Puh, war das wieder eine anstrengende Woche! Die ganze Zeit liege ich vorm Fernseher, beobachte die Olympischen Spiele und hoffe, dass ich auch sonst noch irgendwas mitbekomme. Es passiert ja schließlich noch mehr auf der Welt. Und da sticht mir mitten im Sommerloch doch diese brisante Nachricht ins Auge: Der „Rat für deutsche Rechtschreibung am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache“ hat getagt und wieder mal die Rechtschreibung entscheidend geändert. Also, jetzt mal offen und ehrlich: Das war wohl überfällig.
Reden darf ja leider jeder, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, aber schriftlich sollte doch alles seine Ordnung haben, bitte sehr. Schließlich waren einige schöne Worte in ihrer Schriftform seit 1996 sowas von scheußlich erlaubt, dass kaum einer sie noch benutzen wollte. Man denke an Portmonee, Dränage oder Polonäse. Majonäse und Ketschup hatten sie in weiser Voraussicht schon 2017 zurückgezogen. Doch auch für Buklee, Exposee oder Sutane gilt nun: abgeschafft!
Oder diese inzwischen grausig-beliebten Gender-Kombinationen für Männer und Frauen: Doppelpunkte, Unterstriche, Sternchen – Schluss damit, meine Damen und Herren, gibt es nicht – amtlich gesehen ist diese Schreibweise absolut ab sofort falsch. Das gilt fortan auch für Scrabble-Spieler, die ihren Buchstabensatz mit Gender-Sternchen ergänzt haben. Sie „gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie“. Dafür darf man jetzt im Deutschen frohen Herzens Worte aus dem Englischen nutzen und herbiegen: Aus der Grundform „to like“ etwa wird im Deutschen wahlweise „geliked“ oder „gelikt“. Gut zu wissen: Kommen Buchstaben hinzu, entfällt im Deutschen die Variante mit -ed. Da kann man ganz relaxed bleiben – und ist am Ende womöglich sogar bei gefakten News relaxter.

Besonders problematisch aber war stets die Sache mit dem „H“: Der Tunfisch, der nix tut, und auch der Panter durften bislang ebenso wie Spagetti, der Katarr und die Myrre straflos ohne „H“ geschrieben werden. Doch nun ist Schluss mit diesen Parallelwelten: Die Schreibweise mit „H“ ist seit 1. Juli wieder die einzig richtige. Das bedauern allein wohl nur die armen Kängurus, die keine Ruhe finden, bis auch sie ihren letzten Buchstaben zurückbekommen.
Im oberbayerischen Andechs aber gibt es eine Firma, der das völlig wurscht ist: Sie pfeift aufs „H“. Mag daran liegen, dass die Molkerei Scheitz ihr Geld ohnehin mit Milchprodukten verdient. Aber ihren „Bio-Jogurt“ verkaufen sie unverdrossen weiterhin schlicht ohne „H“. Die Begründung: „Wir leben vom Weglassen und nicht vom Zusetzen“, sagt Irmgard Strobl, die Produktentwicklungs- und Marketing-Chefin des Unternehmens: „Wir brauchen kein H im Joghurt“.
Welche Folgen diese Verweigerung für die deutsche Bildungslandschaft, die Ernährung der Schüler*innen und Lehrer:innen oder die Pädagogik im Allgemeinen hat, ist noch gar nicht absehbar. In Andechs aber dürften sie froh sein, dass zumindest das „H“ in der Kuh absolut niemals zur Debatte stand. Aber das ist jetzt H-Spalterei. Wer weiterhin die alten Schreibweisen bevorzugt, darf das getrost tun – die amtlichen Regeln gelten ausschließlich in Schulen und Behörden. Ansonsten aber sollte jeder seinen Joghurt essen, wie er ihn mag. Geschmacklich macht das „H“ jedenfalls keinen Unterschied.