Alkoholexzesse:Jugend im Rausch

Trinken, bis der Arzt kommt: Die Starnberger Suchtberatung schlägt Alarm. Alkoholexzesse bei Jugendlichen im Landkreis steigen sprunghaft an.

Christiane Bracht

"Komasaufen" ist in - auch bei Jugendlichen im Fünfseenland. Vor Partys oder wenn sie in München unterwegs sind, betrinken sie sich gemeinsam "möglichst schnell und effektiv, um in Stimmung zu kommen", erklärt Stefan Wenger, der Leiter der Condrobs-Suchtberatung in Starnberg. "Es ist ein Gruppenphänomen." Früher seien die Jugendlichen nicht so zielgerichtet und offensiv vorgegangen.

Alkohol im Unterricht

Komasaufen im Landkreis: Die Zahl der Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen nimmt von Jahr zu Jahr zu.

(Foto: dpa)

Das zeige auch die Zahl der Alkoholintoxikationen, die von Jahr zu Jahr steige, bundesweit waren es 2009 schon rund 27.000, erklärt Wenger. Für den Landkreis Starnberg gebe es zwar keine eigenen Zahlen. Aber man könne die Zunahme an Alkoholproblemen junger Leute schon daran erkennen, dass Condrobs 2009 deutlich mehr Beratungsgespräche mit Klienten unter 21 Jahren geführt hat. 63 waren es laut Statistik, zirka zehn Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Aber nicht nur Alkohol, auch Cannabis-Konsum und Computerspielsucht sind bei Jugendlichen Themen, die mehr in den Fokus geraten. "Gerade bei letzterer Problematik wissen die Eltern oft nicht mehr, wie sie gegensteuern sollen, wenn das Kind tage- und nächtelang vor dem Computer hockt", sagt Wenger.

Condorbs hat sich im vergangenen Jahr 526 Hilfsbedürftiger angenommen, knapp 70 Prozent von ihnen waren Suchtgefährdete oder gar Abhängige, die übrigen meist Angehörige. 2008 beriet die Einrichtung noch etwa 50 Klienten weniger. "Die Hemmschwelle ist gesunken, sich an offizielle Stellen zu wenden", erklärt sich Wenger den Anstieg. Vor allem bei Frauen. Bislang ließen sich nur etwa ein Drittel von ihnen auf das Beratungs- und Therapieangebot von Condrobs ein. 2009 war das Verhältnis Männer - Frauen fast schon paritätisch (56 zu 44).

"Das ist ein positives Zeichen", sagt der Leiter der Einrichtung. Und die Folge davon, dass das Thema in den Medien ständig präsent ist. Denn Frauen trinken meist eher im Verborgenen. Fast 40 Prozent der Klienten von Condrobs sind im Alter von 35 bis 49 Jahre alt. Für diejenigen, die schon zahlreiche Therapien hinter sich haben und im Alltag nicht zurechtkommen, hat die Einrichtung jetzt ein neues Angebot: Betreutes Wohnen. Zwölf Personen können dort Hilfe bekommen. Sie werden beispielsweise zu den Ämtern begleitet, um sich beruflich einzugliedern. Oder man hilft ihnen, gesellschaftliche Kontakte zu knüpfen. Das Angebot besteht seit Anfang des Jahres. Neun Plätze sind derzeit belegt, bis Ende des Jahres wird das Wohnprojekt jedoch ausgebucht sein, glaubt Wenger.

Da die Nachfrage vor allem in Gilching so hoch ist, will Condrobs dort eine eigenständige Beratungsstelle aufbauen. Doch das Vorhaben will Wenger erst 2011 in Angriff nehmen. Heuer wird die Starnberger Stelle erst einmal umziehen von der Söckinger Straße in das BRK-Gebäude an der Hauptstraße. Wenger: "Dann ist alles unter einem Dach."

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