Süddeutsche Zeitung

Stadtrat:Die Politik muss alles tun, damit München lebenswert und bezahlbar bleibt

Der Stadtrat beschließt einen besseren Mieterschutz, genauer: Rot-Grün beschließt das, gegen den Willen der CSU. Warum das gut und wichtig ist.

Kommentar von Nina Bovensiepen

Diese Woche ist im Münchner Stadtrat Bemerkenswertes passiert: Die Mehrheit der anwesenden Politiker hat einen besseren Mieterschutz auf den Weg gebracht. Bemerkenswert daran ist, dass diese wichtigen Veränderungen nicht von der regierenden Koalition aus SPD und CSU beschlossen wurden. Stattdessen hat eine rot-grüne Mehrheit die CSU überstimmt. Das mag der ohnehin nicht gerade überschäumenden Stimmung in diesem Bündnis nicht zuträglich sein, es war aber richtig.

Bei einem solch wichtigen Thema wie dem Wohnen, das die Menschen in dieser Stadt mit ihrem überhitzten Immobilienmarkt bewegt wie kein anderes, muss es vorangehen. Die Politik ist geradezu in der Pflicht, alles zu tun, damit München lebenswert bleibt - und bezahlbar für Einheimische wie Zuzügler. Deshalb sind Verbesserungen beim Mieterschutz, wie nun beschlossen, dringend nötig. So etwa die Regelung, die in bestimmten Stadtvierteln sogenannte Gentrifizierungssanierungen erschwert, mit denen Mieter vertrieben werden, um Wohnungen luxuriöser und teurer zu machen. Das ist gut so.

Es ist auch folgerichtig, dass Immobilieneigentümer dort bald nicht mehr ganz so üppig die Modernisierungskosten auf ihre Mieter umlegen können, wie es bisher erlaubt ist - hier hätten die Parteien gerne mutiger sein und das noch stärker deckeln können. Es trifft meist keine Armen, sondern diejenigen, die an der ungeheuren Preisexplosion auf dem Wohnungsmarkt schon lange unverhältnismäßig viel verdienen.

Insgesamt ist der Stadtrat auf dem richtigen Weg - auch wenn die CSU sich sperrt. Das kann bei weiteren Schritten, die es braucht, wieder passieren. Einer könnte sein, die Stellplatzverordnung abzuschaffen. In einer Stadt, in der die Menschen nicht nur unter hohen Immobilienpreisen leiden, sondern auch unter dem täglichen Verkehrskollaps, in der zugleich das Carsharing Anhänger gewinnt und das Umweltbewusstsein wächst, ist es völlig überholt, dass für eine bestimmte Zahl von Wohnungen immer eine festgelegte Zahl von Autostellplätzen entstehen muss. Berlin und Hamburg haben diese Regel längst abgeschafft, München sollte es ihnen nachtun. Auch wenn hier ebenfalls gewiss keine schwarz-rote Mehrheit zustande käme, weil die CSU ihrem Ruf als Bauherren- und Autofahrerschützerpartei treu bleibt.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2018/huy
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