Süddeutsche Zeitung

Prozesswende:Angeklagter gesteht überraschend Starnberger Dreifachmord

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Er habe seinen Freund erschossen, weil dieser einen Amoklauf in den Pasing Arcaden plante, behauptet Maximilian B. Dass er auch die Eltern tötete, sei nicht geplant gewesen.

Von Andreas Salch

Im Prozess um den Dreifachmord von Starnberg hat der Hauptangeklagte Maximilian B. am Montag völlig überraschend ein Geständnis abgelegt. Bei der Tat im Januar 2020 starb ein Ehepaar und dessen 21-jähriger Sohn nachts in ihrem Haus durch mehrere Schüsse aus einer Pistole. Das Motiv, das Maximilian B. für seine Tat angibt, macht sprachlos: Mit dem Mord, so behauptet er, habe er verhindern wollen, dass der 21-Jährige, mit dem er befreundet war, einen Amoklauf in den Pasing Arcaden verübt. Außerdem räumte Maximilian B. zwei Raubüberfälle auf Supermärkte im Landkreis Fürstenfeldbruck ein.

Der Olchinger hatte in dem Prozess, der Ende August 2021 vor der Jugendstrafkammer am Landgericht München II begann, bislang beharrlich geschwiegen. Ebenso der neben ihm auf der Anklagebank sitzende Samuel V., auch er ist wegen Mordes angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass V. Maximilian B. zum Tatort fuhr und wusste, dass dieser seinen Freund erschießen wolle.

Dass er erst sieben Monate nach Prozessbeginn sein Schweigen bricht, begründete Maximilian B. damit, dass Samuel V. "offenbar davon ausgeht, einen Freispruch zu bekommen." Er habe sich Zeit gelassen mit seiner Erklärung, weil er wissen wollte, ob sich die Einstellung von V. "zu seiner Beteiligung an meiner Straftat irgendwann ändert". Da dies nicht der Fall sei, habe er sich entschlossen, "endlich reinen Tisch zu machen."

Der Freund habe von Weltruhm durch den Amoklauf geträumt

Maximilian B. verliest seine mehrseitige Erklärung selbst. Er bekennt, früher selbst ein "Waffennarr" gewesen zu sein, und behauptet, sein Freund aus Starnberg habe ihn dazu überredet, an dem Amoklauf in den Pasing Arcaden teilzunehmen. Zwar habe er den Eindruck erweckt mitzumachen. "Innerlich" sei er jedoch nie bereit gewesen, diesen Plan "wirklich in die Tat umzusetzen", so B. Um möglichst viele Menschen töten zu können, habe sein Freund, ein Büchsenmacherlehrling, vorgeschlagen, den Amoklauf entweder am Freitag oder Samstag, 17. und 18. Januar 2020, durchzuführen, da gegen Ende der Woche "besonders viele Leute zum Einkaufen gehen" würden.

Waffen für solch eine Tat hätte der Büchsenmacherlehrling genug gehabt. Im Haus seiner Eltern hortete er Maschinenpistolen, ein MG und etliche andere großkalibrige Kriegswaffen samt Munition. "Er wollte mit mehreren Waffen bis an die Zähne bewaffnet - so hat er es wörtlich gesagt - so viele Menschen wie möglich töten", so Maximilian B. Sein Freund habe zu ihm gesagt, mit dieser Tat werde er nicht nur in allen Zeitungen stehen und ins Fernsehen aller Länder kommen, "sondern auch in die Geschichte eingehen. Sein Name würde dann weltweit bekannt werden. So hätte sein Leben dann wenigsten einen Sinn gehabt."

Hinter den Mordplänen des Büchsenmacherlehrlings stand laut B.s Erklärung weder "irgendeine Weltanschauung" noch ein radikales Motiv "von rechts noch von links". Auch religiöse Motive sollen keine Rolle gespielt haben. Da sein Freund "immer wieder" von dem Amoklauf schwadroniert habe, habe er ihn "wirklich ernst genommen", versichert B. Der Büchsenmacherlehrling soll sich zuletzt fast ganz zurückgezogen und "immer mehr gekifft" haben.

Er habe gedacht, dass die Eltern des 21-Jährigen an dem Wochenende verreist wären

Dass er auch dessen Eltern in der Nacht auf den 11. Januar 2020 erschoss, stellt Maximilian B. in seiner Erklärung so dar, als sei dies nicht geplant gewesen sei. Er sei davon ausgegangen, dass sie nicht da seien, versichert er. Sein Freund habe ihm kurze Zeit vor der Tat gesagt, seine Eltern an jenem Wochenende verreist. Nachdem er den 21-Jährigen erschossen habe, habe ihm dessen Vater gegenübergestanden. Er habe geglaubt, so B., dass er bewaffnet gewesen sei.

Samuel V. soll nicht nur gewusst haben, dass Maximilian B. seinen Freund erschießen will, sondern sich auch dazu bereit erklärt haben ihn nach Starnberg zu fahren und nach der Tat dort wieder abzuholen. Im Gegenzug sollte Samuel V. am Verkauf der Waffensammlung des Büchsenmacherlehrlings im Darknet beteiligt werden. Sie hätten gehofft, 400 000 bis 600 000 Euro für die Waffen zu bekommen, so Maximilian B. "Den Erlös wollten wir durch Aktien vermehren."

Fragen von Seiten des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung von Samuel V. wollte der 21-Jährige am Montag nicht beantworten. Sein Mandant werde dies aber "später selbstverständlich" tun, sagte sein Verteidiger Gerhard Bink.

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SZ vom 22.3.2022
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