Frankfurt hat in diesem Jahr deutschlandweit den Anfang und gleich auch Schlagzeilen gemacht: Zum ersten Mal wurde hier im März im islamischen Fastenmonat die Fußgängerzone beleuchtet mit „Happy Ramadan“-Schriftzügen als Zeichen für Toleranz und interreligiöses Miteinander. In München kann sich die Mehrheit im Stadtrat das auch vorstellen – bis auf CSU und Bayernpartei.
Am Mittwoch hat sich der Verwaltungs- und Personalausschuss mit den Stimmen von Grünen/Rosa Liste, SPD/Volt und Linke dafür ausgesprochen, muslimisches Leben unter anderem mit solchen Mitteln sichtbar zu machen und gleichzeitig auf vielfältige Weise gegen antimuslimischen Rassismus zu wirken – die Abstimmung war im Herbst verschoben worden. Seither wurde politisch hinter den Kulissen um das weitere Vorgehen heftig gerungen. Auslöser, in München überhaupt eine politische Leitlinie und einen Handlungsfaden zu entwickeln, war ein gemeinsamer Stadtratsantrag der drei Fraktionen im Februar dieses Jahres.
Was am Mittwochnachmittag beschlossen wurde, bezeichneten Micky Wenngatz für die SPD und Stefan Jagel (Linke) als „extrem wichtigen Schritt“. Man ziehe eine glasklare wissenschaftlich fundierte Definition von antimuslimischem Rassismus heran, die unter Beteiligung von Betroffenen zustande gekommen sei und künftig als Leitlinie für das Handeln der Landeshauptstadt gelte.
Künftig soll die Verwaltung ihr Handeln an der Definition von antimuslimischem Rassismus des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) der Bundesregierung ausrichten. Dieser wurde einst von CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer einberufen – infolge des rassistischen Anschlags in Hanau 2020. In der Definition heißt es verkürzt, dass durch Zuschreibungen „rückständiger und bedrohlicher Eigenschaften“ gegenüber Muslimen eine Feindlichkeit konstruiert werde, die bis zu Gewaltanwendung reichen könne.
Die CSU wolle diese Definition nicht mittragen, erklärt am Mittwoch Leo Agerer. „Sie geht uns ein Stück zu weit.“ Er begründet das damit, dass einzelne Personen, darunter Politiker, sich im Bericht in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt gesehen und deshalb geklagt haben. In den Fällen ging es gleichwohl nicht um die Definition selbst. Die CSU habe jedenfalls eine eigene Definition vorgelegt. „Schwammig“, nennt Wenngatz diese.
In der CSU-Vorlage sei nur von Menschen die Rede, die als Muslime wahrgenommen werden. In der wissenschaftlichen UEM-Definition gehe es auch um gläubige Menschen, und man wisse ja, dass die am stärksten von Diskriminierung betroffen seien, erläuterte im Anschluss Miriam Heigl einen Unterschied zwischen den beiden Papieren. Heigl leitet die Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt, die die Federführung für den künftigen Umgang mit antimuslimischem Rassismus von städtischer Seite aus übernommen hat.
Bei einer Illuminierung von städtischen Fassaden an muslimischen Festtagen geht die CSU ebenfalls nicht mit. Im Herbst hat der Stadtrat bereits Vergleichbares für jüdische Festtage beschlossen. Agerer stellt eine ganz eigene Rechnung auf, warum man Letzterem zugestimmt habe, jetzt aber nicht: 2023 habe es deutschlandweit 5500 Delikte im Bereich Antisemitismus gegeben. Im Bereich Muslimfeindlichkeit seien es 1500 Fälle gewesen. In Deutschland lebten etwa 90 000 Juden und 5,5 Millionen Muslime. „Die Wahrscheinlichkeit, als Jude einem solchen Delikt zum Opfer zu fallen, ist um 20 000 Prozent höher.“ Außerdem könnten auch andere Religionsgemeinschaften Feiertagsbeleuchtungen fordern, wenn man sie den Muslimen nun zugestehen wolle.
Er halte den Vergleich nicht für angemessen, „das hat mich erschreckt“, widersprach der jüdische SPD-Stadtrat Marian Offman. „Ich hätte mir gewünscht, dass der ganze Münchner Stadtrat hinter diesem Teil, dem muslimischen Teil der Bevölkerung steht.“ Die CSU stimmt mit der Bayernpartei gegen die Illuminierung. Einig ist sich der Ausschuss dann aber doch, was den gesamten Vorstoß angeht – inklusive vorgelegte UEM-Definition.