Stadt will Investoren ermuntern:Mehr Wohnungen, weniger Parkplätze

Straßenschild aus dem Parklizenzgebiet Regerplatz in München.

Wer kostenlos am Regerplatz in München parken will, braucht eine Parklizenz für das Gebiet.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wer in München baut, muss auch für die nötigen Parkplätze sorgen. Doch in der Stadt mangelt es an bezahlbarem Wohnraum, darum soll es nun Ausnahmen bei der Stellplatzsatzung geben. Das Parkproblem könnte sich damit aber verschärfen.

Von Dominik Hutter

Auch wenn München in diversen Rankings immer ganz vorne liegt - in einem Punkt sieht es nicht besser aus als in anderen Großstädten: Parkplätze sind Mangelware, vor allem in der Innenstadt. Die Stadt versucht dem Problem mit zwei verschiedenen Instrumenten Herr zu werden: einer Stellplatzsatzung, die beim Wohnungsbau auch die Schaffung der entsprechenden Parkplätze verlangt; und der Ausweisung von Parklizenzzonen, die das Parken für Ortsfremde teuer macht und dadurch Platz für die Anwohner schaffen soll.

Doch jetzt will die Stadt den Zangengriff lockern - um damit den Wohnungsbau anzukurbeln. Für ihre Kritiker ist die strenge Stellplatzsatzung nämlich ein Hemmschuh für den Wohnungsbau. Denn die darin vorgeschriebene Schaffung von Parkplätzen erfordert gerade in den Innenstadtbezirken enorme Investitionen, in der Regel den Bau teurer Tiefgaragen.

Deshalb will der Stadtrat beim geplanten Neubau der Stadtwerke an der Katharina-von-Bora-Straße weniger Parkplätze vorschreiben als per Satzung festgelegt. Das ist pikant, denn die Adresse liegt mitten in einem Parklizenzgebiet, einer Zone also mit amtlich attestierter Parkplatznot. Dahinter stecke eine merkwürdige Logik, findet FDP-Fraktionschef Michael Mattar. Und auch SPD-Fraktionschef Alexander Reissl räumt ein, es handele sich um eine "interessante Debatte". Denn es sei tatsächlich nicht von der Hand zu weisen, dass das alles nicht recht zusammenpassen will.

Das Thema dürfte die Politiker noch intensiv beschäftigen. Eine Lockerung der Stellplatzvorgaben steht derzeit bei mehreren Parteien auf der Agenda. Auch im Planungsreferat wird bereits an Modellen getüftelt, wie man dem künftigen Parkplatzbedarf am besten gerecht wird.

Denn in München ist derzeit eine interessante, scheinbar widersprüchliche Entwicklung zu beobachten: Die Zahl der zugelassenen Autos steigt weiter an, allein zwischen 2010 und 2011 um 6,9 Prozent auf fast 737 000 Fahrzeuge mit M-Kennzeichen. Gleichzeitig aber beobachten die Planer zumindest in Teilen der Stadt einen spürbaren Verkehrsrückgang. Dafür gibt es eigentlich nur einen logischen Schluss: Viele Münchner gönnen sich den Luxus eines Autos, fahren aber immer seltener damit.

Berlin hat die Stellplatzsatzung längst abgeschafft

Das wiederum rückt die Parkplatzfrage noch mehr in den Mittelpunkt. Selbst die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger, die vehement für eine Lockerung der Stellplatzpflicht kämpft, räumt ein, dass zumindest die Zulassungszahlen der eigenen These widersprechen, die Münchner zeigten immer weniger Interesse am Auto. Vollkommen unbelegt sei das, warnt Reissl. Eine Absenkung der Stellplatzvorgaben könne man deshalb allenfalls in begründeten Einzelfällen vornehmen. Bei der Katharina-von-Bora-Straße etwa spiele der 34-prozentige Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen eine Rolle. Die Bewohner dieser Räume besäßen erfahrungsgemäß weniger Autos als der Durchschnitt der Münchner.

Noch ist unklar, wie die Debatte bei der SPD ausgeht. Reissl hält, eben wegen der bereits vorhandenen Möglichkeit zu flexiblen Ausnahmen, eine Änderung der Stellplatzsatzung nicht für notwendig. Ähnlich argumentiert CSU-Planungsexperte Walter Zöller. Dieter Reiter, der OB-Kandidat der SPD, hat dagegen schon mehrfach Sympathie für reduzierte Vorgaben bekundet.

Die Grüne Nallinger verweist gerne auf Berlin, wo man mit der schon in den 1990er Jahren erfolgten Abschaffung der Stellplatzsatzung gute Erfahrungen gemacht habe. Die Politikerin, im Hauptberuf Verkehrsplanerin bei der MVG, sieht vor allem bei der jungen Generation einen Bewusstseinswandel: weg vom eigenen Auto, hin zu Fahrrad und MVV. Oder vielleicht auch zum Car-Sharing, Nallinger zählt zu den Initiatoren von "Stattauto". "Der Wandel ist da", davon ist sie trotz der steigenden Zulassungszahlen überzeugt.

Um das andere Instrument - die Parklizenz - einführen zu dürfen, muss die Stadt strenge Vorgaben erfüllen. Die Parkplatzsituation in dem jeweiligen Gebiet muss genau unter die Lupe genommen werden, bevor das Wapperl unter die Leute kommt. Wichtigste Voraussetzung ist ein messbarer Parkplatz-Engpass. Da sieht es natürlich nicht gut aus, wenn gleichzeitig bei der Stellplatzsatzung Entwarnung signalisiert wird. Reissl rechnet trotzdem nicht damit, dass ernsthafte juristische Probleme mit der Lizenz-Regelung anstehen, wenn bei einzelnen Neubauten weniger Stellplätze vorgegeben werden. Allenfalls langfristig sei ein nachweisbarer Effekt im Stadtviertel zu erwarten.

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