Bürokratie:Wie Münchens Beamte dem Zeitgeist trotzen

Bürokratie: Die Akten stapeln sich - analog und digital.

Die Akten stapeln sich - analog und digital.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Alles, alles wird immer schneller in der heutigen Zeit. Es sei denn, etwas liegt mit einer Bearbeitungsfrist auf den Schreibtischen der städtischen Behörden.

Kolumne von Anna Hoben

Es ist eine schnelllebige Zeit. Die Zahnräder, die unsere Gesellschaft am Laufen halten, greifen auf immer komplexere Art und Weise ineinander und drehen sich zugleich immer schneller. Wenn man nicht schon hinausgeschleudert worden ist, kann einem beinahe schwindelig werden. Doch es gibt einen verlässlichen Anker im globalen Geschwindigkeitschaos. Ein Völkchen von unbeugsamen Schreibtischmenschen, so scheint es, hört nicht auf, dem immer rasender werdenden Zeitgeist Widerstand zu leisten: die Stadtverwaltung.

Schon vor fünf Jahren kam auf eine Anfrage der Grünen heraus, dass die Münchner Verwaltung die vorgeschriebenen Bearbeitungsfristen für Anträge und Anfragen im Stadtrat nur in einem Viertel der Fälle einhielt, oft dauerte die Bearbeitung doppelt so lang. Die logische Konsequenz? Man verdoppelte die Fristen, bei Anträgen auf sechs Monate, bei Anfragen auf sechs Wochen. Man passte sozusagen das Ideal an die Realität an. Das war im Mai 2017. Ist seitdem alles besser geworden? Die Grünen hatten da so einen Verdacht, deshalb haben sie noch mal angefragt.

Fristgemäß? Ist inzwischen die Ausnahme

Eine Anfrage zu Anfragen, also eine Meta-Anfrage. Auf diese Anfrage musste die Verwaltung - die diesmal ungewöhnlich schnell antwortete, nämlich innerhalb von drei Wochen - einräumen, dass bei den Anfragen "leider eine erhebliche Verschlechterung bei der Bearbeitungszeit" eingetreten sei. Früher wurde jedes dritte Anliegen fristgemäß beantwortet, nun ist es nur noch jedes fünfte.

Die Grünen erwarten, dass der Oberbürgermeister bis zum Sommer konkrete Vorschläge macht, wie sich dieser Missstand beheben lasse. Die einzelnen Verwaltungseinheiten treffe keine Schuld, ihnen bleibe zu wenig Zeit, um Inhalte zu bearbeiten. Die Grünen haben also einen Antrag gestellt. Er endet mit den Worten: "Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages."

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