Stadtpolitik:Das Rathaus kürzt Ausgaben kräftig zusammen

Der Münchner Marienplatz

Im Rathaus findet im Moment ein Umdenken statt.

(Foto: dpa)
  • Die Rathaus-Koalition kürzt derzeit kräftig bei den Personalwünschen der städtischen Referate.
  • Mit der bisherigen großzügigen Ausgabenpolitik von CSU und SPD scheint jetzt Schluss zu sein.

Von Heiner Effern und Dominik Hutter

Eigentlich klingt das ja alles sinnvoll: Die Stadt könnte neue Mitarbeiter einstellen, damit alle Bibliotheken auch samstags offen haben können. Und damit mehr Kinder schwimmen lernen. Und damit die städtischen Referate besser funktionieren. Neuerdings aber reicht "sinnvoll" nicht mehr aus, um die Stadtratsmehrheit zu überzeugen. CSU und SPD kürzen derzeit die Personalwünsche der städtischen Referate kräftig zusammen. Alles geht eben nicht, lautet der Tenor, der durchaus überraschend ist. Denn bislang fiel das schwarz-rote Rathausbündnis eher durch eine großzügige Ausgabenpolitik auf.

Damit ist offenbar jetzt Schluss. München muss auf die Bremse treten - das hat Oberbürgermeister Dieter Reiter bereits in seiner Haushaltsrede vor zwei Wochen vorgegeben. Mit durchaus energischen Worten, die jedem Oppositionspolitiker zur Ehre gereicht hätten. Und tatsächlich findet derzeit im Rathaus ein Umdenken statt. In der sogenannten Mittagsrunde, bei der sich die Spitzen von CSU und SPD jeden Montag treffen, wird inzwischen ganz genau hingesehen, welche zusätzlichen Stellen tatsächlich noch durchgedrückt werden müssen. Mit der Folge, dass immer öfter auch mal Nein gesagt wird.

"Da muss jetzt was passieren", mahnt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Der Kurs der vergangenen Jahre mit immer weiter wachsenden Ausgaben sei "nicht beliebig fortsetzbar". Bricht plötzlich die Wirtschaft ein und Teile der Gewerbesteuer bleiben aus, könnte München ganz schnell talwärts fahren. Mit dieser Analyse weiß sich die SPD einig mit der CSU. Beide Fraktionen hätten ihre Fachsprecher "geimpft", berichtet CSU-Finanzsprecher Michael Kuffer.

Wenn Referate ihren überraschenden Mehrbedarf an Personal nicht stichhaltig begründen könnten, komme der Vorstoß gar nicht erst auf die Tagesordnung. Grundidee: Ausweitungen des Haushalts unter dem Jahr sollen wieder die Ausnahme werden. Wer neue Leute benötigt, soll dies rechtzeitig zum nächsten Haushalt anmelden. Kuffer geht davon aus, dass das meiste keineswegs so überraschend kommt, wie es dann dem Stadtrat vorgelegt wird. Die geforderten Neueinstellungen in der Branddirektion etwa, die unbedingt für die Umstellung auf den Digitalfunk benötigt werden. Oder die geplante Aufstockung der Rechtsabteilung.

Ein starres Rasenmäher-Konzept oder ein fixes Sparziel gibt es laut Reissl derzeit nicht. Aber die Stoßrichtung ist klar: Gespart werden soll zunächst bei den sogenannten konsumtiven Ausgaben - und dazu zählt vor allem das Personal. Noch geht es nicht um Einschnitte, sondern nur um ein langsameres Wachstum. "Es geht keineswegs darum, Stellen einzusparen oder gar zu kürzen", versichert Reiter. Bei den Bibliotheken habe man ja trotzdem eine Samstagsöffnung ermöglicht - aber eben nur in sechs Filialen.

Ohne ein dickes Plus wird es nichts mit den milliardenschweren Investitionen

Allein 2016, so hat Reiter bereits in seiner Haushaltsrede gewarnt, hat der Stadtrat knapp 1900 Stellen beschlossen - über das hinaus, was ohnehin schon offiziell im Haushalt eingeplant war. Dazu kommen knapp 1000 Jobs, die schon jetzt für 2017 abgenickt sind (der dazugehörige Haushalt ist noch nicht einmal verabschiedet). Wenn das so weitergeht, warnt Reiter, könnte es München die Luft abschnüren. Hintergrund ist eine Besonderheit im Haushaltsrecht der Kommunen. Die dürfen anders als etwa der Bund nur dann Schulden machen, wenn damit Investitionen finanziert werden.

Der laufende Betrieb der Verwaltung muss sich über die Einnahmen, beispielsweise aus der Gewerbe- und Einkommensteuer, selbst tragen. Und er sollte so viele Überschüsse erwirtschaften, dass die Stadt sich anschließend Investitionen und Schulden leisten kann. Denn Zins und Tilgung dürfen keinesfalls über weitere Kredite beglichen werden. Das aber heißt: Ohne ein dickes Plus auf dem "Girokonto" wird es nichts mit den milliardenschweren Investitionen, die München in den kommenden Jahren plant. Nicht einmal, wenn sie von der Bank bezahlt werden.

Das Rathaus hat bereits in den vergangenen Jahren über seine Verhältnisse gelebt - sprich: mehr ausgegeben als es eingenommen hat. Das ging nur gut, weil ein dickes Polster vorhanden war, das Kämmerer Ernst Wolowicz nun nach und nach aufbraucht. Allmählich ist absehbar, wann die Reserve auf dem "Girokonto" wie auch die in sparsameren Zeiten angelegten Finanzanlagen weg sind.

Dann helfen nur noch Schulden. Denn ohne Investitionen, das ist Konsens in den Rathausparteien, gefährdet die Stadt ihre Zukunft. Rund 25 000 Neu-Münchner gibt es pro Jahr. Die benötigen Wohnungen, Schulen, Kindergärten, Kulturangebote, Platz in der U-Bahn und Platz auf der Straße. Um dem einigermaßen gerecht zu werden, hat das Rathaus Projekte mit Kosten von rund 15 Milliarden Euro in der Pipeline.

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