Andechs:Kein Frieden in Andechs

Die Molkerei Scheitz und die Mönche vom Kloster Andechs kommunizieren nur noch per Anwalt miteinander.

Christine Setzwein

Wem gehört die Marke Andechs? Dem berühmten Kloster, das seit 1455 auf dem Heiligen Berg steht, reines Bier braut und mit dem Slogan "Andechs - Genuss für Leib und Seele" wirbt? Oder der Molkerei Scheitz, die seit 1908 ihren Sitz in der Gemeinde hat und Biomilchprodukte unter dem Namen "Andechser Natur seit 1908" herstellt und vertreibt? Seit 2008 wird diese Frage vor Gericht ausgetragen. In diesem Rechtsstreit zwischen Kloster und Molkerei haben beide nun einen Teilerfolg errungen. Die Molkerei darf den Zusatz "seit 1908" behalten. Das hat das Landgericht München I entschieden und am Dienstag mündlich bekannt gegeben. Stattgegeben wurde dagegen der Klage der Mönche gegen das kleine "R" im Kreis (®), Zeichen für eine eingetragene Marke. Es darf nicht mehr direkt hinter der Bezeichnung "Andechser" stehen, sondern muss auf allen Produkten und auf der Homepage anderswo platziert werden. Dafür hat die Molkerei sechs Monate Zeit. "Das tun wir aber bereits seit 2011", sagte Geschäftsführerin Barbara Scheitz gestern. Im Recht sieht sich auch das Kloster. Das Gericht habe festgestellt, sagt Pressesprecher Martin Glaab, dass die Molkerei im Hinblick auf ihren Markenauftritt täusche. "Wir lassen nicht zu, dass unser ureigenster Name von Dritten monopolisiert wird." Zufrieden sind die Mönche auch mit einem gerichtlichen Vergleich, den Scheitz jüngst mit der Wettbewerbszentrale schließen musste. Alle Produkte, die in Österreich hergestellt werden, müssen als solche deutlich gekennzeichnet werden. Dazu habe sich die Molkerei verpflichtet, teilt Glaab mit.

Andechs Kloster

Auf dem Heiligen Berg will kein Friede einziehen. Foto: Georgine Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

In dem Streit geht es längst nicht mehr nur um juristische Spitzfindigkeiten. Auch die menschlichen Beziehungen zwischen den Mönchen und der Molkerei-Familie haben gelitten. Kommuniziert wird nur noch schriftlich oder per Anwalt. Dabei wünscht sich Barbara Scheitz nichts sehnlicher zurück als die "friedliche Koexistenz" von einst. Sie wollte Mediatoren einschalten, machte dem Kloster ein Vergleichsangebot und bot sogar an, dass die Molkerei zwei Jahre lang das Kloster kostenfrei mit Käse beliefert. In einer Versammlung Anfang Dezember 2011 hatten sich die Biomilchbauern laut Scheitz sogar bereit erklärt, die Milch dafür zu verschenken. Nur um des "Andechser Friedens" willen.

Die Antwort auf dieses Angebot kam einen Monat später von Abt Eckert persönlich. Den Brief erhielt nicht nur Barbara Scheitz, sondern ihn erhielten auch gleich alle Sprecher ihrer 600 Biomilchbauern. Sie dürfen darin unter anderem lesen, dass die Unternehmenspolitik von Scheitz zwar "von großem finanziellen Erfolg" geprägt sei, aber mit "Liebe zu regionalen Produkten, die die heimische Landwirtschaft stärken und mit dem guten Namen des Klosters Andechs für regionale Qualität stehen", nicht mehr viel zu tun hätte. Und sie konnten lesen, dass durch den "wachsenden Einfluss" des französischen Großkonzerns Bongrain - er war 1999 mit einem Drittel in das Andechser Familienunternehmen eingestiegen, hält aber seit 2007 nur noch 24,8 Prozent - besonders die regionalen Landwirte "über kurz oder lang die Verlierer sein" würden. Ein Ende der Auseinandersetzungen ist nicht in Sicht. Für das Kloster nämlich "steht fest, dass die Molkerei auf keine über hundertjährige Geschichte zurückblicken kann, sondern erst 1980 im Ortsteil Erling gegründet wurde". Heißt: Es wird weiter geklagt.

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