Titel "One man's feeling ist another man's dancefloor".

"Gameboy" heißt die Skulptur von Matthias Rodach. (Foto: Arlet Ulfers)

Andreas Kloker schließlich hat für Annunciata Foresti zum Geburtstag eine mehrteilige Installation geschaffen. Zwischen verschiedenen kleinen Objekten, Kalligraphien und Tafelzeichnungen, die er an drei Wänden arrangiert hat, entspinnen sich Beziehungen und Möglichkeiten, die sich ebenfalls um Werden, Wachsen und Vergehen drehen. "Man kann daraus lesen", schreibt Kloker dazu, sie als Denkhilfen verstehen "oder nur schauen, einfach schauen". Und das gilt für die gesamte Ausstellung.

Andreas Kloker steuert unter anderem seine "Tafelzeichnung" bei. (Foto: Arlet Ulfers)

"Der Acker träumt den Frühling" ist noch bis zum 7. Mai 2023 am Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag von 15 bis 19 Uhr im "Kulturforum Blaues Haus" an der Prinz Ludwig Str. 23 in Dießen zu sehen.

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