Abifeiern im Fünfseenland:Großer Tag

Elegante Roben, beste Noten, spaßige Auftritte: Die Abifeiern sind das Spiegelbild der Gesellschaft des Landkreises. Dazu gehört auch, dass man sich selbst feiert

Von Katharina Schöbi und Christiane Barth

Mal krachledern bayrisch, mal elegant snobistisch: Die Abiturfeiern in diesem Jahr an den Gymnasien im Fünfseenland zeigten wieder einmal, dass diese inzwischen als gesellschaftliche Ereignisse inszeniert werden - nicht nur in Gauting und in Tutzing. Es wurde aber auch viel gelacht und später viel getanzt. Auch Einser-Absolventen wollen ihren Spaß.

Gymnasium Starnberg

Fast ausnahmslos in Dirndl, Lederhosen und Karohemden erschienen die Abiturienten des Starnberger Gymnasiums zu ihrem "großen Tag". Auf dem sonnigen Platz vor der Schlossberghalle wurde auch in letzter Minute noch die ein oder andere Frisur geflochten, bevor man sich fürs Gruppenfoto positionierte. Tatsächlich war der Kleiderstil im Vorfeld vereinbart worden. "Wir sind ja schließlich in Bayern", meinte eine Schülerin ganz heimatbewusst. Für das elegante Abendkleid gab es allerdings noch eine andere Gelegenheit: Die Feierlichkeiten in Starnberg wurden in eine Zeugnisvergabe und einen Ball geteilt, der erst am darauffolgenden Tag stattfand.

Kempfenhausen LSH Gymnasium ABI 2015

Wir sind erfolgreich, wir sind schön: Die Absolventinnen in Kempfenhausen.

(Foto: Georgine Treybal)

Der Zweite Bürgermeister, Klaus Rieskamp, begrüßte die frisch gebackenen Absolventen. "Ich kenne kaum eine Gelegenheit, bei der ich in so viele glückliche, junge Gesichter blicken kann wie heute", stellte er fest. Und die hatten guten Grund zur Feierlaune: Von den 123 Abiturienten schlossen wie in Gauting gleich vier mit einem Schnitt von 1,0 ab. 32 Schüler erreichten einen Schnitt unter 2,0, die Hälfte davon sogar unter 1,5. Direktor Josef Parsch betonte, dass insbesondere seit der Einführung der Kollegstufe Spitzennoten deutlich häufiger erreicht würden. Neben den Noten wurde auch besonderes Engagement in der Schulgemeinschaft geehrt: Acht Schülern erhielten den "Elmar von Trauwitz-Preis" in Form von Buchgutscheinen. Die jungen Damen und Herren hatten sich im Schulsanitätsdienst, bei der Schülerzeitung, als Schülersprecher oder bei künstlerischen Projekten eingesetzt.

Tutzing Gymnasium ABI 2015

Auch die Abiturienten in Tutzing strahlten mit der Sonne um die Wette.

(Foto: Georgine Treybal)

Verkauft wurde an diesem Nachmittag keine Zeit vor allem die Abiturzeitung, die auf mehr als 300 Seiten Bilder von vertrauten Gesichtern und unterhaltsame Lehrerzitate enthielt. Für die Zitatsammlung hätte sich vielleicht auch Rieskamp geeignet, der in seiner Ansprache die verschiedenen Zutaten einer erfolgreichen Abschlussprüfung etwas durcheinanderbrachte: Gleich zweimal dankte er dem "Kolloquium" - und meinte wohl doch das Kollegium. Dafür schloss er mit großen Worten: "Betrachten Sie die Welt im Weitwinkel. Sie steht Ihnen nicht nur offen, sie wartet auf Sie."

Gauting Gymnasium ABI 2015

Die Gautinger zeigten Noblesse.

