Kommentar:Man muss höher denken als nur 100 Meter

Hochhäuser in München

Auch neu gebaute Hochhäuser sind in München selten wirkllich hoch.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Will man es sich mit der Stadt nicht verscherzen, darf man als Investor die 100-Meter-Grenze für Hochhäuser nicht in Frage stellen. Wie absurd.

Kommentar von Sebastian Krass

Es klang vielversprechend und für Münchner Verhältnisse geradezu mutig, wie die Bayerische Versorgungskammer ihre neue Zentrale plante: mit drei Hochhäusern von 40, 60 und 115 Metern. Der Hochpunkt des Ensembles an der Richard-Strauss-Straße in Bogenhausen wäre das dritthöchste Bürogebäude in der Stadt geworden, einen Meter höher als der benachbarte HVB-Turm. So hieß es im Sommer. Es kam der Herbst, es kam eine Informationsveranstaltung. Und plötzlich hieß es, dass für den Architektenwettbewerb generell ein Limit von 100 Metern Höhe gilt (immerhin eine "Prüfvariante" von 115 Metern darf angedacht werden).

Es gebe Vorbehalte im Stadtrat, sagte der Projektleiter. Dort habe man auf den Bürgerentscheid von 2004 verwiesen, der eine Obergrenze von 100 Metern festschrieb. Und nun muss auch das Büro Herzog und de Meuron bei seiner Studie über die mögliche Bebauung des Paketposthallen-Areals bei 100 Metern das Denken einstellen. Der Bauherr, die Büschl Unternehmensgruppe, hat es so vorgegeben. Auch dort fürchtet man offenbar um das bisher wohlwollende Klima im Stadtrat.

Es ist zum Verrücktwerden, dass ein 14 Jahre altes, damals schon knappes Votum bis heute die Debatte über Hochhäuser in München bestimmt. Warum ein Gebäude auf keinen Fall die Frauenkirche überragen sein soll, selbst wenn es kilometerweit entfernt außerhalb des Mittleren Rings steht, war noch nie nachzuvollziehen. Seitdem aber haben sich die Stadt und ihre Bevölkerung massiv verändert. Die Nöte, die das Wachstum schafft, sind noch viel größer geworden.

Klar, Hochhäuser sind kein Allheilmittel, gerade Wohnbebauung in die Vertikale wird wegen der Sicherheitsbestimmungen schnell teuer. Aber innovativer Städtebau darf nicht einer nostalgischen Selbstbeschränkung wie der 100-Meter-Grenze unterliegen. Umso wichtiger und drängender ist die Hochhaus-Studie, die das Planungsreferat nun vergeben hat. Das Münchner Büro 03 Architekten soll mögliche Standorte und Dimensionen neuer Hochhäuser prüfen. Die Ergebnisse sollen im Sommer 2019 vorliegen. Hoffentlich wird sie zur Grundlage für einen Städtebau ohne Denkverbote.

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Die Paketposthalle nahe der Friedenheimer Brücke in München am 12.11.2018.

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