Aktion Gen-Klage:Einspruch bei der UNO

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Die unermüdliche Öko-Aktivistin Christiane Lüst aus Gauting organisiert die Besuche von Gentechnik-Gegnern aus der ganzen Welt

Von Michael Berzl, Gauting

Bei der UNO in Genf ist Christiane Lüst aus Gauting eine alte Bekannte. Wenn die 51-jährige Öko-Aktivistin dort im Sekretariat anruft, dann wissen sie schon, um was es geht. Meist sind Termine zu vereinbaren und Zutrittsberechtigungen zu organisieren für eine der Delegationen aus Übersee, die vor dem Menschenrechts-Ausschuss berichten. Die Fäden zieht dabei Lüst, eine unermüdliche Kämpferin gegen die Anwendung von Gentechnologie in der Landwirtschaft. Sie kümmert sich darum, dass der Flug bezahlt wird, sie organisiert Vorträge während das Europa-Aufenthalts, bucht Übernachtungen. In den kommenden Wochen ist das wieder einmal ein Fulltime-Job, allerdings ein unbezahlter. Im September kommen Besucher aus Mexiko und Kolumbien zu Anhörungen vor dem UN-Ausschuss, im Februar sind Deutschland und Argentinien an der Reihe.

"Aktion Gen-Klage" heißt die Initiative, die Christiane Lüst vertritt und dafür weltweit Kontakte knüpft. Erklärter Gegner sind naturgemäß Saatgut-Produzenten wie Monsanto, denen sie alles zutraut, um ihre Interessen durchzusetzen, sogar Sabotageakte an Traktoren von Bauern. "Ich finde es einen Wahnsinn, was da abläuft, dass Konzerne ungestraft unsere Lebensgrundlagen zerstören dürfen. Das ist irreversibel. Gen-Technik ist nicht mehr zurückzuholen", antwortet die Gautingerin auf die Frage, warum sie so viel Zeit und Energie investiert, und das unentgeltlich. "Es geht auch um unsere Kinder", sagt die Mutter von zwei Mädchen. In den Räumen einer ehemaligen Maschinenfabrik lebt die gelernte Sozialpädagogin weitgehend so, wie sie es für richtig hält, baut selbst Gemüse an, betreibt ein Bio-Catering für Kinder und Schulen, verkauft Dritte-Welt-Waren und Fairtrade-Produkte. Im charmant verwilderten Garten stehen drei Bienenstöcke eines Imkers. Und hier ist so etwas wie die Europa-Zentrale für diverse Nicht-Regierungs-Organisationen, die sich dem Kampf gegen Gen-Technik verschrieben haben.

Sie berufen sich auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der in den Sechzigerjahren beschlossen und mittlerweile von mehr als 160 Staaten ratifiziert wurde. Damit haben sie sich verpflichtet, eine Reihe von Rechten zu gewährleisten, zum Beispiel auf körperliche und geistige Gesundheit, auf einen angemessenen Lebensstandard und auf gerechte Arbeitsbedingungen. Ob das klappt, ist Thema im UN-Menschenrechtsausschuss, vor dem Regierungsvertreter in regelmäßigen Abständen Berichte abliefern müssen. Zugleich erhalten diverse Initiativen, die sogenannten NGOs, Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Und hier kommt die Gautinger Öko-Kämpferin ins Spiel.

Christiane Lüst kümmert sich darum, dass diese Berichte rechtzeitig vorliegen und nimmt dazu Kontakt auf mit Leuten, die sich in den jeweiligen Ländern auskennen. Zum Tag der Anhörung vor dem zuständigen UN-Ausschuss holt sie sie nach Genf und begleitet sie im Anschluss auf regelrechte Vortragstourneen: "Die haben jeden Abend Termine". Der Umweltschützer German Velez aus Kolumbien zum Beispiel kommt zuerst nach Gauting und ist dann in Freising, Freiburg und Rostock. Eine Maya-Imkerin aus Yucatan, die am Montag, 25. September, vor der UNO berichtet, ist danach bei Veranstaltungen in Innsbruck, im Eine-Welt-Haus in München, in Stuttgart und in Bonn. Für Lüst bedeuten die vier Besuchergruppen, die sie übernommen hat, viel Arbeit. Ob sie angesichts dieser Verpflichtung weitere kommunalpolitische Aufgaben übernehmen will, weiß sie noch nicht. Bis zu ihrem Austritt vor zwei Jahren war sie Mitglied der ÖDP. Nun sitzt sie als Parteifreie im Gautinger Gemeinderat. Laut Liste wäre sie im Starnberger Kreistag Nachrückerin für den gestorbenen Bürgermeister und Kreisrat Rudolf Krug.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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