Staatsregierung schließt Amerika-Haus:"Unermüdlich für den transatlantischen Dialog"

Der Botschafter der USA, Philip D. Murphy, über den Beschluss der Staatsregierung, das Gebäude zu schließen.

Phil Murphy

Am 21. August 2009 bin ich als designierter US-Botschafter in Deutschland angekommen. Gleich mein erster dienstlicher Besuch in Bayern führte mich einen Monat später in das Münchner Amerika-Haus. Ich erinnere mich genau: Der Theatersaal platzte aus allen Nähten.

Amerika-Haus in München, 2011

Bald Geschichte: Das Amerika-Haus am Münchner Karolinenplatz.

(Foto: Stephan Rumpf)

500 Schülerinnen und Schüler waren aus Amberg, Bamberg, Freising, Landshut, Mühldorf am Inn, München, Prien am Chiemsee und Waldkraiburg angereist - im Gepäck zahlreiche kluge Fragen und durchdachte Kommentare zu den bayerisch-amerikanischen Beziehungen. Diese Erfahrung zeigte mir auf eindrucksvolle Weise, wie bedeutsam dieses Haus auch in der heutigen Zeit ist.

Das Amerika-Haus, in den 1950er Jahren im Geiste der Offenheit konzipiert, lädt geradezu zum Dialog ein. Die verglaste Kuppel, das lichtdurchflutete Foyer, die von außen einzusehende Bibliothek - all dies setzte in der Nachkriegszeit einen Kontrapunkt zur betondominierten Machtarchitektur des Nationalsozialismus. An seinem jetzigen Standort engagiert sich das Haus seit 1957 unermüdlich für den transatlantischen Dialog.

Dies geschah in den ersten 40 Jahren unter der Ägide der amerikanischen Regierung. 1998 wurde das Haus mit der Gründung des Bayerisch-Amerikanischen Zentrums im Amerika-Haus München e. V. zur bayerischen Institution. Beim Freistaat Bayern möchten wir uns ausdrücklich für deren jahrelange Förderung bedanken. Großer Dank gebührt auch den engagierten Mitarbeitern des Amerika-Hauses und den vielen ehrenamtlichen Unterstützern.

Für uns bleibt diese Begegnungsstätte von zentraler Bedeutung für die Pflege und den Ausbau der bayerisch-amerikanischen Beziehungen. Woche für Woche findet dort eine Fülle von Veranstaltungen zu wichtigen transatlantischen Themen statt. Der Besucherstrom von jährlich 50 000 Gästen aus ganz Bayern, darunter 15 000 Schülern und Studenten, verdeutlicht dessen anhaltende Relevanz und Popularität.

Die junge Generation besucht die beliebten Theateraufführungen und Schülervorträge zu aktuellen Themen, Austauschmessen sowie Vorbereitungsseminare für den USA-Aufenthalt. Auch Führungskräfte und Meinungsbildner, darunter 450 Lehrer, frequentieren das lebendige Haus und geben ihre Erkenntnisse vielfach weiter.

Gemeinsam mit dem Bayerisch-Amerikanischen Zentrum (BAZ) und der Bayerischen Amerika-Akademie (BAA) realisiert das US-Generalkonsulat München zahlreiche Veranstaltungen, die ohne dieses Haus nicht zu verwirklichen wären. Deswegen investiert das US-Außenministerium weiter in erheblichem Maße in das Amerika-Haus. So trugen wir im Jahr 2010 Geld- und Sachleistungen bei, die der Hälfte des Programmbudgets des BAZ entsprachen.

Neben der engen Partnerschaft mit den amerikanischen Vertretungen ist das Haus fest im Münchner Kulturleben verwurzelt. Seine kulturelle Expertise, zentrale Lage und sein Zuschnitt machen es bereits jetzt zu einem integralen Bestandteil des aufstrebenden Münchener Kunstareals. Langfristig angelegte Kooperationsabsprachen mit den Pinakotheken und dem künftigen NS-Dokumentationszentrum belegen dies. In den letzten Jahren sind die bayerisch-amerikanischen Beziehungen, insbesondere im Wirtschaftsbereich, noch intensiver geworden.

Eine Win-Win-Situation schaffen

Die USA sind Bayerns zweitwichtigster außereuropäischer Handelspartner. 20 Prozent des deutsch-amerikanischen Handelsvolumens in Höhe von 110 bis 120 Milliarden Dollar pro Jahr entfallen auf Bayern. Im Zuge der globalen Vernetzung der Absatz- und Finanzmärkte nimmt auch die Bedeutung bayerisch-amerikanischer Wirtschaftsforen weiter zu.

Dies spiegelt sich in der fruchtbaren Zusammenarbeit des Amerika-Hauses mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und der American Chamber of Commerce in Germany wider. Auch politische Stiftungen und die Gesellschaft für Außenpolitik schärfen mit hochkarätig besetzten Diskussionsveranstaltungen sein transatlantisches Profil.

Die im Amerika-Haus beheimateten wissenschaftlichen Einrichtungen haben Strahlkraft auf ganz Bayern und darüber hinaus. Die BAA koordiniert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Amerika für alle Universitäten in Bayern. Das Lasky Center for Transatlantic Studies, das seine Existenz der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder verdankt, hat dort ebenso 2010 eine Heimat gefunden. Im Fokus der Aktivitäten stehen Nachlass und Bibliothek von Melvin Lasky, einem der wichtigsten transatlantischen Intellektuellen der Nachkriegszeit.

Wir respektieren das Anliegen der bayerischen Staatsregierung, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), selbst eine bedeutende wissenschaftliche Einrichtung mit großem transatlantischen Potential, dauerhaft in Bayern zu verankern. Die öffentlichen Reaktionen auf den Ministerratsbeschluss vom 2. August zeigen jedoch, dass man in Bayern auch die Arbeit des Amerika-Hauses nach wie vor sehr zu schätzen weiß.

Ich bin davon überzeugt, dass sich die Zielsetzungen der acatech und des Amerika-Hauses überschneiden und Chancen für Synergieeffekte bergen. Im Dialog mit der Staatskanzlei, dem Wissenschaftsministerium, dem Landtag und den betroffenen Institutionen werden wir weiter die bestmögliche Lösung für die Fortsetzung der Arbeit des Amerika-Hauses suchen.

Lassen Sie uns eine Win-Win-Situation schaffen, die es auch meinen Nachfolgern erlaubt, in München mit 500 jungen Menschen im Amerika-Haus in einen direkten Dialog zu treten.

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