Andechs:Mönche springen als Mäzene ein

Das Kloster finanziert künftig das Bildhauer-Symposium "Kunst und Bier", nachdem sich der Stifungsgründer Georg Zentgraf zurückzieht

Von Astrid Becker, Andechs

Es wird geklopft und gehämmert. Eine Motorsäge kreischt über die grüne Wiese unterhalb des Klosters Andechs. Wer im August regelmäßig auf den Heiligen Berg pilgert, dürfte diese Szenerie schon kennen: Es ist das Symposium "Kunst und Bier", das im Sommer eine Woche lang Hunderte Schaulustige anlockt. In diesem Jahr hätte die Veranstaltung, bei der Künstler vor den Augen der Zuschauer Holzskulpturen zum Thema Brauen fertigen, allerdings fast zum letzten Mal stattgefunden. Die Georg-Zentgraf-Stiftung, die sie maßgeblich ausrichtet, wird zum Ende des Jahres aufgelöst. Nun aber will das Kloster die Trägerschaft übernehmen, wie am Dienstag bekannt wurde.

Etwa eine Million Menschen besuchen im Jahr das Kloster Andechs. Für die Künstler von "Kunst und Bier" erhöht sich die Zahl derer, die ihre Werke dort wahrnehmen, sogar noch auf etwa drei Millionen. Weil es eine Regel gab, die die Zentgraf-Stiftung vorgegeben hat: Die Skulpturen müssen drei Jahre auf dem Heiligen Berg bleiben und dürfen erst dann verkauft werden. Ganz so streng wurde das allerdings in den vergangenen Jahren nicht immer gesehen, wie Stifter Georg Zentgraf an diesem Dienstag erzählt: "Wenn einer gar nicht mehr anders konnte und das Geld brauchte, dann haben wir auch mal eine Ausnahme gemacht." Zentgraf hat gerade seinen 85. Geburtstag gefeiert. Und deshalb wartet Christian Rieger, der kaufmännische Leiter des Klosters, an diesem Tag auch mit einem besonderen Geschenk an den Kunstmäzen auf: Er verkündet, dass das Kloster künftig Zentgrafs "Kunst und Bier" in Eigenregie weiterführten wird - und zwar genau so wie bisher.

Andechs: Georg Zentgraf hat "Kunst und Bier" initiiert, das von Gemeinde und Kloster unterstützt wird. Hier zeigt er seine Lieblingsskulptur: "O'zapft wird" von Michael Lauss.

Georg Zentgraf hat "Kunst und Bier" initiiert, das von Gemeinde und Kloster unterstützt wird. Hier zeigt er seine Lieblingsskulptur: "O'zapft wird" von Michael Lauss.

(Foto: Arlet Ulfers)

Vor einem Jahr hatte Zentgraf dem Abt Johannes Eckert mitgeteilt, er werde sich mit seiner Stiftung zurückziehen und diese auflösen. Man muss in die Geschichte dieses Geldgebers blicken, um die Gründe für diese Entscheidung zu verstehen. "Meine Frau hat gesagt, jetzt ist Schluss", erzählt er selbst. Aber es dürfte auch immer schwieriger geworden sein, Finanziers für die Stiftung zu finden. Irgendwann, meint auch der Bildhauer Hubert Huber, der die Veranstaltung von Anfang an organisiert, gehe "halt mal das Geld aus".

Zentgrafs künstlerische Affinität stammt von seinem Vater Emil, der ein bekannter Bildhauer war. Selbst Künstler zu werden, kam für Zentgraf aber nicht in Frage: "Ich musste meinem Vater zu oft Modell stehen und mir würde auch die Geduld fehlen, die man als Künstler braucht." Zentgraf widmete sich lieber der Braukunst, die er in Weihenstephan studierte. Gleich nach seinem Abschluss fungierte er als Berater bei der Bayerischen Landesgewerbeanstalt, bis er zur Brauschule Doemens in Gräfelfing wechselte. Dort sollte er den Neuaufbau der Schule umsetzen. Und er schaffte es in seiner Wirkungszeit dort, nicht nur das internationale Renommee auszuweiten, sondern sie von der reinen Ausbildungsstätte in eine staatlich anerkannte Fachakademie zu verwandeln, die in dieser Form in Deutschland einzigartig sein dürfte. Zu seinem 60. Geburtstag gründete er seine Stiftung mit dem Zweck, beide Herzensdinge - die Kunst und das Bier - zu vereinen. Einstige Brauerfamilien wie die Selmayrs (Spaten) und die Pschorrs dienten dabei in gewisser Weise als Vorbild, "da wollte ich auch einen kleinen Akzent mit meiner Stiftung setzen", sagt er. Verwirklichen konnte er diese Idee mit Unterstützung von Doemens, aber auch mit seinen vielen Kontakten in die Brauwelt. Mit 85 wolle er nun aber kein Geld mehr einsammeln, sagt er.

Andechs Kloster, Fotoausstellung Reinheitsgebot

Seit Christian Rieger 2014 die kaufmännische Leitung im Kloster Andechs übernahm, ist er von der Idee begeistert, die Themen "Kunst" und "Bier" zusammenzubringen.

(Foto: Georgine Treybal)

Nun wird das Kloster die finanzielle und ideelle Trägerschaft der Veranstaltung übernehmen - und zwar im Zentgraf'schen Sinne: Es gibt wieder einen Wettbewerb, eine Jury wählt aus den Bewerbern drei Künstler aus, die eine Woche am Heiligen Berg im Kloster verbringen. Ehrenmitglied der Jury soll Zentgraf werden. Eines wird sich aber ändern: Die Jury wird nicht mehr erst im März, sondern bereits davor, im Herbst, tagen. Aus einem praktischen Grund. Huber: "Da ist es für uns leichter, an das harte Holz zu kommen, das wir für die Skulpturen brauchen."

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