"Alles schon mal da gewesen":Architekten ernten harsche Kritik

Die 80 000 Euro teure "Nonconform"-Ideenwerkstatt für Starnberg bringt zwar viele Anregungen, die aber alle nicht neu sind

Von Peter Haacke, Starnberg

Drei Tage lang hat das österreichische Architekturbüro "Nonconform" im vergangenen März die Aufgabe übernommen, mittels einer "Ideenwerkstatt" die Bedürfnisse der Starnberger im Hinblick auf eine Verbesserung der Verhältnisse in ihrer Stadt auszuloten. Mit gelben Sternen, trassierten Bereichen und Info-Büros wurde im Auftrag von Bürgermeisterin Eva John enormer PR-Aufwand betrieben, für den die Stadt insgesamt mehr als 80 000 Euro ausgegeben hat. Knapp 1500 Einzelvorschläge sammelten die Verantwortlichen nach eigenen Angaben. Sieben Monate später präsentierte eine Nonconform-Mitarbeiterin am Montag im Stadtrat in Kurzform Ergebnisse der Aktion. Das Echo darauf fiel in der Sitzung allerdings eher verhalten aus: "Alles schon mal da gewesen", lautete mehrheitlich der Tenor. Die insgesamt neun Fraktionen sollen nun weitere Vorschläge zum Themenkomplex erarbeiten.

Unter dem Motto "Wie wird unsere Innenstadt zum Star?" hatte das Team aus Österreich vom 6. bis 9. März eine besondere Art der Bürgerbeteiligung ersonnen, um "konkrete Lösungen" und "Maßnahmen zur nachhaltigen Innenstadtstärkung" zu entwickeln. Der "schönste gemeinsame Nenner" dieser "partizipativen Zukunftsentwicklung" lautete: "Mehr zusammen, weniger getrennt und uns mehr wertschätzen". Der Fokus der Aktion lag dabei jedoch nicht etwa auf Problemen oder Missständen in der Kreisstadt, gefragt war vielmehr eine positive Herangehensweise.

Das Echo auf die vielen Vorschläge, darunter eine Seilbahn vom Schlossberg in die Innenstadt, eine lange Bank auf der Seepromenade oder ein "Wohnzimmer am Seespitz", blieb dagegen überwiegend negativ. BLS-Stadtrat Michael Mignoli stellte fest, dass lediglich herausgekommen sei, was ohnehin schon "doppelt und dreifach" bekannt ist "Für was brauchen wir so ein Pamphlet, wenn ich eh nichts ändern kann?", fragte er. Gerd Weger lobte zwar das Engagement, ihm fehlte aber der "Aha-Effekt": Viele der präsentierten Ideen lägen schon seit Jahren im Rathaus vor. "Es hat uns nicht viel weiter gebracht", resümierte der CSU-Stadtrat.

Martina Neubauer (Grüne) erfreute sich zwar am "bunten Blumenstrauß an netten Ideen", aus dem sich allerdings keine Strategie für die weitere Innenstadtentwicklung ableiten lasse. Insbesondere die Kosten rückte Christiane Falk (SPD) in den Fokus und zeigte sich "im Nachhinein wirklich verärgert und enttäuscht". Sie konstatierte, dass der Auftrag an Nonconform ohne Beschluss des Stadtrats am 1. Oktober 2016 vergeben worden sei, obwohl das Budget der Bürgermeisterin schon seit 1. September wegen der geänderten Geschäftsordnung auf 50 000 Euro reduziert worden sei. Sie hätte sich "seriösere Ideen" gewünscht, zumal Kirchplatz und Bahn-Gelände nicht einfach überplant werden könnten. Franz Sengl (Grüne) kritisierte, dass "keine einzige neue Idee dabei gewesen" sei. Bei den Bürgern würden nicht erfüllbare Erwartungen geweckt. Thomas Beigel (CSU) störte sich weniger an den Kosten, sondern vor allem an dem Umstand, dass die kleinen Probleme erst dann relevant seien, wenn "die Innenstadt vom Verkehr befreit ist und wir mit der Bahn gesprochen haben". Positiver bewerteten dagegen Winfried Wobbe (UWG), Josef Pfister (BMS) oder Markus Mooser (WPS) die Aktion.

Die "Nonconform"- Präsentation findet sich im Internet unter der Adresse www.innenstadt.jetzt.

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