859. Stadtgründungstag:Gewürfelte Komposition

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Die Hofmusikanten spielen auf, hier bei einem Auftritt in der Residenz (von links): Herbert Burger, Lucia Reiter, Alexander Baginski und Thomas Schaffert. (Foto: privat)

"Hofmusikanten" spielen zum 15. Mal beim Stadtgeburtstag

Ein Musikstück zu komponieren, ist kinderleicht. Was man dazu braucht? Nun, das Wichtigste sind Würfel. Nicht gewöhnliche Würfel, auf denen Zahlensymbole stehen, sondern solche mit Buchstaben: "C" zum Beispiel. Oder "A". Aber auch kurze Worte: "Fis", "Cis" oder "Dis". Wer sich mit Musik auskennt, weiß, was das zu bedeuten hat: Es sind Noten, die zwölf Töne der chromatischen Tonleiter. Und mit diesen Würfeln lässt sich prima komponieren. Das jedenfalls verspricht Thomas Schaffert, der Kontrabassist der "Hofmusikanten", die, wie jedes Jahr, beim Stadtgründungsfest musizieren.

Jetzt muss sich nur noch ein Kind finden, das sich freiwillig als Komponist zur Verfügung stellt. Anwärter gibt es genug. Im vergangenen Jahr gehörte etwa die sechsjährige Lilli zu denjenigen, die sich als Tonsetzer versuchten. Lilli also nahm die beiden Würfel, warf sie übers Pflaster, wo sie zum Stillstand kamen. Welche Buchstaben waren obenauf? "C" und "G". Das ging noch eine Weile so, immer neue Töne kamen hinzu, "Gis", "Cis" oder "H", die Schaffert auf einer Tafel notierte. Schon war eine Melodie fertig, genau so, wie Lilli sie gewürfelt hatte. Flugs fügte Schaffert die passenden Akkorde hinzu, und damit war das Werk reif für die Uraufführung: Die Melodie gefühlvoll zu intonieren, übernahm die Hofmusikanten-Geigerin Lucia Reiter, begleitet vom Gitarristen Alexander Baginski und dem Mandolinenspieler Herbert Burger. Schaffert selbst zupfte den Bass. Und was soll man sagen? Es klang prima, was Lilli da mit den Würfeln komponiert hatte.

Die Hofkapelle ist längst eine Institution beim Stadtgründungsfest. Und selbstverständlich sind die vier Musiker am Samstag und Sonntag wieder dabei, wenn der 859. Stadtgeburtstag zelebriert wird. Auch das Hofmusikanten-Quartett feiert ein kleines Jubiläum, es gehört seit 15 Jahren zum Kinderprogramm, welches das pädagogische Projekt "Kultur & Spielraum" gestaltet. Beim historischen Spektakel im Alten Hof können sich Kinder als mittelalterliche Löffelschnitzer, Köche, Töpfer oder Kupferschmiede versuchen, auch gibt es ein Detektivspiel mit dem Titel "Der Dieb im Schatten des Schwarzen Todes", bei dem ein Kriminalfall aus dem Jahre 1517 aufgeklärt werden muss. Manchmal gehören auch die Hofmusikanten zu den Verdächtigen, denn Musiker haben seit je den Ruf, liederliche Gesellen zu sein.

Nun, bisher ist die Hofkapelle um Lucia Reiter immer davongekommen. Es wäre auch ein Jammer, würde man sie ins Gefängnis werfen. Die vier bringen nämlich den Alten Hof zum Klingen, mit Arien aus Mozarts "Zauberflöte" ("Der Vogelfänger bin ich ja") ebenso wie mit bayerischen Gstanzln. Besonders schön ist es, erzählt Sänger und Gitarrist Alexander Baginski, wenn die Leute mitsingen. Beim Volkslied "Wenn alle Brünnlein fließen" zum Beispiel, wobei der Hofmusikant einräumt, dass es vor allem ältere Herrschaften sind, die das noch können. Und weil es in diesem Jahr um die Pestzeit geht, hat Baginski aus dem historischen Württembergischen Gebetbuch ein Pestgebet herausgesucht und vertont - auch dies eine Welturaufführung, komponiert allerdings ohne Würfel.

Ansonsten wartet das Stadtgründungsfest, das OB Dieter Reiter am heutigen Samstag, 11.10 Uhr, auf dem Marienplatz eröffnet, mit den gewohnten Attraktionen auf. Dazu gehören das Handwerkerdorf auf dem Odeonsplatz, der Kunsthandwerkermarkt oder die Tanzkurse im Alten Rathaus. Auf dem Marienplatz spielen unter anderem die "Isarrider", während man sich auf dem Rindermarkt der irisch-bayerischen Freundschaft widmet. Zum Gedenken an den Stadtpatron Benno findet zudem ein Fest der Kulturen an der Frauenkirche statt.

© SZ vom 17.06.2017 / wg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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