Städtisches Klinikum:Günstige Wohnungen an Ärzte vermietet

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Das Städtische Krankenhaus in Schwabing. (Foto: Florian Peljak)

Sie sind preiswert und vor allem für Schwestern und Pfleger gedacht. Doch die Wohnungen des Städtischen Klinikums sind fast zur Hälfte falsch belegt. In vielen leben Ärzte oder Banker.

Von Dominik Hutter

Die etwa 900 Mitarbeiterwohnungen des städtischen Klinikums sind wegen einer völlig chaotischen Immobilienverwaltung nahezu zur Hälfte fehlbelegt. Zu diesem Ergebnis kam das städtische Revisionsamt bei einer Überprüfung des Bestands. Demnach wohnen nur in etwa 50 bis 60 Prozent der preisgünstigen Wohnungen tatsächlich Klinik-Mitarbeiter mit niedrigem Gehalt. Der große Rest ist, oft ohne jede Prüfung der Einkommensverhältnisse, an andere Beschäftigte von Kliniken und Stadt oder gar an Externe vergeben - das Revisionsamt stieß unter anderem auf gut verdienende Ärzte und private Banker, die zu Sozialmieten logieren.

Das Klinikum hat aber nicht nur eigene Wohnungen zu billig nach außen vergeben. Mangels Kenntnissen über den eigenen Bestand wurden für eigene Mitarbeiter sogar teure Wohnungen auf dem freien Markt angemietet. "Ein Stück Realsatire" sei das, findet die Stadträtin Katrin Habenschaden (Grüne) - "leider zu Lasten der Steuerzahler, die für dieses Durcheinander aufkommen müssen."

"Es gibt nichts beim Klinikum, das es nicht gibt"

Im Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrats herrschte blankes Entsetzen, als die Revisoren ihre Ergebnisse vortrugen. "Es gibt nichts beim Klinikum, das es nicht gibt", seufzte Gabriele Neff (FDP). Die Ausschussvorsitzende Beatrix Zurek (SPD) bat die Prüfer gar ironisch um eine Darstellung der Fakten in homöopathischen Dosen. Allerdings ist an dem Wohnungs-Wirrwarr nicht nur das Stadtklinikum beteiligt.

Auch die städtischen Wohnungsunternehmen GWG und Gewofag, die große Teile der Klinikwohnungen verwalten, sowie das städtische Sozialreferat erhalten im Bericht des Revisionsamts ein miserables Zeugnis. Kein einziger Beteiligter verfüge über einen kompletten Überblick, welche Wohnungen eigentlich für Klinik-Mitarbeiter reserviert sind und wer für was zuständig ist. Bei der GWG sei anfangs nicht einmal bekannt gewesen, dass sie überhaupt Klinik-Wohnungen im Bestand hat.

Offenbar paradiesische Verhältnisse

Dass niemand nachprüft, ob die teilweise mit öffentlichen Fördergeldern gebauten Wohnungen nur an Interessenten mit entsprechendem Einkommen vergeben werden, ist nach Beobachtung des Revisionsamts auf ein klassisches Verwaltungs-Phänomen zurückzuführen: Das Klinikum dachte, diese Prüfung würde vom Sozialreferat vorgenommen. Die städtische Behörde dagegen vertrat die Ansicht, dies sei Aufgabe des Klinikums. Dass beim Überlassen vergünstigter Wohnungen möglicherweise geldwerte Vorteile entstehen, die bei Steuer und Sozialversicherung angegeben werden müssen, hat ebenfalls niemand in ausreichender Weise überprüft, bemängeln die Revisoren.

Aber auch in den frei finanzierten Mitarbeiterwohnungen herrschen offenbar paradiesische Verhältnisse: Viele Mieten seien seit 1996 (GWG) beziehungsweise 2001 (Gewofag) nicht mehr erhöht worden, und auch ausgeschiedene Klinik-Mitarbeiter dürfen weiter in ihren vier Wänden bleiben. Allerdings hat die Abneigung, Veränderungen vorzunehmen, für viele Mitarbeiter auch Nachteile: Die offiziell gültigen Voraussetzungen für eine vergünstigte Klinikwohnung erfüllten derzeit nur noch zehn Prozent der Belegschaft.

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Das detaillierte Sanierungskonzept sieht für die städtischen Krankenhäuser einen drastischen Stellenabbau vor. Gekündigt werden soll aber nur wenigen - und auch nur im Notfall. Eine Berufsgruppe trifft es jedoch härter.

Von Dominik Hutter

Immerhin sind nach Auskunft des Revisionsamts alle Beteiligten einsichtig und besserungswillig. Beim Klinikum werde ein zentrales Immobilienmanagement aufgebaut. Viel zu retten ist allerdings nicht, zumindest nicht kurzfristig: Da alle Mieter über gültige Verträge verfügen, seien die Wohnungen möglicherweise "sehr lange geblockt", sagte eine Mitarbeiterin des Revisionsamts. "Vertrag ist Vertrag", bestätigt auch Mieteranwältin Zurek. Es gelte das normale Mietrecht.

Die Stadtrats-Grünen fordern nun Aufklärung, wie es zu dem Chaos kommen konnte. Angesichts des Pflegenotstands sei es "ein Skandal, wie schlampig die Kliniken und das Sozialreferat mit diesen Belegungsrechten umgehen - eine Schlamperei auf dem Rücken vieler hart arbeitender und nicht auf Rosen gebetteter Klinikangestellter", ärgert sich Habenschaden. Eigentlich seien die Klinikwohnungen ein "wertvoller Wettbewerbsvorteil" im Kampf um Pflegekräfte. Das findet auch die CSU-Kollegin Kristina Frank: Die Wohnungen seien "ein Schatz, den wir hüten sollten".

© SZ vom 27.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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