(Foto: Georgine Treybal)

Gymnasium Kempfenhausen

Kaum hatten die Abiturienten des Landschulheims Kempfenhausen die allgemeine Hochschulreife in der Tasche, drehten sie den Spieß um: Fragen, mit denen sie im Laufe der vergangenen acht Jahre konfrontiert worden waren, musste sich bei der offiziellen Feier in einem großen weißen Zelt im Sportzentrum Percha prompt Oberstudiendirektor Martin Liebl stellen - und erraten, welche Antwort der jeweilige Lehrer als die richtige ausgewiesen hatte. Ein Beispiel: Woher kommen Muttermale? Laut einer Lehrerin seien die nämlich das Resultat von Speerstichen aus einem früheren Leben, doch auf diese Antwort kam der Schulleiter so schnell natürlich nicht. Auch beim Zuordnen von Zitaten, die wortwörtlich von Kollegen einmal gesagt worden waren, hatte Liebl Schwierigkeiten - und die Absolventen dadurch umso mehr zu lachen. So ganz ließ sich der Schulleiter das Heft aber nicht aus der Hand nehmen. Ein letztes Mal sollten die 68 Abiturienten noch in die Rolle der Schüler schlüpfen und ihr Wissen von ihm testen lassen, auch wenn sie an diesem Abend in Anzug und Abendkleid viel reifer und erwachsener wirkten als noch in der Schulbank. Der Oberstudiendirektor wollte Folgendes testen: "Sind Abiturienten in der Zeit von WhatsApp und Twitter noch Hüter der deutschen Sprache?" Das Resultat eines kurzen Grammatiktests sollte den Schulleiter beruhigen: Die Absolventen zeigten, dass sie mit indirekter Rede umgehen können und dass ihnen die unterschiedliche Verwendung von Genitiv und Dativ bewusst ist. Ein Grund mehr für Liebl, stolz auf die Abschlussklasse zu sein, in der ein Schüler mit 1,0 abschloss und 17 Abiturienten eine Eins vor dem Komma haben.

Gilching Gymnasium ABI 2015

Die Gilchinger Absolventen bewiesen Humor.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Absolventen selbst jedenfalls waren sichtlich stolz. "Da mögen einige stutzen, aber ja, die Elite, das sind wir", sagte Absolvent Michael Kister selbstbewusst. Mit viel Humor ließ er in einer Rede die vergangenen Schuljahre Revue passieren und war überzeugt davon, dass die Schulzeit sie für das weitere Leben gut vorbereitet hat: "Sigmar Gabriel 2.0 findet sich unter uns und die junge Dame, die ihnen in zehn Jahren die Zähne ziehen und Porsche fahren wird." Was daraus wird, steht zwar noch in den Sternen, aber eins sei klar: "Wir haben den ersten Schritt geschafft." Und dieser Erfolg wurde bis in die Nacht gebührend gefeiert.

Starnberg Gymnasium ABI 2015

Die Starnberger Abiturienten zeigten sich heuer von ihrer bodenständigen Seite und kamen in Dirndl und Lederhosen.

(Foto: Georgine Treybal)

Gymnasium Tutzing

Bei einem Sektempfang im Freien fanden sich die Abiturienten des Tutzinger Gymnasiums vor der Turnhalle für ihre Feier zusammen. Die langen, eleganten Roben, aufwendig gedrehten und gesteckten Haare und vornehmen Anzüge deuteten schon darauf hin, dass die Schüler alles daran gesetzt hatten, diesen Abend zu etwas ganz Besonderem zu machen. Familien und Freunde nahmen an festlich dekorierten, runden Tischen Platz und ein langer roter Teppich führte zur eigens aufgebauten Bühne, auf der ein charmantes Moderatoren-Trio, bestehend aus drei Absolventen, durch den Abend führte. Neben der obligatorischen Zeugnisvergabe kündigten die drei jungen Herren gleich zu Beginn einen Abend voller Höhepunkte "kulinarischer, alkoholischer und rhetorischer Art" an.

Dießen, ASG Abiturientenverabschiedung

In Dießen wurden (v. li.) Lisa Rossmann, Johannes Raab, Luis Rosendahl und Hannah Berger geehrt.

