Süddeutsche Zeitung

Andechs:Tränen gelacht

Michael Pfänder ist Hauptdarsteller und Spielleiter in Personalunion - und macht seine Sache großartig

Von Patrizia Steipe, Andechs

Lachen setzt Glückshormone frei, baut Stress ab und regt das Immunsystem an. Auf Rezept gibt es "Lachen" leider nicht. Als Alternative sei das aktuelle Stück der Theaterfreunde Machtlfing empfohlen. Bei dem gelingt es selbst dem eingefleischesten Misanthropen nicht, die Mundwinkeln unten zu lassen. "Und ewig rauschen die Gelder", heißt die Komödie von Michael Cooney. Die Machtlfinger haben die Übersetzung von Paul Overhoff noch bajuwarisiert, so dass sie perfekt auf die Bauernbühne des Klostergasthofs Andechs passte.

Zugegeben, die Handlung ist hanebüchen, viel Tiefgang gibt es auch nicht, dafür ist das Stück irrsinnig komisch und total lustig und zwar in der Art, dass Teile des Publikums im vollbesetzten Saal vor Lachen schrieen und sich die Tränen aus den Augen wischen mussten.

Vor allem Hauptdarsteller Michael Pfänder als Erich Schön ist über sich selbst hinausgewachsen. Er brachte Tempo, Temperament und beste Situationskomik auf die Bühne. Wie er es bei dem anspruchsvollen Pensum schaffte, auch noch die Truppe als Spielleiter zu führen, bleibt sein Geheimnis. Die Handlung ist schnell erzählt. Erich Schön traut sich nicht seiner Frau von seiner Arbeitslosigkeit zu erzählen, dafür kassiert er Sozialleistungen für seine erfundenen Untermieter und Verwandten. Von Alters-, Invaliden-, Unfall-, Schlechtwetter-, Kranken-, Wohn- und Kindergeld lässt er nichts aus. Doch plötzlich klopft Herr Jakobs, Außendienstkontrolleur der Sozialbehörde, mit einer dicken Akte an. Norbert Sontheim spielt den Inbegriff eines korrekten, aber etwas blauäugigen Beamten überzeugend. Dieser nimmt die größten Strapazen auf sich, um eine erforderliche Unterschrift zu bekommen. Denn um diese geht es in dem Stück. Das Lügengebilde entwickelt eine Eigendynamik, die Beteiligten werden immer tiefer in das Verwechselspiel mit Rollentausch gezogen. "Sie überschütten mich mit Geld", klagt Schön, der aus der Betrügernummer mit den Ämtern einfach nicht herauskommt. Vor allem Untermieter Norman Böttger, Martin Weikenstorfer mimt den gutmütigen und treuen Freund, dem es nicht gelingt, sich den Intrigen zu entziehen, wird arg zugesetzt. Erst muss er sich mit seinem eigenen Tod abfinden, dann wird er vor seiner Verlobten Lilli (Anne Geiger) als Bigamist "mit kleinem Willi" geschmäht und schließlich muss er sich gegen die Verdächtigung ein Kleiderfetischist zu sein, wehren. Ehefrau Linda Schön (Martina Burkhart) hat nämlich eine Kiste mit Hilfsmitteln wie Perücke, Stützstrümpfe und XXL-Büstenhalter im Schrank entdeckt. Sie denkt sich ihren Teil und lässt den überforderten Eheberater Dr. Thaler (Erwin Geiger) ins Haus kommen. Dabei sollten diese Utensilien doch vom Komplizen Onkel Georg (Peter Geiger) verkauft werden. Seinen Höhepunkt hat Geiger als er als vermeintliche Leiche mit der angeschnallten Bahre auf dem Buckel über die Bühne flitzt. Selten so gelacht.

Natürlich gelingt es der Sozialarbeiterin Susi Lehmbach (Sonja Kaindl) und dem Bestatter Herr Erdmann (Stefan Geiger) keineswegs, Seriosität in die verwickelte Geschichte zu bringen. Im Gegenteil. Zuletzt mimt Schön noch einen Tourette-Kranken, damit er sich die Sozialamtsinspektorin Gruber (Inge Breiter) vom Hals schafft. Am Ende gibt es doch noch einen Ausweg. Wie das gelingt? Darüber vereinbaren alle Stillschweigen.

Aufführungstermine sind am Donnerstag, 14., Freitag, 15., Samstag, 16., Sonntag, 17., Mittwoch, 20., Freitag, 22., Samstag, 23. und Sonntag, 24. November. Beginn ist um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Am 17. November gibt es ein Drei-Gänge-Menü.

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Quelle:
SZ vom 12.11.2019
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