Stadtrats-SPD:Münchner SPD will kostenfreie Kitas einführen

Schatten - Mann mit Kindern

Als ob sie nur im Schatten stehen - so kommen sich viele Eltern junger Kinder vor, wenn es um die Finanzierung von Erziehung geht.

(Foto: dpa)
  • Die SPD will, dass grundsätzlich alle Kindertagesstätten für Eltern in München in Zukunft kostenfrei sind.
  • 100 bis 150 Millionen Euro könnte dieser Plan kosten.
  • Um das Ganze zu finanzieren, will die SPD den Freistaat mit in die Pflicht nehmen.

Von Melanie Staudinger

München im Jahr 2020: Wenn Eltern einen Krippenplatz suchen, tragen sie sich einfach in ein Online-Programm ein. Es werden ihnen mehrere freie Optionen angezeigt. Und das beste daran: Der Platz kostet sie keinen Cent. Eine Utopie? Ja, aber eine, deren Verwirklichung die Stadtrats-SPD jetzt vorantreiben will. Sie fordert, dass grundsätzlich alle Kindertagesstätten für die Eltern kostenfrei sind. 100 bis 150 Millionen Euro könnte dieser Plan kosten, die erst einmal aus dem städtischen Etat bezahlt werden müssten. "Wir wollen in Vorleistung gehen und erhoffen uns, dass der Freistaat nachzieht", sagt SPD-Bildungssprecherin Birgit Volk. Denn Bildung sei Aufgabe der Bundesländer.

Die Idee, Kita-Gebühren schrittweise abzuschaffen, ist zurzeit eine weit diskutierte. Vor einigen Wochen kündigte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer an, einen solchen Schritt zu prüfen. Und auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kämpft für kostenfreie Kitas und damit mehr Chancengerechtigkeit für Kinder. Im SPD-regierten Hamburg ist die fünfstündige Grundbetreuung in Kitas von der Geburt bis zur Einschulung beitragsfrei. Dieses Geschenk kostet die Stadt rund 75 Millionen Euro. Auch in Berlin sind die vier Jahre vor der Grundschule kostenlos.

Wird das Millionengeschenk für Familien wie geplant umgesetzt, zahlen Eltern gar nichts mehr, von der Krippe bis zum Hort. Das würde für städtische Kitas und für die Einrichtungen gelten, die von der Stadt einen freiwilligen Zuschuss erhalten. Wer eine Eltern-Kind-Initiative oder eine Mittagsbetreuung besucht, soll bis zu einem gewissen Betrag entlastet werden. Unklar ist, wie die Stadt es bei gewinnorientierten Einrichtungen halten soll. "Wir möchten nicht private Gewinne finanzieren", erklärt Christian Müller, sozialpolitischer Sprecher der SPD. Vielmehr gehe es darum, die Kita-Landschaft für Eltern durchschaubarer zu machen und zu vereinfachen, sagt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Ziel ist, das Konzept der Gebührenfreiheit im kommenden Jahr zu beschließen.

Vor allem in einer teuren Stadt wie München, so der zentrale Gedanke hinter der Forderung, müssten Familien unterstützt werden, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Verena Dietl. Denn obwohl es in der Stadt eine sozialgestaffelte Gebührenordnung gibt und Leute mit einem Jahreseinkommen von unter 15 000 Euro gar nichts bezahlen, macht die Kinderbetreuung in vielen Familien einen gehörigen Ausgabeposten aus.

Dietl rechnet am Freitag bei der Pressekonferenz einen Fall vor: Mutter in Teilzeit beschäftigt, der Vater arbeitet ganztags als Altenpfleger, das ältere Kind besucht sechs Stunden täglich den Kindergarten, das jüngere in der gleichen Zeit die Krippe. Von 4130 Euro netto blieben der Familie abzüglich Miete, normalen Haushaltskosten, Auto und Kinderbetreuung gerade einmal 21 Euro. Selbst wer ein Jahr lang Maß hält, kann davon keinen Urlaub für vier Personen bezahlen. Würde die Familien nun aber für Krippe und Kindergarten nicht zahlen müssen, würde sie sich gut 400 Euro sparen - genügend Geld für Ferien, Kultur oder Freizeit.

Oberbürgermeister Dieter Reiter unterstützt den Vorschlag

Wichtig ist der SPD, das Land Bayern in die Pflicht zu nehmen, wie die Stadträte erklären. "Wir gehen davon aus, dass der Freistaat und die CSU mitmachen", antwortet Reissl auf die Frage, was passiere, wenn der Freistaat nicht auf den Zug aufspringe, der da in München gestartet ist. Das sieht Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) ähnlich. Ihr Bildungsreferat soll nach dem Willen der SPD ein Konzept erarbeiten, wie die Gebühren schrittweise abgeschafft werden können, die Qualität in den Einrichtungen aber gleichzeitig beibehalten wird. "Wir entwickeln gerne ein Konzept", sagt Zurek. Hauptansprechpartner aber bleibe für sie der Freistaat.

Wen die SPD aber schon ins Boot geholt hat, ist Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Den Vorschlag der SPD-Stadtratsfraktion, auf Kita-Gebühren zu verzichten, kann ich nur unterstützen", lässt Reiter, der gerade nicht in München weilt, ausrichten. Die hohen Lebenskosten seien gerade für viele Familien schwer zu schultern. "Wir müssen Familien baldmöglichst entlasten und das können wir mit dem Verzicht auf Kita-Gebühren wirkungsvoll tun", erklärt Reiter. Und auch er hoffe, dass der Freistaat baldmöglichst mitmacht bei dieser Initiative.

Die CSU im Stadtrat, eigentlich Koalitionspartner der SPD, war vorher nicht eingeweiht. "Inhaltlich unterstützen wir den Vorschlag, aber über die Vorgehensweise der SPD sind wir irritiert", sagt die schulpolitische Sprecherin Beatrix Burkhardt. Die aktuelle Kita-Satzung sei erst Ende März beschlossen worden. Hätte man die Gebührenfreiheit dort gleich mitdiskutiert, hätte man die Eltern vielleicht viel früher entlasten können.

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