(Foto: Nila Thiel)

Wortgewandtheit jedenfalls bewies Lukian Goth, der in seiner Rede humorvoll den Jahrgang beschrieb und keine Panne aus dem Schulalltag aussparte - dabei aber wohl auch den ein oder anderen im Saal für kurze Zeit an der Hochschulreife der jungen Schulabgänger zweifeln ließ. Umso selbstsicherer schienen die Abiturienten, als sie im Anschluss nacheinander bei selbst gewählter Musik, Scheinwerferlicht und Blitzlichtgewitter den roten Teppich entlangschritten, das eigene Foto jeweils groß auf die Leinwand projiziert, um von Schulleiter Bruno Habersetzer das Zeugnis in Empfang zu nehmen. Dieser zeigte sich stolz auf den Jahrgang, in dem 71 von 75 Kandidaten das Abitur bestanden hatten und 16 Absolventen die Schule mit einer Eins vor dem Komma verlassen. Er fand allerdings auch tadelnde Worte für einen Vorfall in der Abiturzeitung: Darin waren Aussagen getätigt worden, die Lehrer persönlich angegriffen hatten und aus Habersetzers Sicht über das Maß an humorvoller Stichelei hinausgegangen waren. Man habe die Angelegenheit aber schnell klären können.

Oberstufenleiter Georg Bernböck bedankte sich für die zwei Jahre, in denen er Ansprechpartner für den Jahrgang gewesen war und wurde mit begeistertem Applaus seitens der Schüler bedacht. Wer nun aber begann, sich angesichts der weiteren üblichen Danksagungen und Lobeshymnen auf einen ruhigen, unspektakulären Abend einzustellen, der irrte: Für 22 Uhr wurde der DJ erwartet.

Gymnasium Gauting

Die offizielle Zeugnisübergabe am Otto-von-Taube-Gymnasium in Gauting hatte schon fast etwas von einer Oscarverleihung - auf einem langen roten Teppich, der über ein Podest führte, das einem Laufsteg glich, stolzierten die frisch gebackenen Abiturientinnen in hohen Hacken und glamourösen Abendkleidern und die Abiturienten in schicken schwarzen Anzügen, überwiegend ganz klassisch mit weißem Hemd und Krawatte oder Fliege, auf Oberstudiendirektorin Sylke Wischnevsky zu. Die Schulleiterin überreichte den Absolventen auf der Bühne die lang ersehnten Reifezeugnisse. Im Hintergrund lief das Lieblingslied des jeweiligen Abiturienten und an Leuchttafeln auf der Bühne war der Name zu lesen - ein ganz individueller Moment also, in dem die Aufmerksamkeit je auf einem einzelnen Schulabgänger lag.

Welche Emotionen die Absolventen begleiteten - ob Freude oder Erleichterung - zeigten zwei Leinwände neben der Bühne. Sie filmten das Geschehen live mit Nahaufnahmen. Sehr professionell und filmreif eben. Und wie bei der Oscarverleihung auch, blitzte es hier und da. Dafür waren in der Turnhalle der Hauptschule aber keine Paparazzi, sondern die stolzen Eltern verantwortlich. Sie wollten den Moment, in dem ihr Sohn oder ihre Tochter über den roten Teppich schreitet und das Zeugnis entgegennimmt, festhalten. Da blieb kein Zweifel, wer die Stars an diesem Abend waren: die 126 Abiturienten. Für die fand Direktorin Wischnevsky fast ausschließlich lobende Worte: "Ich habe die meisten Schüler stets anständig, freundlich, neugierig, respektvoll und pfiffig erlebt und auch wenn der ein oder andere mit Disziplinen wie Pünktlichkeit zu kämpfen hatte, haben wir die meisten noch auf Kurs gehalten." Die Stufe sei sehr fleißig gewesen, was sich in den guten Ergebnissen widerspiegelt: Vier Absolventen schlossen mit einer glatten Eins ab, 57 mit einer Eins vor dem Komma - das sind 45 Prozent. Wischnevsky zeigte sich daher zuversichtlich, dass die Abiturienten für das Leben gut vorbereitet sind: "Sie haben jetzt die notwendige Orientierungshilfe, in die Welt aufzubrechen und ihren Platz zu finden."

Auch an den Gymnasien in Gilching und in Dießen verliefen die Feiern nobel. Am Ammersee wurden vier Absolventen wegen ihres Engagements geehrt. Die Gilchinger Gymnasiasten konnten wieder in ihrer Schule die Noten entgegennehmen. Der Umbau ist endlich abgeschlossen.

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