Süddeutsche Zeitung

Gastronomie in Herrsching:Viel Geld investiert, wegen Corona geschlossen

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Im aufwendig renovierten Restaurant "Seespitz" soll es unter neuer Leitung gehobene Fischküche geben. Jetzt warten Köche und Mitarbeiter auf bessere Zeiten.

Von Astrid Becker, Herrsching

Helle graue Steinfliesen in Granitoptik sind hier neu am Boden verlegt worden, die Polster erstrahlen in beigem, samtig glänzendm Stoff, das Mobiliar ist anders, die bisher dunkelbraunen Holzsäulen wurden mit einer Spachteltechnik beigefarbenen gestrichen, auf den hellen Holztischen stehen bereits ein paar Grünpflanzen. Unverkennbar: Hier im Restaurant "Seespitz" in Herrsching ist wochenlang umgebaut - und viel Geld investiert worden. Jetzt wirkt alles licht, hell, zeitlos modern. Doch bis sich die Gäste davon ein Bild machen können, wird es noch dauern. Denn aus der geplanten Wiedereröffnung am 1. April unter neuer Leitung wird vorerst wegen der Coronavirus-Krise nichts.

Eine sechsstellige Summe haben die beiden 38- und 39-jährigen neuen Pächter Felix Schuck und Andreas Stäblein in die Hand genommen, um ihr neues Lokal nach Plänen des Tutzinger Innenarchitekten Rainer Tichy auf Vordermann zu bringen. In der Gastroszene sind die beiden keine Unbekannten: Seit fünf Jahren betreiben sie schon das Restaurant "Pfaffenwinkel", das sich am Golfplatz von Pähl befindet und - außerhalb von Corona-Zeiten - für jedermann offensteht. Als Schuck im vergangenen September erfuhr, dass für das Lokal "Seespitz" nach dem Tod der langjährigen Wirtin Maria Nußbaumer wieder ein Pächter gesucht wird, bewarben sich die beiden sofort. "Und wir haben sogar den Zuschlag bekommen", erzählt Schuck, der in Herrsching lebt. Dabei soll die Liste der Mitbewerber nicht gerade kurz gewesen sein, einige in Herrsching ansässige Gastronomen hatten ein Auge auf das Restaurant in bester Lage am See geworfen.

Was Schuck und Stäblein nun damit vorhaben, klingt einerseits nach einer kleinen Reminiszenz an die "Mary", wie die nach kurzer, aber schwerer Krankheit im Alter von 65 Jahren gestorbene Wirtin von ihren vielen Stammgästen liebevoll genannt wurde, aber andererseits dennoch nach Aufbruch in ein modernes Zeitalter. Da ist schon mal der Name "Seespitz", den die beiden neuen Pächter unbedingt behalten wollten, nur den Zusatz "Da Mario", den das Lokal auch noch nach dem Tod von Nussbaumers früherem Geschäftspartner trug, haben sie gestrichen. Alles wäre nun bereit für die Wiedereröffnung, es gibt ein Logo und sogar die Mitarbeiter stehen bereits fest.

Einer davon wird Giovanni Vavalle sein, der bei Maria Nussbaumer seit dem Ende seiner Ausbildung als Küchenchef gearbeitet hat. "Er hat sich bei uns gemeldet, hat gesagt, dass der Seespitz seine Heimat ist, dass er nirgendwo anders arbeiten will", erzählt Schuck. "Da haben wir ihn eingestellt." Unter der Führung des Pfaffenwinkel-Küchenchefs, Daniel Böhm, wird er also auch künftig die kulinarische Handschrift im "Seespitz" prägen. Und ein wenig ist das so, als ob damit ein Vermächtnis der "Mary" erfüllt würde: Sie hatte sich gewünscht, schon schwer von ihrer Krankheit gezeichnet, dass "der Giovanni" immer sein Auskommen im Seespitz behalte. Ein paar Dinge sollen dennoch anders werden: Obwohl auch künftig Pizza und Pasta dort angeboten werden, soll das Lokal "von der Pizzeria auf die italienisch-mediterrane Restaurant-Ebene" gehoben werden, wie Schuck erklärt, der sich persönlich vor Ort darum kümmern wird, während sein Partner Stäblein hauptsächlich in Pähl anzutreffen sein wird. So werden sie einen großen Schwerpunkt im "Seespitz" auch auf frischen Fisch vom Ammersee legen - oder auch auf Spezialitäten aus der gehobenen Fischküche wie etwa Thunfischsteak. Die beiden Köche, Böhm und Vavalle, haben sich unabhängig voneinander schon einmal Gedanken über die Speisekarte gemacht. "Und das Ergebnis war verblüffend: 80 Prozent deckungsgleiche Menüvorstellungen", sagt Schuck.

Kostproben davon hätten die Gäste ursprünglich wenigstens über einen Liefer- und Abholservice erhalten sollen, wenn schon die Eröffnung wegen der Coronavirus-Krise verschoben werden musste. "Doch das rechnet sich nicht", sagt Schuck. Für seine zehn Mitarbeiter, die er und Stäblein für den "Seespitz" gewinnen konnten, ist mittlerweile Kurzarbeit beantragt. Schuck und Stäblein nehmen die Lage dennoch gelassen: "So wie uns geht es ja vielen." Sie hoffen jetzt nur eines: Dass alle gesund bleiben und sie baldmöglichst Gäste in ihrem neuen Lokal begrüßen können.

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SZ vom 06.04.2020
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