Städtisches Bauprogramm:München ohne Hindernisse

Die Stadt München will in den nächsten Jahren mehrere Brücken über Gleisanlagen und die Isar errichten. Die Bauprojekte sollen Wege für Radler und Fußgänger verkürzen.

Dominik Hutter

Für den Nachdenklichen zählt die Symbolik. Brücken bauen - das bedeutet neue Verbindungen, die Überwindung trennender Gräben, die Chance zum Aufeinander-Zu-Gehen. Dabei helfen, um in die nüchterne Perspektive der Verkehrsplaner zu wechseln, aus Stahl oder Beton gefertigte Ingenieurbauwerke - ein Ziel, für das die Experten der städtischen Referate derzeit an einem Bauprogramm tüfteln. Denn München will in den kommenden Jahren gleich mehrere Brücken errichten - nicht für Autos, sondern für Radfahrer und Fußgänger.

Städtisches Bauprogramm: An den großen Gleisanlagen im Westen und Osten der Stadt und über der Isar sollen neue Brücken entstehen.

An den großen Gleisanlagen im Westen und Osten der Stadt und über der Isar sollen neue Brücken entstehen.

(Foto: Foto: SZ; Quelle: Landeshauptstadt München Baureferat)

Zu den Kandidaten zählen zwei Querungen der Isar sowie fünf Stege an oder über den großen Gleisfeldern am Haupt- und Ostbahnhof. Einige Projekte sind bereits beschlossen, hängen aber von der Realisierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke ab. Bei anderen muss erst noch geprüft werden, ob sie sinnvoll, verträglich für Stadtbild und Umwelt sowie natürlich finanzierbar sind. Denn über einen eigenen Etat wird das Brückenbauprogramm nicht verfügen - jeder Neubau muss vom Stadtrat einzeln beschlossen und mit Geld ausgestattet werden.

Das Programm geht auf Anregungen der Grünen ("Brücken bauen - ganz konkret") sowie von Bezirksausschüssen und Bürgerversammlungen zurück und soll dabei helfen, das Fahrradfahren attraktiver zu machen. Im Mittelpunkt stehen die Überwindung der beiden bedeutendsten Barrieren des Stadtgebiets - der Isar und der im Schnitt immerhin 250 Meter breite Gleisschneise - sowie die große Ost-West-Trasse entlang der Neubaugebiete zwischen Hauptbahnhof, Laim und Pasing.

Zu Letzterer gehört die bereits 2007 fertiggestellte Unterführung an der Wilhelm-Hale-Straße auf der Nordseite der Friedenheimer Brücke. Einige hundert Meter weiter westlich, in Laim, soll derselbe Rad- und Fußweg dereinst die Wotanstraße auf einer Brücke überqueren. Dieses Projekt ist relativ einfach zu realisieren, denn der bestehende Betondeckel der Laimer Giftröhre wird in seiner heutigen Breite von der Bahn nicht mehr benötigt. Es kann also Platz für Fußgänger und Radfahrer abgezwackt werden.

Allerdings hängt die Querung mit dem Bau des dritten Laimer Unterführungstunnels, der sogenannten Umweltverbundröhre, zusammen. Und die wiederum ist Teil des umstrittenen Großprojekts zweiter S-Bahn-Tunnel. Dasselbe Problem haben noch zwei weitere, ebenfalls schon beschlossene Kandidaten des Brückenprogramms: Auch die Überführung der Wotanstraße am Laimer Kreisel, also südlich der Gleise, hängt von der S-Bahn ab, ebenso wie der viele Kilometer östlicher gelegene Steg am Leuchtenbergring.

Kein günstiges Vergnügen

Dort, nahe des Haidenauplatzes, ist ein neues Stadtquartier geplant, das einen Brückenzugang zum S-Bahnhof Leuchtenbergring erhalten soll. Diese Station ist derzeit nur durch einen wenig ansehnlichen Fußgängertunnel zu erreichen. Der geplante Steg soll nicht nur zu den Bahnsteigen, sondern ganz über die Gleise, bis zur Dingolfinger Straße in den Schatten der "Ten Towers" reichen. Als einziges der derzeit diskutierten Projekte kann die Gleisquerung am Arnulfpark eine konkrete Terminplanung vorweisen.

Isar-Renaturierung

Im Zuge der Isar-Renaturierung ist der Bau einer Fußgänger- und Radfahrerüberquerung zwischen Reichenbach- und Wittelsbacherbrücke für geplant.

(Foto: Foto: Robert Haas)

2013, so schätzt das Baureferat, könnte der Brückenschlag vollzogen werden, der im Norden an der Erika-Mann-Straße beginnt, einen zweiten Zugang zu den S-Bahnsteigen an der Donnersbergerbrücke ermöglicht und im Süden an der Landsberger Straße herauskommt. Die Kosten liegen schätzungsweise bei 8,4 bis 12,2 Millionen Euro - je nach Konstruktionsart. Die wiederum bestimmt das Aussehen des Bauwerks, und da es sich um eine städtebaulich exponierte Lage handelt, lotet das Planungsreferat erst einmal per Gutachten die Gestaltungsmöglichkeiten aus.

Ebenfalls in Untersuchung ist eine Überquerung der Offenbachstraße südlich des Gleisfelds. Die an dieser Stelle in einem Einschnitt verlaufenden Autospuren unterbrechen die große Pasinger Promenade zwischen Knie, Pasinger Bahnhof und der Würm. Ökologisch heikel ist der Klenzesteg, eine neue Isarquerung für Radler und Fußgänger zwischen Reichenbach- und Wittelsbacherbrücke. Dieses rund 150 Meter lange Bauwerk, das die Klenzestraße im Glockenbachviertel mit der Schlotthauerstraße in der Au verbinden würde, ist umstritten - das Baureferat mahnt einen sensiblen Umgang mit der Natur sowie eine qualitätsvolle Gestaltung an.

Geplant ist, die mit der Isar-Renaturierung entstehende Weideninsel als Standort des Brückenpfeilers zu nutzen. Um die Baustellenfahrzeuge auf die Insel bringen zu können, müsste allerdings ein Kiesdamm aufgeschüttet werden. Ob an dieser Stelle tatsächlich eine Brücke vertretbar und sinnvoll ist, wird nun vom Planungsreferat untersucht. Klar ist aber jetzt schon: Ein preisgünstiges Vergnügen ist das nicht. Auf drei bis vier Millionen Euro belaufen sich die noch sehr groben Schätzungen - eine neue Fußgängerampel an der Wittelsbacherstraße inklusive.

Vorerst zurückgestellt ist der Plan, den ungenutzten Teil der Braunauer Eisenbahnbrücke, erkennbar an seinem angerosteten Stahl-Fachwerk, für Radfahrer und Fußgänger zu nutzen. Die Verwaltung will erst abwarten, wie die Diskussion um die zweite S-Bahn-Stammstrecke endet - sollte sich der Freistaat (was nach dem Tunnel-Beschluss des Ministerrats nicht unbedingt zu erwarten ist) für den Südring entscheiden, müsste die Brücke auf vier Gleise verbreitert werden. Bei den Behörden gibt es allerdings ohnehin Bedenken, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Denn die Stadt müsste wohl den Unterhalt der reparaturbedürftigen Stahlkonstruktion übernehmen.

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