Bauprojekt:Alleine wohnen ohne Einsamkeit

Lesezeit: 3 min

Auf der grünen Wiese an der Raiffeisenstraße in Andechs soll das genossenschaftliche Wohnbauvorhaben für ein Mehrgenerationenhaus entstehen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Maro-Genossenschaft baut in Andechs ein Mehrgenerationenhaus. Mitglieder zahlen wenig Miete, müssen sich aber nachbarschaftlich engagieren.

Von Pauline Graf, Andechs

Georg Scheitz ist erfreut. Kein einziges schlechtes, zweifelndes, zögerliches Wort kommt dem CSU-Bürgermeister der Gemeinde Andechs über die Lippen, wenn er zu dem neuen Bauprojekt in der Raiffeisenstraße im Ortsteil Erling befragt wird: "Wir sind sehr positiv. Unser Andechs braucht das." Die nur zehn Jahre alte Genossenschaft Maro möchte mit ihrem Bau in Erling ein neues Wohnkonzept in den 3300 Einwohner großen Ort bringen, nämlich ein Mehrgenerationenhaus. 31 Mietwohnungen mit Balkon verteilt auf zwei Gebäudekomplexe sind geplant.

Davon werden 60 Prozent an Bezieher der Einkommensorientierten Förderung des Freistaats Bayern (EOF) vergeben. Die Wohnungen sind zwei bis fünf Zimmer groß - mindestens 52, höchstens 111 Quadratmeter. Hinzu kommt, und das freue Georg Scheitz besonders, eine Einrichtung zur Tagespflege mit 15 Plätzen. Die Grundvoraussetzung für den Einzug in jede Art Wohnung: eine Mitgliedschaft bei der Maro. "Freiraum genießen und Gemeinschaft leben - in jeder Lebensphase!", so beschreibt die Maro ihr Mehrgenerationenkonzept. Mieter leben hier nach der Idee "Eins plus eins macht drei" - sei es in Form der Garten-AG, der Brunch-Gruppe oder der Musikabende im Gemeinschaftsraum. Beteiligung am nachbarlichen Zusammenleben innerhalb der Häuser ist nicht nur erwünscht, sondern ein Grundpfeiler, auf dem das Leben im Mehrgenerationenhaus fußt. Und wer selbst Rasen mäht, spart sich das Geld für den Gärtner.

Ralf Schmid ist Projektleiter der Maro für das Mehrgenerationenhaus in Andechs, Katrin Günther Beraterin. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Hilfe zur Selbsthilfe der Maro hat sich bewährt: Die Genossenschaft zählt 1700 Mitglieder und hat bereits neun Häuser dieser Art seit 2012 gebaut. Derzeit wird an einem Projekt in Seefeld gearbeitet - und eben an dem in Andechs. Die Nachfrage ist groß: "Auf jede Wohnung kommen im Schnitt drei Bewerbungen. In Seefeld hatten wir beispielsweise für die 20 Zwei-Zimmer-Wohungen 60 Interessenten", sagt Ralf Schmid aus der Projektleitung Andechs. "Aber man muss dieses Leben in der engen nachbarschaftlichen Gemeinschaft schon wollen", betont er, "das ist nicht für jeden etwas."

Das genossenschaftliche Maro-Projekt an der Hedwigstraße im Seefelder Ortsteil Oberalting mit Gemeinschaftshaus und Tiefgarage steht kurz vor der Fertigstellung. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In einem 18-monatigen Prozess mit regelmäßigen Arbeitstreffen der zukünftigen Nachbarn sucht das Maro-Team Mieter aus. Dabei seien vier Eckpunkte wichtig, so Schmid: die örtliche Verbundenheit mit Andechs, die Dauer der Mitgliedschaft bei der Maro, die Zusammensetzung der Wohngemeinschaft und die Dringlichkeit eines Einzugs. Vor allem Ersteres, den Heimvorteil für Andechser, betonen Ralf Schmid und Georg Scheitz: "Wir machen das nicht für die Metropolregion München. Wir machen das für unsere Andechser", so der Bürgermeister.

Neben preiswert und sozial soll Wohnen bei der Maro in Andechs auch ökologisch sein: Der Strom komme "direkt vom Dach in die Steckdose", so Schmid. Solarplatten auf dem Hausdach versorgen die Wohnungen mit Energie. Zudem sei ein Carsharing-Konzept geplant. In einem Landkreis, in dem die Mietpreise seit Jahren steigen, seien sie im Mehrgenerationenhaus in Andechs "bezahlbar", heißt es: Der Quadratmeterpreis liegt für alle Wohnungen bei 12,10 Euro. Für EOF-Bezieher werden zwischen sechs und acht Euro pro Quadratmeter fällig. Zum Vergleich: Laut der aktuellen Studie der Sparkasse sind Mieten in Starnberg in den vergangenen zwölf Monaten um zehn Prozent gestiegen. Der Quadratmeterpreis liegt derzeit durchschnittlich bei 16 Euro. Im günstigsten Fall finden sich Wohnungen in Seefeld für 9,30 Euro, im teuersten in Berg in Top-Lage für 26,75 Euro pro Quadratmeter. Allerdings fällt bei Einzug für Bewohner des neuen Mehrgenerationenhauses in Andechs ein Wohnungspflichtanteil von 500 bis 700 Euro je Quadratmeter an. Ralf Schmid erklärt: Mehrgenerationenhäuser sollten preiswert sein, seien aber trotzdem vom Grund- und Bodenpreis der Region abhängig. Da habe die Maro sich den Gegebenheiten anzupassen.

Aber schließen sich hohe Kosten beim Einzug und sozialer Wohnungsbau einer Genossenschaft nicht aus? Der Projektleiter winkt ab: "Ich denke nicht, dass sich das ausschließt. Sonst wäre der Andrang ja nicht nach wie vor so groß." Wie groß er in Andechs sein wird, wird sich die kommenden Wochen zeigen. Die erste Bewerbungsphase läuft im Mai an und geht bis Ende Juni. Alle nötigen Formulare lassen sich auf der Maro-Webseite finden.

EOF-Fördergrenzen:

Abhängig von Einkommen, Alter und Familienstand kann in Bayern EOF-Fördergeld in drei Stufen beantragt werden: Als alleinstehender Angestellter verläuft die Grenze je nach Stufe von 21 000 bis 33 386 Euro Einkommen jährlich, als alleinstehender Rentner schon bei 15 556 bis 25 111 Euro jährlich. Wer als Familie mit einem oder mehreren Kindern lebt, kann bei einem jährlichen Einkommen unter 97 429 Euro EOF-Geld beantragen. Unter 50 286 Euro jährlich kann auch ein kinderloses arbeitendes Ehepaar EOF verlangen, ebenso bei einer Rente von weniger als 38 333 Euro. Diese Grenzen rechnete die Maro eigenhändig aus. Zur Beantragung und für genauere Informationen rät sie den Kontakt zum Landratsamt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: