Es blitzt immer noch auf in den routinierten Reden. Dieses Gefühl, sich kurz zwicken zu müssen, angesichts dieser Summen, die hier beschlossen werden. 2,4 Milliarden Euro gibt der Bildungsausschuss an diesem Mittwoch frei für das zweite Schulbauprogramm.
"Angst und Bange" werde manchem bei diesen Investitionen, sagt etwa SPD-Bildungsexpertin Birgit Volk. Aber auch wenn der städtische Haushalt damit über Jahre belastet werde, das Geld sei sinnvoll angelegt: Die Kinder könnten in "hervorragende" Schulen gehen. Genau 38 werden nun neu gebaut, saniert oder erweitert.
Bildung:Wohin die Milliarden für Münchens Schulen fließen
Der Entwurf des zweiten Bauprogramms war für die städtischen Experten eine riesige Herausforderung. Die Rückkehr zum G 9 hat die Sache noch komplizierter gemacht.
Münchner Bildungspolitiker denken seit etwa drei Jahren nicht mehr in Tausendern, nicht in Millionen, sondern in Milliarden. Das hat zwei Gründe: Zum einen hat sich ein ordentlicher Stau bei der Sanierung und Erweiterung von Schulen gebildet, zum anderen macht der starke Zuzug einen Neubau nach dem anderen nötig. Bis zum Jahr 2030 werden 11 000 zusätzliche Schüler in die Stadt kommen. Dazu hat der Freistaat mit der Rückkehr zum G 9 für zusätzlichen Raumbedarf in den Gymnasien gesorgt. Bis zum Jahr 2030 entspricht der auf München bezogen einer zusätzlichen Kapazität von vier Gymnasien.
Die weiterführenden Schulen befinden sich nun auch im Zentrum des zweiten Bauprogramms. 14 Gymnasien stehen auf der Liste, dazu zwölf Grundschulen, fünf Realschulen und berufliche Schulen sowie eine Förderschule und die Willy-Brandt- Gesamtschule. Von den 38 Bauprojekten profitieren wegen gemeinsamer oder nachbarschaftlicher Standorte sogar 42 Schulen.
Im ersten Programm hatten noch die Grundschulen dominiert, weshalb es mit etwa 1,8 Milliarden auch etwas weniger kostet. Denn der Raumbedarf dort ist deutlich geringer als an den weiterführenden Schulen. Mit dem bisherigen Verlauf des ersten Teils zeigten sich die Bildungspolitikerinnen im Stadtrat ebenso zufrieden wie mit der Vorlage fürs zweite Bauprogramm, das auch ein Resümee der ersten Ausgabe beinhaltet. "Ich habe größte Bedenken gehabt, dass man hier den Überblick wahren kann. Aber die Vorlage ist toll", sagte CSU-Bildungssprecherin Beatrix Burkhardt.
Im zweiten Teil der Schulbauoffensive werden sechs Schulen komplett neu gebaut: ein Gymnasium am Ratzinger-Platz, eine Realschule an der Franz-Mader-Straße, Grundschulen an der Aidenbach-, der Passauer- und der St.-Veit-Straße sowie eine Berufsschule für Maler und Lackierer. Sechs werden saniert, der Rest wird erweitert.
Darüber hinaus investiert die Stadt in die Betreuung: Sie richtet insgesamt 47 Gruppen in sieben neuen Häusern für Kinder und in einem Kindertageszentrum ein. Um ganz schnell und auch in Bauzeiten genügend Klassenzimmer zur Verfügung zu haben, setzt die Stadt auf Containerschulen.
"Deutschland schaut auf uns und beneidet uns"
Am Mittwoch genehmigen die Bildungspolitiker das vierte Programm dazu, die Grundschulen an der Osel- und der Weißenseestraße, die Grund- und Mittelschulen an der Hanselmann und der Zielstattstraße sowie die Kita an der Schönstraße und das Haus für Kinder im Prinz-Eugen-Park erhalten einen Pavillon. Die Gesamtkosten in Höhe von 55,7 Millionen Euro schrecken im Stadtrat niemand mehr. Zum Vergleich: Die ersten drei Programme für Schulcontainer kosteten zusammen 265 Millionen Euro. In den Pavillons können 320 Klassenzimmer und elf Mensen untergebracht werden.
So schmerzfrei die Bildungspolitiker im Stadtrat bei den Milliarden-Ausgaben sind, ihre Kollegen mit dem Schwerpunkt Finanzen werden zunehmend unruhig. Symbolisch streicht der Bildungsausschuss auf Antrag von CSU und SPD deshalb 14 von 135 Stellen, die er zusätzlich für das Schulbauprogramm genehmigen wollte.
Das Schulbauprogramm sei "nicht mehr sakrosankt", bilanziert SPD-Bildungssprecherin Volk. Doch deutlich bremsen lässt sich die Offensive so nicht. Mit dem zweiten Programm bringt der Ausschuss auch schon die Vorbereitung auf das dritte auf den Weg. Und ein viertes soll noch kommen. "Die neun Milliarden, die wir insgesamt ausgeben werden, können wir nicht besser für die Zukunft anlegen", sagte Gabriele Neff von der FDP. "Deutschland schaut auf uns und beneidet uns."