Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht:Blutiger Streit um einen Parkplatz

51-jährige Frau verletzt ihren Kontrahenten mit einem Schlüssel im Gesicht

Von Christian Deussing, Starnberg

Ein rabiater Streit zwischen einer Frau und einem Mann um einen Parkplatz im vorigen Jahr an einem Starnberger Supermarkt hat nun das Amtsgericht beschäftigt. Denn eine Autofahrerin wollte ihren Strafbefehl von 1200 Euro (30 Tagessätzen zu 40 Euro) wegen vorsätzlicher Körperverletzung nicht akzeptieren. Die 51-jährige Angeklagte, die damals forsch in eine Parklücke gefahren und sich knapp neben den Wagen des Mannes gestellt hatte, stritt den Vorwurf der Anklage vor Gericht ab: Sie behauptete, quasi in Notwehr den Mann "ungezielt" mit ihrem Schlüssel im Gesicht einen Kratzer zugefügt zu haben. Doch es blieb beim Strafbefehl, er wurde jedoch auf 450 Euro vermindert.

Der Mann habe "mit seinem vollen Gewicht" die Autotür zugedrückt und habe somit ihre Hand im Fensterspalt eingeklemmt, erklärte die Angeklagte und schilderte die Situation dramatisch: "Ich war komplett in Panik, habe geschrien und gezittert und musste über die Beifahrertür aussteigen." Dagegen beschrieb der 45-jährige Kontrahent den Fall im Prozess ein wenig anders. Er habe mit seinem Bruder noch seinen Wagen mit Einkäufen beladen, als die Frau schräg und zackig eingeparkt sei. Es sei zu eng zum Aussteigen gewesen, doch die Fahrerin habe darauf beharrt, berichtete der Zeuge. "Dann drückte sie mir ihre Autotür in den Bauch und stieß mit dem Schlüssel zwischen dem Türspalt nach mir", sagte der Verkehrspilot. Erst daraufhin habe er in Abwehrreaktion vielleicht gegen die Autotür der Frau gedrückt, die aggressiv gewesen sei und ihn offenbar für irgendetwas als "Sündenbock" ausgesucht habe.

Diesen Eindruck hatte auch der Bruder des Zeugen, der seinerzeit am Einkaufswagen stand und die Szene beobachtete. Die Angeklagte habe mit dem Schlüssel herumgefuchtelt, hysterisch und wütend geschrien, aber nicht aufgrund von Schmerzen, sagte der 37-Jährige in der Verhandlung. Auch eine völlig unbeteiligte Zeugin des Vorfalls auf dem Parkplatz bestätigte diese Wahrnehmung. "Für mich war die Dame aggressiv, nicht der Herr", betonte die Altenpflegerin. Sie habe zudem gesehen, dass die Autofahrerin den Mann mit dem Schlüssel am Gesicht gekratzt habe, das danach geblutet habe. Dass die Hand der Frau im Tür- oder Fensterspalt eingeklemmt gewesen sein könnte, hatte die Kundin nicht bemerkt.

Amtsrichterin Christine Conrad fand die Schilderungen der Zeugen glaubwürdig. Sie sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte nicht in Notwehr gehandelt habe, sondern sich durchsetzen wollte. Es sei aber keine ideale Parklücke gewesen und man müsse sich auch "nicht alles erzwingen", betonte die Richterin und blickte die Frau auf der Anklagebank streng an: "Sie hatten sich damals ganz schön aufgeführt und offenbar nicht ihren besten Tag erwischt." Trotzdem sah sich die 51-Jährige immer noch als Opfer und zeigte sich uneinsichtig. Denn sie habe niemanden bedrängt. Zudem habe der Mann ihr das Handy aus der Hand geschlagen, als sie sein Gesicht wegen des Kratzers fotografieren wollte. Der Kontrahent hatte zugegeben, sich hierbei "kurz nicht im Griff gehabt zu haben".

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Quelle:
SZ vom 26.04.2019
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