Ammersee:Wie Kulturschaffende eine Brache aufmöbeln wollen

Der Verein "Freie Kunstanstalt" will die alte Druckerei Huber im Herzen Dießens in eine Anlaufstelle für Künstler, Musiker, Regisseure und Start-ups verwandeln.

Von Katja Sebald

Die einen lamentieren nur, die anderen fangen einfach an zu arbeiten: Stefanie Sanktjohanser, gebürtige Dießenerin, hat einen Verein gegründet, um die sogenannten "Huber-Häuser" im Herzen der Marktgemeinde instand zu setzen. Nicht nur die zehn Gründungsmitglieder, sondern auch etwa 50 Menschen aus ihrem Umfeld haben sich bereit erklärt, sich mit ihren jeweiligen Fähigkeiten in ehrenamtlicher Arbeit einzubringen.

Sanktjohanser hat bereits mit Architekten und Handwerkern gesprochen, es gibt ein detailliertes Nutzungskonzept. Auch einigen Gemeinderäten und der Bürgermeisterin Sandra Perzul hat sie ihr Projekt bereits vorgestellt. In seiner Sitzung am Montag hat sich das Ratsgremium der Marktgemeinde mit die Nutzung der ehemaligen "Graphischen Kunstanstalt" an der Johannisstraße durch die "Freie Kunstanstalt e.V." befasst.

"Wenn man an einem so privilegierten Ort wie Dießen lebt, dann hat man die soziale Verantwortung, etwas zurückzugeben", sagt die 1994 geborene Stefanie Sanktjohanser, die nach einem Illustrationsstudium in Hamburg vor einiger Zeit an den Ammersee zurückgekehrt ist. Sie initiierte anderem den Jugendbeirat sowie der Sanierung des Skate- und Basketballplatzes. Zu ihren Mitstreitern und Kollegen im Vereinsvorstand gehört Jörg Kranzfelder, der sich als zweiter Vorsitzender des Heimatvereins und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst ebenfalls im Kulturleben der Marktgemeinde engagiert. 2016 organisierte er die Ausstellung "Das schwarze Loch", bei der die Gebäude der ehemaligen Druckerei Huber nach Jahren wieder für die Öffentlichkeit zugänglich waren.

Vanessa Hafenbrädl Viedeo Mapping

Drinnen ist draußen: Künstlerin Vanessa Hafenbrädl wirft in einer Videoinstallation die Innenräume der Druckerei auf die Hausfassade.

(Foto: Yorck Dertinger)

Schon damals war allerdings auch sichtbar, in welchem schlechten Zustand sich die Räume befinden. Seither ist nicht viel passiert, unter anderem deshalb, weil sich die Gemeinde als Eigentümerin in Erbauseinandersetzungen befand, die erst jetzt endgültig zu ihren Gunsten entschieden worden sind. Sanktjohanser geht davon aus, dass wegen des fortschreitenden Verfalls und des seit Jahren in das Gebäude eindringenden Wassers eine hohe Handlungsdringlichkeit besteht.

Bislang steht lediglich die Fassade des 1890 errichteten Hauptgebäudes unter Denkmalschutz. Der Verein vertritt jedoch die Ansicht, dass die ortsbildprägende Architektur und das in dieser Form einzigartige Industriegebäude insgesamt schützenswert sind.

Zweck des Vereines ist es, einen Mehrwert für die direkte Nachbarschaft und die Region durch die Nutzung und den Erhalt der "Graphischen Kunstanstalt" zu generieren. Dieses Ziel soll durch den Aufbau und den Betrieb eines inklusiven, integrativen Kulturzentrums, das gleichzeitig die Instandsetzung koordiniert und organisiert, erreicht werden. Im Nutzungskonzept sind für die insgesamt knapp 2500 Quadratmeter Fläche auf drei Etagen ein großer Ausstellungs- und Veranstaltungsraum, außerdem ein Foto- und ein Tonstudio, Ateliers und vor allem eine Reihe von "Freiräumen" vorgesehen, die unterschiedlich genutzt werden können.

Als mögliche Themen werden Lerngruppen, Thinktanks, Diskussionen, Vorträge, Workshops, Kurse, Veranstaltungen, Innovationen, Projektentwicklung, Start-ups sowie Arbeitsplatz, Forschung und Entwicklung genannt. Im Bereich Kunst könnte es Angebote für Malen, Zeichnen, Schreiben, Grafik, Fotografie, Video, Bildhauerei, Film, Drehbuch, Kamera, Bühnenbild, Maskenbild, Produktion, Schnitt und Regie geben. Im Bereich Musik soll Unterricht stattfinden, aber auch Jam Sessions, Konzerte und Aufnahmen wären möglich. Weitere Angebote könnten aus dem Bereich Handwerk kommen. Das breite Spektrum und das Konzept von offenen Werkstätten sollen einen niedrigschwelligen Zugang zu einer Kunsterfahrung ermöglichen.

"Wichtig ist uns, dass die Gebäude offen für Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene sind und ein gesellschaftliches Miteinander entsteht", betont Sanktjohanser. Das Besondere an ihrem Konzept ist, dass bereits die Instandsetzungsarbeiten ein Teil der Nutzung ist: "Es könnte also sofort losgehen." Für die Finanzierung wäre nicht in erster Linie die Gemeinde zuständig, erklärt sie: Fördergelder könnten vom Landesamt für Denkmalpflege, vom Bezirk, vom Staatsministerium für Jugend und Familie und nicht zuletzt aus dem Kulturfonds kommen. Vor allem aber setzen Sanktjohanser und ihre Mitstreiter auf Freiwilligenarbeit und private Spenden.

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