Stadtrat München:Das Verschwinden der Bürgerlichen Mitte

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Quelle: SZ-Grafik (Foto: asd)
  • Ursula Sabathil, Stadträtin der Freien Wähler, hat ihren Austritt aus dem Bündnis mit der Bayernpartei erklärt.
  • Sie wolle nicht abermals die Partei wechseln und zur Bayernpartei gehen.
  • Die Politikerin war offenbar wiederholt von ihren Kollegen zum Übertritt gedrängt worden.

Von Dominik Hutter, München

Der Münchner Stadtrat kommt nicht zur Ruhe. Wenige Monate nach der weitgehenden Übernahme der Fraktion Bürgerliche Mitte durch die Bayernpartei hat Ursula Sabathil ihren Austritt aus dem Bündnis erklärt. Die Stadträtin der Freien Wähler zieht damit die Konsequenz aus ihrer zunehmenden Isoliertheit in der Fraktion. Man könne nicht "dauerhaft als Außenseiter agieren", begründete sie am Montag ihren Rückzug.

Die Politikerin war offenbar wiederholt von ihren Kollegen zum Übertritt in die Bayernpartei gedrängt worden, will aber nicht noch einmal das Parteibuch wechseln. "Ich wollte auch für mich selber vermeiden, wie ein Politclown auszusehen." Sabathil, die Ende 2011 von der CSU zu den Freien Wählern ging, will nun als Einzelkämpferin ihre Arbeit im Stadtrat fortsetzen.

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Damit schrumpft die gerade erst auf sechs Mitglieder angewachsene Bürgerliche Mitte um einen Sitz. Im März waren Eva Caim und Mario Schmidbauer von der CSU zur Bayernpartei übergelaufen, die zusammen mit den Freien Wählern die Bürgerliche Mitte bildet. Gleichzeitig wechselte Fraktionschef Johann Altmann von den Freien Wählern zur Bayernpartei, der Ex-Sozialdemokrat Josef Assal folgte kurz später nach. Die separatistische Bayernpartei stellt seitdem fünf Stadträte - bei einem Wahlergebnis von 0,9 Prozent.

Da die Bürgerliche Mitte nun nur noch aus Politikern der Bayernpartei besteht, dürfte der Fraktionsname wohl verschwinden. Gegründet wurde das Patchwork-Bündnis im Mai 2013 - damals bestand es noch aus Freien Wählern, Bayernpartei und ÖDP. Letztere hat sich seit 2014 mit den Linken zu einer Ausschussgemeinschaft zusammengeschlossen.

Mit Sabathils Ausscheiden wird die rekordverdächtige Wechsel-Statistik der laufenden Amtsperiode noch facettenreicher. Die Zusammensetzung des Stadtrats bildet längst nicht mehr das Ergebnis der Kommunalwahl vom März 2014 ab. Zahlreiche Politiker haben seitdem die Fraktion gewechselt, sind zu Referenten aufgerückt oder ganz ausgeschieden.

Im Stadtrat kam es schnell zu Veränderungen

Los ging es mit der Stühlerückerei schon kurz nach der Konstituierung, als der wegen merkwürdiger Aktionen bei der SPD in Ungnade gefallene Josef Assal zur Bürgerlichen Mitte floh. Assal hatte im Vorfeld der Wahl öffentlich ein Schwein mit der Aufschrift "Münchner Stadtrat" gegrillt und war daraufhin mit einem schlechten Listenplatz abgestraft worden. Der Aubinger schaffte es trotzdem ins Rathaus, die Münchner häufelten ihn nach vorne.

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Die SPD war über den Wechsel stark verschnupft - da Assal sein Mandat mitnahm, schrumpfte die Fraktion auf 24 Sitze. Der nunmehrige Zwei-Sitze-Vorsprung der CSU hielt allerdings nur bis zum Frühjahr 2016. Dann kehrten die beiden unzufriedenen Stadträte Eva Caim und Mario Schmidbauer ihrer Fraktion den Rücken, die Bürgerliche Mitte wurde zur zweitstärksten Oppositionsfraktion nach den Grünen. Über immerhin zwei Mandate verfügt eine Partei, die 2014 gar nicht auf dem Stimmzettel stand - es gab sie schlicht noch nicht. Andre Wächter und Fritz Schmude sind auf dem AfD-Ticket ins Rathaus gefahren. Seit der Spaltung der Partei sitzen sie für Alfa im Stadtparlament.

Keine Auswirkung auf die Mehrheitsverhältnisse haben die vielen Austritte, bei denen auch das Mandat zurückgegeben wurde. Das von Verena Bentele (SPD) etwa ging an Haimo Liebich, für die zur Stadtschulrätin gewählte SPD-Fraktionsvizechefin Beatrix Zurek rückte Gerhard Mayer nach. Georg Schlagbauer und Alexander Dietrich (beide CSU) wurden durch Anja Burkhardt und Alexandra Gaßmann ersetzt.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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