Stadtentwicklung:Isar-Wissen für Fortgeschrittene

Sonnenbad am Flaucher an der Isar

Bei schönem Wetter ist am Flaucher viel los. Öffentliche Toiletten sind aber bislang rar gesäht.

(Foto: dpa)

Warum heißt der Flaucher Flaucher und wie funktioniert das Pegel-Management am Sylventeinspeicher? Der Münchner Peter Klimesch hat ein Buch über die Isar geschrieben - mit einer deutlichen Warnung.

Von Tom Soyer

"Willkommen, edler Gebirgsfluss, willkommen in deiner Heimat, der Haupt- und Residenzstadt München. Endlich haben deine Wogen unsere Stadt berührt . . ." rühmt ein fiktiver Bürgermeister in Karl Valentins Werk "Die Gründung der Isar", und kann sich gar nicht genug loben ob seiner Tat, "der Errichtung einer Isar in der Stadt München". Inzwischen haben die Münchner wirklich da und dort einiges errichtet, vor allem aber haben sie seit 2011 der Isar nach der Renaturierung wieder viel Freiheit zurückgegeben - und den Münchnern eine ebenso schöne wie problematische Strand- und Partymeile.

Einer, der die Isar aus der Au seit vielen Jahren genauer im Blick hat, ist Peter Klimesch, Realschullehrer im Ruhestand für Deutsch, Erdkunde, Sozialkunde, früher auch schon mal Kulissenschieber bei einer Theaterbühne und einer, der selbst fünf Jahre lang in Schwabing eine Theaterbühne über Wasser gehalten hat. Mit Brecht und Karl-Valentin-Einaktern. Vor allem aber ist Klimesch Isarliebhaber und Isarkenner. In neuerer Zeit hat er sich immer wieder zu Wort gemeldet, wenn es in den Medien um seine Isar ging, bescheiden, aber extrem sachkundig. Er fährt nicht den Zeigefinger aus, er überzeugt mit Sachwissen, leise, aber sehr beharrlich.

Den Fluss hat eine berühmte Ausstellung des Münchner Stadtmuseums im Jahr 1983 mal einen "Lebenslauf" genannt für München. Und das scheint er auch für Peter Klimesch zu werden: Nach seinem Buch "Isarlust" (2011) und einem Werk über "Münchner Isarinseln" (2012) sowie einer herrlichen Monographie über die Au ("Drunt in der grünen Au", 2014) nebst einem Buch über alte Ansichten aus der Au ("Bilder aus der alten Au", 2015 und 2016) hat er jetzt sein gesammeltes Wissen über den Fluss in einem "Münchner Isarbuch" zusammengefasst.

Auf 192 Seiten mit rund 300, teils seltenen historischen Fotos breitet Klimesch den Stand der Dinge aus zu allem, was wissenswert ist. Ob es nun das Pegel-Management am Sylvensteinspeichersee ist, das die ehedem so zerstörerischen Hochwasser abdämpft, oder ob es die zunehmenden Wohnviertel-Gentrifizierungen überall dort sind, wo der Fluss nahe ist (Glockenbach-Suiten, Rodenstock-Gärten, Isar-Gärten).

Klimesch erklärt alle Brücken, ebenso, warum der Flaucher so heißt und dass es eine "Feuerwerksinsel" gibt (wo heute das Alpine Museum steht; inzwischen durch Aufschüttung mit der Praterinsel verbunden), wie es um die Bestrebungen für zusätzlichen Fußgängerbrücken oder ein Flussbad nach Pariser oder Züricher Vorbild ausschaut. Und auch, warum in der Stadt eine neue "Bade- und Bootsverordnung" diskutiert wird, von der sich Wassersportler mehr Freiheit erhoffen in Zeiten, in denen sich Verwaltung gerne aller Haftungsrisiken entledigt.

Klimesch gibt Literaturtipps, erzählt über Gewässerökologie, über Münchner Siedlungsgeschichte und ihre Isar-Bezüge, über die "Zähmung" des Wildflusses. Er stellt die aktuell recht zahlreichen Vereine auf und skizziert deren Engagement ("Die Isar und ihre vielen Freunde"), ob es nun das Münchner Forum ist, die "Urbanauten", der Verein "Deine Isar" (das sind die mit den "Scherben bringen nix!"-Plakaten) oder auch der Flößer-Kulturverein. Er benennt den Verleger und Autor Franz Schiermeier und die für die Isar einschlägige Autorin Christine Rädlinger - und liefert für alle, die auf seinen Seiten Lust auf mehr bekommen, am Ende eine ziemlich gute Bibliografie zum Thema, die verrät, dass er selbst seit Jahren gründlich sammelt und recherchiert.

Ein paar Spaziergänge runden das quadratische und auf jeden Fall auch praktische Werk ab, und auch da nutzt er seine Erfahrungen: Mal geht er mit Schulklassen die Ufer ab, bewaffnet mit Müllsäcken und überzeugendem Isarwissen, mal leitet er im selben Sinne Firmenmitarbeiter bei ihrem "sozialen Tag" an. Eine Illusion allerdings wäre es zu glauben, dass Peter Klimesch wirklich all sein Wissen preisgibt: Denn wo er selbst mit dem Radl an der Isar Station macht, um dem Huchen aufzulauern, das hat der passionierte Isarfischer natürlich verschwiegen.

Dafür meldet er sich in einem Ausblick deutlich zu Wort: Die "Kleine Isar", welche östlich der Museums- und der Praterinsel fließt, solle aus Gründen des Naturschutzes nicht für irgendwelche Nutzungen herangezogen werden. Denn was passiere, wenn doch, sei sehr deutlich an der sogenannten Weideninsel abzulesen. Die sei bei der Isar-Renaturierung ursprünglich als Vogelschutzinsel geschaffen worden, aber "längst von Isarromantikern als Badeinsel okkupiert". In einer Stadt, in der es "durch zunehmende Verdichtung immer enger wird", sei es ein großer Gewinn, wenn mit dem Lebenslauf Isar behutsam und respektvoll umgegangen werde, mahnt Klimesch. Alles nötige Wissen dazu hat der Autor, der am Fuße des Nockherbergs lebt, bereitgestellt.

Peter Klimesch, Münchner Isarbuch, München 2017, erschienen im Selbstverlag, 20 Euro, zu beziehen portofrei direkt beim Autor (Mail: p.Klimesch@gmx.de) oder in diversen Münchner Buchhandlungen.

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