Stadtrat:München wird sich vieles nicht mehr leisten können

Der Münchner Marienplatz

Der Stadt drohen neue Schulden, doch viele Investitionen sind fast unausweichlich.

(Foto: dpa)
  • In den vergangenen Monaten ist das Loch im Münchner Stadthaushalt um etwa 300 Millionen Euro angewachsen. Das Minus für 2016 beläuft sich voraussichtlich auf 416 Millionen.
  • Noch kann der Stadtkämmerer das Minus im Haushalt aus der Kasse bezahlen. Spätestens 2018 rechnet er aber mit neuen Schulden.
  • Die Regierungsparteien verteidigen die hohen Ausgaben. Die Stadt müsse in die Zukunft investieren.

Von Heiner Effern

München wird sich "vieles von dem, was wünschenswert wäre", in den kommenden Jahren nicht mehr leisten können. Mit dieser Warnung präsentierte Kämmerer Ernst Wolowicz den Nachtragshaushalt 2016 am Mittwoch im Stadtrat. Denn schon in diesem Jahr gibt München 416 Millionen Euro mehr aus als hereinkommen. Damit ist das Loch im Etat in den vergangenen Monaten um etwa 300 Millionen Euro angewachsen.

Die großen, schon beschlossenen Investitionen wie die Verlängerung der U 5 oder die Sanierung der Schulen schlugen laut Wolowicz in diesem Haushalt aber noch kaum zu Buche. Spätestens 2018 rechnet der Kämmerer deswegen mit neuen Schulden. Noch kann er das Minus im Haushalt aus der Kasse bezahlen. Trotzdem verabschiedeten CSU und SPD den Nachtragshaushalt des Jahres 2016 ohne Änderungen.

Das Regierungsbündnis zeigte sich bedingt empfänglich für Wolowiczs Warnungen. "Wir müssen noch kritischer mit den Ausgaben umgehen. Dabei müssen wir uns fragen: Was ist unbedingt notwendig und was nicht", sagte zwar SPD-Finanzexperte Hans Dieter Kaplan. Sein CSU-Kollege Michael Kuffer verteidigte aber die hohen Ausgaben. Die Stadt müsse jetzt und auch in den kommenden Jahren dringend in die Zukunft investieren. Kuffer nannte unter anderem die Schulbauoffensive, den Ausbau der U 5, die Autotunnel am Mittleren Ring und die Verdopplung des Etats für Radwege. Aber auch er räumte am Rande der Sitzung ein, dass künftig bei den Ausgaben mehr auf Schwerpunkte gesetzt werden müsse.

Die Opposition wirft CSU und SPD vor, schon vor der heißen Phase bei den Investitionen das Barkonto der Stadt unnötig zu plündern. Und das trotz eines Rekords bei den Einnahmen, im Jahr 2016 sollen alleine über die Gewerbesteuer etwa 2,5 Milliarden Euro in die Kasse kommen. Die Sparvorsätze des Rathauses seien "krachend gescheitert", sagte FDP-Fraktionschef Michael Mattar. Auch die Grünen lehnten den Nachtragshaushalt ab.

Das Rathausbündnis müsse endlich lernen, "Prioritäten richtig zu setzen", forderte Fraktionsvize Katrin Habenschaden. Und die Bayernpartei prangerte an, dass CSU und SPD "ständig mit der Gießkanne die freiwilligen Leistungen erhöhen". Die Regierungspartner seien in der Finanzpolitik "unbelehrbar", sagte Fraktionschef Johann Altmann. "Es interessiert sie doch nicht, was der Kämmerer sagt. Der tut mir leid deswegen."

Wolowicz wies jedes Mitleid zurück. Der Schriftseller Albert Camus habe im letzten Satz seines Sisyphos-Romans beschrieben, was auch auf seine Psyche zutreffe. Das Buch endet mit den Worten: "Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen."

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