Angestellte in Gastronomie und Hotellerie:Schon wieder Zapfenstreich

Wie geht es den Bedienungen, Köchen, Rezeptionisten oder Azubis mit der zweiten coronabedingten Schließung der Restaurants und Hotels? Den einen fehlt das Trinkgeld, andere versuchen, sich in der Kurzarbeit nützlich zu machen - und viele sind frustriert

Azubis probieren neue Gerichte aus

Herrsching Gasthof Post

Ahmad Ayavi, 27 (li.), Ahmudi Syed Ahmad, 24 (2. v. li.), angehende Köche, und Aaron Ledwig, 19, angehender Restaurantfachmann.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Auszubildenden im "Gasthof zur Post" in Herrsching - Ahmad Ayavi, 27 (links), Ahmudi Syed Ahmad, 24 (2. von links), angehende Köche, und Aaron Ledwig, 19, angehender Restaurantfachmann: "Zum Glück haben wir das To-go-Geschäft. Wenn unsere Arbeitsstätte komplett zugesperrt wäre, hätten wir ein Problem mit unserer Ausbildung. Wir dürfen jetzt als Azubis ganz normal weiterarbeiten, aber wir denken an unsere Kollegen, die in Kurzarbeit sind. Wovon sollen die leben, allein ihren Mieten zahlen? Das reicht mit dem Kurzarbeitergeld ja nie. Unsere Chefin Elisabeth Walch (re. im Bild) versucht, das Beste aus dieser Situation auch für uns herauszuholen. Wir gehen zum Beispiel zusammen einkaufen, kochen Gerichte, die nicht standardmäßig auf der Karte stehen, damit wir mehr lernen: Rochenflügel zum Beispiel oder auch mal einen Hummer. Das kriegen hier wir in einem bayerischen Lokal sonst ja nicht mit. Warenkunde also. Weniger toll ist allerdings die Sache mit der Berufsschule in München. Da steht die Corona-Ampel in der ganzen Stadt auf dunkelrot, nur die Schule gilt als gelb. Da sind fast immer 1000 Schüler gleichzeitig dort, unsere Klassen haben eine Stärke von 30, 35. Da kann kein Abstand eingehalten werden, keine Hygieneregeln. Wenn man zum Beispiel praktischen Unterricht im Kochen hat, hat man immer einen Partner, man macht die Sachen nicht allein. Wir führen heftige Diskussionen, was wir machen sollen: Wir wollen unter diesen Umständen dort nicht mehr hin - aber was sollen wir machen? Wir haben ja irgendwann auch Prüfung. Das Einzige, was wir jetzt hoffen, ist, dass Klassen wenigstens geteilt werden. Wir haben einfach Angst, uns anzustecken."

Marie Klötzer, 27, Restaurantfachfrau (Mitte): "Ich habe hier meine Ausbildung gemacht und bin nach sechs Jahren wieder zurückgekehrt. Und nun in Kurzarbeit. Das ist schon frustrierend, aber es hilft ja nichts. Aber ich kann nicht einfach nur zu Hause rumhängen. Deshalb komme ich immer wieder mal, helfe mit beim Austeilen der Bestellungen von unseren Gerichten to go. Oder ich nehme das Telefon entgegen. Wir haben auch viel geputzt, wir haben ja Zeit. Und die Kugelschreiber aus ihren Plastikhüllen genommen und sie in große Kisten gepackt. Das ist jetzt nicht gerade eine erhebende Arbeit, aber besser als gar nichts zu tun."

Das Trinkgeld fehlt

Angestellte in Gastronomie und Hotellerie: Melanie Egner.

Melanie Egner.

(Foto: privat)

Melanie Egner, 35, Serviceleitung in der "Gaststätte Alter Wirt" in Krailling: "Ich kann, Gott sei Dank, noch arbeiten. Am Wochenende und manchmal unter der Woche haben wir einen Abholservice. Noch bin ich nicht in Kurzarbeit. Wir hatten das Glück, dass der Sommer super lief. Trotzdem fehlt uns vor allem das Trinkgeld. Das macht normalerweise ungefähr 40 Prozent meines Einkommens aus. Zwar geben auch Abholer manchmal ein bisschen Trinkgeld, aber uns fehlen die großen Gruppen. Hoffen tun wir alle, dass wir im Dezember wieder richtig aufmachen können, aber ich glaube nicht daran. Die Infektionszahlen steigen weiter. Das bestätigt auch, dass die Restaurants nicht für die steigenden Zahlen verantwortlich sind. Ich bin aber auch nicht dafür, dass wir immer wieder auf- und wieder zuschließen - lieber einmal richtig. Ich habe jetzt viel mehr Zeit, arbeite statt acht meist nur fünf bis sechs Stunden. Ich bin gerade umgezogen und werkel daheim, mache Gartenarbeit. Beschäftigt ist man schon."

Dekorieren für Weihnachten

Herrsching Hotel Ammersee

Christophe Lhermite.

