Prost Mahlzeit, waren das noch Zeiten, als so ziemlich überall gequalmt und getrunken wurde, dass es eine Freud' war. Im Flugzeug, im Zug, beim Internationalen Frühschoppen mit Werner Höfer im Fernsehen und auch im Gilchinger Gemeinderat. Da war der erste Tagesordnungspunkt noch nicht abgehandelt, da stand schon die erste Halbe auf dem Tisch. Wirklich wahr. Die damalige Hausmeisterin hat ihre Runden gedreht und jedem gebracht, was er wollte. Weißbier, Helles oder vielleicht auch mal ein Spezi. Die Erna musste da gar nicht mehr fragen.
Der Peter Unger, ein Altgedienter von den Grünen, erinnert sich heute noch gut daran und klingt fast ein bisserl wehmütig: „Gemütlich war das schon.“ Ein Ratskollege, der gerne einen Stumpen zur Sitzung angezündet hat, habe gedroht, er würde nicht mehr kommen, wenn das Rauchen auch noch verboten wird. Tempi passati. Das wäre heute natürlich undenkbar. Und da sage noch einer, früher sei alles besser gewesen. Gesünder jedenfalls schon mal nicht.

Sogar die Jugend trinkt nicht mehr so heftig. Auch die Zeiten sind vorbei, in denen Experimente mit Apfelschnaps oder Blue Curaçao zwingend zur Adoleszenz gehörten. Komasaufen ist geradezu out. Das ist polizeistatistisch belegt, das hat der Gautinger Inspektionsleiter Andreas Ruch erst diese Woche dem Jugendhilfeausschuss in Starnberg erzählt. Und wenn es doch mal schiefgeht beim Experimentieren und ein Heranwachsender mit Alkoholvergiftung in die Klinik muss, dann kommt Condrobs zu Besuch ans Krankenbett. Hat die Starnberger Suchthilfeleiterin Rebecca Lützen auch in dem Ausschuss erzählt.
Ganze Stammtischrunden befinden sich im „Dry January“, der zwanglos in einen trockenen Februar und März, oft gleich in ein leberfreundliches Frühjahr übergeht. Und ganz offen und ehrlich: Warum auch nicht? Und wie wir alle wissen, gibt es nicht nur Monate, sondern auch Bier mittlerweile ohne Alkohol. Im anfänglichen Versuchsstadium meist in so einer fad-ölig-abgestandenen Variante, fast schon seifig. Im Abgang eine Note von veralgtem Weßlinger See im Spätsommer und Wörthseer Schilfufer. Ist auch schon eine Weile her und echt besser geworden. Das Andechser Helle ohne Alk, das jetzt ein Jahr auf dem Markt ist, ist richtig lecker. Das ist mir damals bei der ersten Probe mit dem Abt Johannes Eckert schon aufgefallen.
Als ob ich's damals schon geahnt und im Nachhinein vorher schon gewusst hätte, gibt es jetzt prompt eine Auszeichnung und Erstplatzierung. Die Getränke-Zeitung hat bei 4000 Getränkemärkten in ganz Deutschland nachgefragt und daraufhin das alkoholfreie Andechser Hell zum Sieger gekürt. Der dortige Braumeister Alexander Reiss ist natürlich happy und bedankt sich bei den Mönchen des Klosters für die „wertvollen Anregungen und Hinweise.“ Nur mit deren Hilfe sei es gelungen, das neue Bier zu kreieren. Was er damit meint? Na, weil die doch eifrig beim Testen und Probieren mitgeholfen haben. Selbst die Belegschaft im Haupthaus in Sankt Bonifaz wurde eingespannt.
Diese Schlawiner und Feinschmecker. Die haben schon immer gewusst, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhält. Da wurden schon mal Biber, Fischotter oder sogar Enten zu fischähnlichen Tieren umdeklariert, damit auch in der Fastenzeit was Ordentliches auf den Teller kommt. Und das Starkbier hat auch nicht schlecht geholfen, die Wochen bis Ostern schadlos zu überstehen. Und jetzt testen die Klosterbrüder halt ein alkoholfreies Bier schmackhaft. Wie die Zeiten sich ändern. Darauf einen trockenen Martini.