Stalker schaltet Todesanzeige:Steffi lebt

Ein Stalker bombardiert eine talentierte 17-jährige Tennisspielerin aus dem Münchner Vorort Ismaning mit Anrufen und Internetnachrichten. Jetzt hat er sogar eine falsche Todesanzeige geschaltet. Im Namen ihres Vaters. Die Polizei ermittelt.

Anna Günther und Ulrich Schäfer

Es ist eine Todesanzeige, wie sie immer wieder zu lesen ist: "Unsere liebe Steffi wurde heute viel zu früh aus ihrem jungen und erfüllten Leben gerissen", heißt es in der Anzeige, die am vergangenen Donnerstag in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist. Und weiter: "Wer das Glück hatte, Steffi in ihrem Leben zu begegnen, der wird unseren Schmerz verstehen." Vater und Mutter, so scheint es, trauern um ihre Tochter. Ungewöhnlich war nur, dass der Text nahelegte, die Tochter sei gewaltsam zu Tode gekommen: "Ein Mensch hat uns genommen, was uns der Herr gegeben hat", heißt es in der Todesanzeige.

Doch die junge Frau, die da gestorben sein soll, ist gar nicht tot: Stefanie K., eine 17-jährige talentierte Tennisspielerin, die für den TC Ismaning spielt und es schon bis zur oberbayerischen Meisterin gebracht hat, lebt und erfreut sich nach Angaben ihres Vereins bester Gesundheit. Wer aber hat die Anzeige dann aufgeben?

Wie es scheint, handelt es sich dabei um einen bislang unbekannten Stalker. Schon seit zwei bis drei Monaten verfolgt er die 17-Jährige und bombardiert sie mit Anrufen und Internetnachrichten. Mittlerweile ermittelt die Polizei in München und Ismaning. Steffis Vater Werner K., der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Ismaning ist, hat Anzeige erstattet; er mag sich aber zu dem Fall nicht äußern. Auch die Polizei will aus ermittlungstaktischen Gründen keine Details bekannt geben.

Klar ist allerdings: Der Stalker kennt sich im Leben von Stefanie K. recht gut aus - und er besitzt wenig Skrupel. So hat sich der mutmaßliche Täter, als er die Anzeige online aufgab, als Werner K. ausgegeben; er hat sich mit einer Mail-Adresse gemeldet, die den Namen des Vaters trug; er hat eine korrekte Adresse hinterlassen, eine Telefonnummer, eine Bankverbindung. Und er hat, als die SZ-Anzeigenabteilung noch eine Nachfrage hatte, prompt per Mail geantwortet und um Verständnis gebeten, dass er sich nicht telefonisch melde, da die Trauer um die Tochter einfach zu groß sei. Gezeichnet war diese Mail mit dem Namen von Werner K. und seiner Frau. Der Täter versuchte sogar, noch eine zweite Anzeige aufzugeben

Er ist "offensichtlich mit hoher krimineller Energie vorgegangen", heißt es in einer Stellungnahme der SZ-Anzeigenabteilung. Man bedauere den Vorgang sehr. "Für uns war in keiner Weise erkennbar, dass hier jemand mit falscher Identität operiert. Wir haben alle Plausibilitätsüberprüfungen durchgeführt, die üblich sind." Die Anzeigenabteilung habe, nachdem sich am Donnerstag der Vater gemeldet habe, alle Unterlagen an die Polizei in Ismaning übergeben.

Noch am selben Tag hat der Täter versucht, eine zweite Todesanzeige in der SZ zu platzieren. Sie sollte in der Freitagsausgabe erscheinen, diesmal unter dem Namen eines angeblichen Freundes von Stefanie K. Diese Anzeige wurde von der Anzeigenabteilung gestoppt. Wenig später trudelte dort eine seltsame Mail ein. "Ein Vater, der nicht nachvollziehen kann, was im Kopf seines Sohnes vorgeht", behauptete, die Anzeige habe sein Sohn aufgegeben. Von wem diese anonyme Mail stammt, ist unklar.

In Ismaning haben am Freitag immer noch viele Menschen geglaubt, Steffi K. sei tot. Peter Aurnhammer, Vize-Präsident des Bayerischen Tennisverbandes und örtlicher Apotheker, traf betroffene Bürger. Wenn er dann berichtete, dass jemand die Todesanzeige gefälscht habe, dann, sagt Aurnhammer, sei die Erleichterung groß gewesen - aber auch das Entsetzen, dass jemand auf solche Ideen komme.

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