(Foto: Georgine Treybal)

Christophe Lhermite, 46, Restaurantdirektor im "Steg 32" in Herrsching: "Natürlich ist die Schließung nicht einfach für uns, wir würden ja gern arbeiten. Aber jetzt ist es einfach nur wichtig, dass wir alle gesund bleiben. Persönlich habe ich nun Urlaub, ich hatte noch genug Tage. Wir hatten wahnsinnig viel zu tun im Sommer und sind nur gerannt, um unsere Gäste zufriedenzustellen. Da tut eine Pause mal ganz gut. Außerdem bin ich gerade umgezogen und nutze die Zeit, mich einzurichten. Unser Haus - also Hotel wie Restaurant - ist ja komplett geschlossen, denn für uns würde sich so eine Minimalöffnung nicht rentieren. Außerdem ist der November bei uns ohnehin ein eher schwacher Monat, daher trifft uns das nicht ganz so hart. Im Hotel selbst nutzen wir die Zeit, um zu putzen und schon einmal das Haus weihnachtlich zu dekorieren - wer weiß, vielleicht dürfen wir ja im Dezember unser Restaurant wieder öffnen und auch wieder Urlaubsgäste beherbergen. Wir geben die Hoffnung jedenfalls nicht auf."

Nächste Monatsmiete zurückgelegt

Wörthsee

Aniko Meszaros.

(Foto: privat)

Aniko Meszaros, 40, Service- und Barmitarbeiterin im "Augustiner am Wörthsee": Ich bin ein bisschen im Depressionsmodus. Bevor ich beim Augustiner anfing, habe ich in der "Guichinger Alm" gearbeitet. Die musste nach dem ersten Lockdown dauerhaft schließen. Für uns Normalsterbliche ist das eine Katastrophe, ich muss ja meine Rechnungen weiterzahlen. Ich hoffe, dass ich Ende des Monats das Kurzarbeitergeld bekomme. Das Geld für die nächste Monatsmiete habe ich vorsichtshalber zurückgelegt, viel kann ich in diesem Monat nicht mehr ausgeben. Ich helfe ehrenamtlich bei der Herrschinger Tafel mit, ansonsten sitze ich zu Hause, viel mehr als putzen kann ich nicht. Ich könnte wieder anfangen, für Bekannte kleine Näharbeiten zu erledigen. Aber wie geht es weiter? Ich fühle mich von der Politik alleingelassen, langsam habe ich wirklich genug."

Brenne für Tourismus

Herrsching Hotel Ammersee

Hannah Wiedemann.

(Foto: Georgine Treybal)

Hannah Wiedemann, 19, Rezeptionistin im "Ammersee-Hotel" in Herrsching: "Wir haben jetzt erst einmal komplett zu, also nicht nur das Restaurant, sondern auch das Hotel. Im Moment richten wir das Hotel wieder etwas her, bringen die Bürokratie auf Vordermann und entwickeln neue Arrangements und Produkte für unsere Gäste. Ich hoffe, dass die Branche das alles überlebt, ich kann mir nicht vorstellen, ein anderen Beruf zu ergreifen: Ich brenne für Gastronomie, Hotellerie und Tourismus. Ich habe nach der Realschule die Hotel-Tourismus-Management-Schule besucht und kann mir vorstellen, das auch irgendwann noch zu studieren. Klar ist es schade, was jetzt passiert: Ich arbeite erst seit zwei Monaten hier und jetzt ist schon wieder Pause. Zum Glück wohne ich noch zu Hause bei meiner Familie, immerhin habe ich da nicht das Problem, nicht zu wissen, wie ich meine Miete aufbringen soll."

Laufende Kosten

Das 'Roomsteak'-Grillhouse in Percha

Jean-Michel Féret.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Jean-Michel Féret, 53, Küchenchef im "Roomsteak Grillhouse" im Starnberger Ortsteil Percha:"Normalerweise arbeite ich in der Küche, bereite Sachen vor und sage den Leuten, was sie machen sollen. Jetzt wird es schon knapp mit dem Geld. Ich und meine Frau haben gerade kein Einkommen und viele laufende Kosten wie unsere private Miete und die Miete für das Restaurant. Ich bin in Kurzarbeit und meine Frau hat gerade Arbeitslosengeld beantragt, aber die Ämter brauchen lange. Der ganze Winter wird hart. Ich glaube nicht, dass wir im Dezember oder im ganzen Winter wieder aufmachen können. Ich bin Realist. Gerade renoviere ich unser Haus und beschäftige mich, wie ich kann. Die Tage sind lang und müssen irgendwie gefüllt werden."

Echt fassungslos

Tutzing Katharina Wrase

Katharina Wrase.

(Foto: Juliette Kovacs Weller/oh)

Katharina Wrase, 38, Frühstückskraft im "Hotel Reschen", Tutzing: "Noch bin ich am arbeiten, zwei Gäste - Geschäftsreisende - sind noch im Haus. Wir sind ja eine Frühstückspension. Normalerweise komme ich um 5.30 Uhr für's Frühstück, und bis aufgeräumt ist, wird es in der Regel halb zwölf. Weil momentan nicht so viel zu tun ist, putze ich auf Etage. Wenn der Lockdown länger dauert, wird's aber auch für die Chefin schwierig. Für die ganze Branche ist die Schließung eine absolute Katastrophe. Da bin ich echt fassungslos - und das, obwohl wir wirklich unser Bestes gegeben haben, in Hygiene, in Organisation. Zum Frühstück wurden drei Timeslots für die Gäste eingerichtet, wir haben vieles in Weckgläschen serviert."

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