Stadtrat:München braucht mehr Grünflächen

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  • München wird immer grauer - durch die dichte Besiedlung gehen Grünflächen verloren.
  • Das ist nicht nur für die Menschen ungesund, auch Tiere und Insekten verschwinden so aus dem Stadtbild.
  • Der Stadtrat hat sich nun positive Beispiele neuer Bauprojekte angeschaut.

Von Alfred Dürr

Bauen, bauen, bauen - immer mehr Nachverdichtung, und die Natur droht unter dem Beton begraben zu werden. Im bundesweiten Grünvergleich schneidet München nicht gut ab. Der sogenannte Versiegelungsgrad ist in der bayerischen Landeshauptstadt enorm; andere vergleichbare Städte haben deutlich mehr Natur aufzuweisen. Neue Wohnungen sind ein zentrales und wichtiges Thema, aber bei der Entwicklung von Quartieren soll der "Freiraumplanung" deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Dazu passt, dass sich der Planungsausschuss des Stadtrats zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause nicht im Rathaus versammelte. Die Kommunalpolitiker und Vertreter der Verwaltung sowie Naturschutzexperten schauten sich bei einer gemeinsamen Exkursion mit dem Umweltausschuss an, wie man bei verschiedenen Projekten das Bauen mit Landschaften, Gärten und Biotopen verbinden kann. Das soll durchaus auch als Signal verstanden werden, welche Themen in der Stadtplanung an Bedeutung gewinnen.

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Beispiel "Baumkirchen Mitte" in Berg am Laim: Seit drei Jahren entsteht in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofs auf dem Gelände des früheren Bahnbetriebswerks ein dichtes Quartier mit 560 Wohnungen. Zu den Besonderheiten dieses neuen Viertels, das sich mit seiner abwechslungsreichen Anordnung der Blocks wohltuend von manch steriler Uniformität anderer Gebiete abhebt, zählt der künftige "Gleispark" im Anschluss an die Wohnhäuser.

Im kommenden Jahr soll hier ein System von Stegen angelegt werden, über die sich die Besucher durch das im Lauf der Jahre entstandene Biotop mit seinen seltenen Tier-und Pflanzenarten bewegen können. Vielleicht entdecken sie dann auch Insekten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke oder eine ungewöhnliche Eidechse. Dieser Teil des Grundstücks macht nahezu die Hälfte der Gesamtfläche des neuen Quartiers aus.

Auf großes Interesse stieß auch die zum Teil gemeinschaftlich nutzbare beziehungsweise in private Gartenparzellen aufgeteilte Dachlandschaft. Hier soll also ein grüner Ausgleich zum Beton angeboten werden. Ein Schnäppchen ist so eine besondere Ruhe- und Erholungszone auf dem Dach für die Besitzer der Eigentumswohnungen freilich nicht. Bis zu 45 000 Euro kostet ein kleines Stück privater Rasenfläche ganz oben.

Wilde Landschaften sollen geschützt werden

Von Grün ist in dem sehr dicht geplanten urbanen Stadtquartier "Schwabinger Tor" auf dem ehemaligen Großhandels-Gelände Metro an der nördlichen Leopoldstraße noch nicht viel zu sehen. Auch in diesem "urbanen Viertel mit unverwechselbarem innerstädtischen Charakter", wie es die Planer ausdrücken, soll es beschauliche Wege, Ruhezonen und Parkanlagen geben, vor allem in Verbindung mit dem schon älteren und sehr grünen Wohngebiet Berliner Straße, das direkt an das Schwabinger Tor grenzt. Zum Beispiel sollen überdeckelte Teile des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals geöffnet werden. Geplant ist eine durchgehende Wegeverbindung zwischen der Münchner Freiheit und dem Frankfurter Ring.

Wenn man allerdings in der Stadt noch ein riesiges Stück unberührter Natur mit sehr selten gewordenen Pflanzen, Schmetterlingen, Wanzen oder Heuschrecken bestaunen will, müsste man eigentlich über das 20 Hektar große Gelände des sogenannten Virginia-Depots an der Schleißheimer Straße spazieren. Um die Natur des ehemals militärisch genutzten Areals zu schützen, ist es allerdings vollständig eingezäunt und verschlossen. Das Virgina-Depot, für das sich vor allem auch der Landesbund für Vogelschutz sehr einsetzt, wird derzeit im Rahmen eines Ausgleichsflächen-Konzeptes für benachbarte Bauprojekte weiter aufgewertet. So sollen noch zusätzliche schützenswerte Tier- und Pflanzenarten auf den Militäranlagen, die beseitigt sind und über die längst Gras gewachsen ist, einen Lebensraum finden.

Auch die Stadt hat großes Interesse daran, diese unvergleichliche, fast schon wilde Landschaft langfristig zu schützen. Hier große Wohnanlagen zu errichten - unvorstellbar. Doch zu Beginn des Jahres rückte auf einer Einwohnerversammlung in der Lerchenau ein Thema in den Mittelpunkt des Interesses: Kann das abgeriegelte Gelände nicht endlich für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden? Ist es möglich, Wege anzulegen, ohne die Tier- und Pflanzenwelt durch die Besucher zu beeinträchtigen? Lokalpolitiker, Bürger und auch Mitglieder des Landesbunds für Vogelschutz wollen nun gemeinsam nach Antworten suchen.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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