Süddeutsche Zeitung

Starkbieranstich:Furios eingeschenkt

Fastenprediger Maxi Schafroth begeistert bei seiner Premiere auf dem Nockherberg, das Singspiel kreist um Markus Söder

Was für ein Moment für Markus Söder! Endlich sitzt er nicht nur in der ersten Reihe beim Nockherberg, sondern ist auch die Nummer eins im Land. Lange hat er darauf gewartet, jetzt scheint alles zu passen. Der Defiliermarsch wird gespielt - wie es sich für einen Ministerpräsidenten gehört, die Fotografen drängeln sich um ihn. Aber was ist das? Auf einmal werden die Fotografen immer weniger. Ein anderer scheint sie anzuziehen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Weil er zum ersten mal im Singspiel mit dabei ist? Oder weil er gerade neu liiert ist? Vielleicht hat er ja seine Freundin dabei. Neben ihm sitzt zumindest eine Frau, die in Bayern vielleicht nicht alle kennen. Es ist Katarina Barley, die Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl.

Zumindest der neue Fastenredner Maxi Schafroth kennt Barley, auch wenn die SPD bei ihm nur in der Kategorie Mitleid mit "den Schwachen und Kranken" vorkommt. Die Bayern-SPD und ihre Vorsitzende Natascha Kohnen vergisst er fast ganz. Vergangenes Jahr feierte sie als jodelnde Natascha noch Premiere im Singspiel am Nockherberg, dieses Jahr wurde sie nach dem Desaster bei der Landtagswahl gestrichen und durch die Bundesvorsitzende Andrea Nahles ersetzt. SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte zu Beginn schon befürchtet, dass seine Partei gar nicht vorkommt: "Das Schlimmste, was passieren kann." Wer genannt wird, der ist bedeutend, so lautet die Regel am Nockherberg.

Schmerzlich bewusst wurde das wohl einigen Ministern, deren Namen nicht fiel, etwa Georg Eisenreich (Justiz) oder Bernd Sibler (Wissenschaft). Manchem mag das besonders bitter erscheinen, da sogar der Linken-Chef mit einem Seitenhieb geehrt wurde ("lässt sich vom Klassenfeind das Bier zahlen") und im Singspiel einer auftrat, von dem im Freistaat fast keiner mehr spricht: Horst Seehofer. Seine Karriere in Bayern ist zu Ende, auf dem Nockherberg hat er überlebt, wenn auch als alter Mann im Bademantel, der unsichtbar ist. Sichtbarer ist da Markus Söder als einer, der gerne Landesvater wäre, es aber nur spielt. Am Ende eine Frage an Söders Frau: Ob ihr Mann denn wirklich so ein guter Schauspieler sei? "Selbstverständlich", sagt sie. Entsetzen auf dem Gesicht ihres Mannes, er beugt sich zu ihr, flüstert ihr was ins Ohr, da korrigiert seine Frau: "Selbstverständlich nicht." Sie habe nur nicht gut gehört.

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SZ vom 13.03.2019 / nell, wiw
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