Love-Scamming„Ich war entsetzlich naiv und gutgläubig“

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Vor dem Amtsgericht in Starnberg zeigte sich die Angeklagte reumütig.
Vor dem Amtsgericht in Starnberg zeigte sich die Angeklagte reumütig. (Foto: Arlet Ulfers)

Eine Gautingerin leitet 3000 Euro an ein ungarisches Konto weiter. Sie wird erneut wegen „leichtfertiger Geldwäsche“ verurteilt.

Von Christian Deussing, Starnberg

Der vermeintliche Chefarzt hatte über Skype vor einigen Jahren den Kontakt mit der Gautingerin aufgenommen, die ihn danach sogar in London besuchte. Sie vertraute ihm und leitete später 3000 Euro von einem anderen Opfer auf ein ungarisches Konto an den Mann weiter, der sich bei den Frauen eingeschmeichelt hatte. Sie fielen auf eine Abzocker-Masche herein, die als Love-Scamming bekannt ist und immer wieder vorkommt. Nun musste sich die Gautingerin wegen „leichtfertiger Geldwäsche“ vor dem Starnberger Amtsgericht verantworten.

Nicht das erste Mal wurde der heute 72-jährigen Angeklagten eine solche Straftat vorgeworfen: Sie hatte sich bereits vor einigen Jahren von einer falschen Identität und Romanze täuschen lassen und 4000 Euro auf ein ausländisches Konto weiter transferiert. Zudem hatte sie als Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft rund 35 000 Euro veruntreut, um dem angeblichen Liebhaber Geld zu überweisen. Dafür erhielt sie bereits eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Angesichts dieser Taten hatte der Amtsrichter kein Verständnis, dass die Angeklagte sich kurze Zeit danach, wieder dazu verleiten ließ, Geld auf ein fremdes Konto zu überweisen. Das Zitat „Liebe macht blind“ sei in diesem Fall wohl zutreffend, sagte der Richter. Er verurteilte die Gautingerin im aktuellen Fall nun zu einer Geldstrafe von 3600 Euro. Dabei räumte er ein, vor dem Prozess auch wegen möglicher Beihilfe zu gewerbsmäßigem Betrug und aufgrund der einschlägigen Vorstrafen eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung für vorstellbar gehalten zu haben.

Doch es hatte sich in der Verhandlung gezeigt, dass die geständige Angeklagte auch selbst ein Opfer von Love-Scamming war. Überdies hatte sie seinerzeit die 3000 Euro noch vor der Anzeige zurücküberweisen lassen. „Ich war entsetzlich naiv und gutgläubig“, erklärte die 72-Jährige. Vielleicht habe sie aber ein Helfersyndrom, jedenfalls werde so etwas nie wieder passieren, versicherte sie.

Ihr Verteidiger plädierte auf Freispruch. Er konnte keine leichtfertige Geldwäsche erkennen, höchstens eine Fahrlässigkeit. Denn sie sei mit dem Mann in London befreundet gewesen und habe keinen Grund gehabt, argwöhnisch zu sein. Durch das noch vor der Anzeige zurücküberwiesene Geld sei zudem kein Schaden entstanden, betonte der Anwalt und befand: „Alles ist nur blöd gelaufen.“

Das sah die Staatsanwältin anders. Gerade bei den vorherigen Erfahrungen habe der Frau klar sein müssen, dass es sich hier um Love-Scamming handele und daher besondere Vorsicht geboten sei, sagte die Strafverfolgerin. Den Kontakt mit dem angeblichen Chefarzt in London hat die Angeklagte vor einigen Monaten offenkundig abgebrochen.

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