Andechs:Patenschaft für eine tote Kuh

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Der Molkerei Scheitz unterläuft bei einer Werbeaktion ein peinliches Missgeschick

Von Gerhard Summer

Andechs Sie heißen Helga und Walli, Sarah, Zeiserl, Mistel, Mozart und Betty. Einige von ihnen sind Zicken oder auch Dreckspatzen. Andere ratschen gern, liegen faul herum, verteilen Küsse oder hören Musik. Viele lieben Äpfel. Die meisten mögen eher Heu und Gras, und wer eine von ihnen ins Herz schließen will, kann das per Mausklick tun.

Europas größte Bio-Molkerei, das Unternehmen Scheitz in Andechs, bietet seit Herbst 2012 via Internet Kuh-Patenschaften an. Klingt lieb, kostet 87 Euro im Jahr und ist mit zwei Andechser Genusspaketen als Dankeschön verbunden. So können "Milchliebhaber jetzt einen eigenen Beitrag zum Erfolg des ökologischen Landbaus leisten und gleichzeitig persönlich einzigartige Einblicke gewinnen", wirbt das Unternehmen für seine Aktion. 1600 zufriedene Paten gibt es laut Geschäftsführerin Barbara Scheitz. Der Einblick aber, den eine Wolfratshauserin gewann, war niederschmetternd: Brigitta S. übernahm im Oktober 2013 die einjährige Patenschaft für eine Kuh namens Olive, ein Geburtstagsgeschenk ihrer Kinder. Doch das Tier war zu damals schon seit vier Wochen tot. Wovon S. erst am 10. Februar 2014 erfuhr.

Scheitz räumte am Dienstag Fehler ein. Es sei richtig, dass die Kundin zu spät verständigt worden ist, sagte sie. Allerdings seien in diesem Fall mehrere Dinge zusammengekommen. Zum einen habe der Deininger Öko-Landwirt, dem die Kuh gehörte, ihre Molkerei erst am 9. Februar über das Ableben von Olive informiert, viel zu spät also. Gleiches gelte für vier weitere Kühe des Bauern, die noch auf der Homepage angeboten wurden. Zum anderen sei es zu Verwirrung gekommen, weil die Patin und ihr Ehemann die Kuh auf dem Hof besuchen wollten, ohne sich anzukündigen. So seien die beiden auf den 78 Jahre alten Austragsbauern gestoßen, der "gar nicht wusste, worum es geht", so Scheitz.

Laut Homepage "bleibt der Pate über alle wichtigen Ereignisse im Leben seiner Paten-Kuh auf dem Laufenden". Tatsächlich fühlte sich das Ehepaar S. offenbar gar nicht informiert. Zweimal seien die Wolfratshauser zu dem Hof nach Deining gefahren, schreibt die Abendzeitung, zweimal fanden sie Olive nicht vor. Erst im Februar diesen Jahres sei dann Post von der Molkerei gekommen. Die Kuh habe vor kurzem einen Unfall gehabt, von dem sie sich nicht mehr erholte, steht angeblich in dem Schreiben. Als das Paar nachhakte, erfuhr es: Olive sei eingeschläfert worden, weil es Komplikationen gab, als sie ein Kälbchen zur Welt bringen sollte.

Wie Barbara Scheitz sagt, "haben wir uns bei der Dame entschuldigt und alles getan", um den Streit beizulegen. Unter anderem sei der Kundin angeboten worden, dass sie die Patenschaft zurückgeben und ihr Geld wieder bekommen könne. Bisher habe die Frau noch nicht reagiert. Scheitz will nun dafür sorgen, dass sich so ein Fall nicht wiederholt: "Die Bauern müssen uns zeitnah informieren, das war das Problem."

© SZ vom 09.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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