Nach der knapp verpassten Zweitligarelegation bereitet sich die SpVgg Unterhaching in Grassau am Chiemsee auf die Drittligasaison vor. Vor dem Test gegen Red Bull Salzburg (Di., 18 Uhr, Grassau) kommt Trainer Ralph Hasenhüttl mit Sonnenbrand und müden Beinen zum Interview, bei dem der getigerte Hauskater des Hotels bei ihm Platz nimmt - die Vorbereitung geht auch an dem 41-jährigen Österreicher nicht spurlos vorbei.
SZ: Sie sind schön geschafft, oder?
Ralph Hasenhüttl: Wir sind heute in eineinhalb Stunden den Geigelstein hoch, der hat über 1800 Meter, für uns waren das 1300 Höhenmeter. Das war bisher das Anstrengendste, was wir gemacht haben. Aber wenn du dann mit der Mannschaft am Gipfelkreuz bist, ist das ein gutes Gefühl. Auch für die Jungs, das ist gut für die Stimmung.
SZ: Der Wechsel von Stürmer Anton Fink steht weiter im Raum. Stört die Ungewissheit die Vorbereitung?
Hasenhüttl: Der Zeitpunkt für einen Wechsel ist allmählich nicht mehr gut, denn je länger es dauert, desto schwerer kann man auch reagieren. Das ist für uns also kein Thema mehr. Ich gehe jetzt mal fest davon aus, dass Toni bei uns bleibt. Denn wenn er geht, musst du auf einen Schlag 21 Tore ersetzen, und das geht jetzt nicht mehr. Das geht bei unserem Budget ohnehin nicht.
SZ: Nicht nur Fink hat sich in den Fokus gespielt - die SpVgg wird von der Konkurrenz erneut als Aufstiegskandidat gehandelt. Zurecht?
Hasenhüttl: Angesichts unseres Budgets wäre es vermessen, vom Aufstieg zu sprechen. Und jeder weiß, dass es diesmal viel, viel schwieriger für uns wird als letzte Saison, denn wir haben viele junge Spieler dazubekommen, nur Leandro ist mit 28 älter. Der Altersdurchschnitt beim Testspiel gegen Obing war 22 Jahre, weil Kampa und Tyce gefehlt haben - das ist Wahnsinn und wohl das jüngste in der Liga. Auch auf der Bank ist gerade keiner, der viel Erfahrung hat. Aber das größte Kopfzerbrechen machen mir momentan wirklich meine Torhüter. Bei Darius Kampa, der eine Vorwölbung der Bandscheibe hat, weiß gerade keiner, was wird. Christian Berchthold hat Patellasehnenprobleme und spielt auch nicht. Wir sind momentan mit unseren Nachwuchstorhütern Kai Fritz und Matthias Luginger da. Sollte es bei Kampa zu einer Operation kommen, müssen wir auf der Eins natürlich etwas machen, da müssen wir uns langsam umschauen.
SZ: Abwehrchef Ralf Bucher hat die Karriere beendet, Kapitän Roman Tyce fehlt mit muskulären Problemen, Torwart Darius Kampa droht länger auszufallen - wer führt die Hierarchie an?
Hasenhüttl: Roman wird bald zurückkommen, das tut uns auch gut, wir brauchen ihn. Er hat Qualität und ist ein erfahrener Spieler, der die Jungs führt. Momentan haben wir überhaupt keine Erfahrung auf dem Platz, und das merkst du auch. Nur junge Spieler, das ist ganz nett, aber mit Bucher, Tyce und Kampa fehlt uns gerade die komplette Achse.
SZ: Wie wirkt sich das aus?
Hasenhüttl: Der Mannschaft fehlt einfach die Stabilität. Du merkst zwar, wie sich in dieser jungen Truppe gerade neue Hierarchien bilden, aber wir sind längst noch nicht so weit wie letztes Jahr, als wir fast unverändert in die Saison gegangen sind. Ich habe jetzt Robert Zillner als Kapitän in die Verantwortung genommen, die übernimmt er auch und marschiert vorneweg. Jetzt müssen eben andere die Lücken schließen, aber das wird nicht leicht. Das hat man gegen Innsbruck gesehen: Die haben wir letztes Jahr noch 4:0 besiegt, jetzt gab es ein 1:1.
SZ: Immerhin trifft dafür plötzlich Tobias Schweinsteiger.
Hasenhüttl: Tobi macht sich gut, er hat gegen Innsbruck getroffen und auch gegen Obing vier Tore geschossen. Er sieht natürlich seine Chance: Thomas Rathgeber ist nicht dabei, er hat es an der Patellasehne, da muss Tobi jetzt sehen, dass er die Vorbereitung nutzt und sich Selbstvertrauen holt und einen Stellenwert erarbeitet, indem er Tore macht.
SZ: Das klingt, als wenn Sie mitten in einem Neuaufbau stecken?
Hasenhüttl: Das ist auch so. Wir haben viele neue Spieler, die wir integrieren müssen und die auch Stammspieler ersetzen müssen. Unser Mittelfeld stellt sich fast komplett neu auf: Ricardo Villar ist weg, Oliver Fink ist weg, von unserem Prunkstück im letzten Jahr ist eigentlich nur Tyce hier, und der fehlt gerade. Wir haben diese Saison eine komplett neue Schaltzentrale.
SZ: Wer springt da in die Bresche?
Hasenhüttl: Gegen Obing etwa hat Marco Pasiciel auf der Sechs gespielt. Der geht noch zur Schule und hat zur Zeit eine Gipshand, aber er macht seine Sache sehr ordentlich. Manuel Konrad könnte da auch spielen, aber der gefällt mir mit seiner Dynamik und Schnelligkeit gerade in der Innenverteidigung sehr gut. Und Roman Tyce kommt ja bald zurück, das ist auch nötig. Denn ohne ihn wird es schwer, er ist der einzige mit Erfahrung. Aber wenn die Erfahrung fehlt, muss das eben die Laufbereitschaft wettmachen. Mit dieser Tugend haben wir auch vergangene Saison viel geschafft.
SZ: Zum Auftakt haben Sie Ende Juli ein Heimspiel gegen Sandhausen, danach geht es gleich zum FC Bayern II. Vermissen Sie Hermann Gerland?
Hasenhüttl: Die Bilanz gegen den Tiger war für mich sehr positiv: Drei Spiele, zwei Siege, ein Unentschieden, das ist schon schön. Aber ich freue mich für ihn, dass er den Sprung gemacht hat. Gegen Bayern II wird es jetzt an der Seitenlinie wohl ruhiger zugehen. Dass wir diese Englische Woche zu Saisonbeginn sozusagen durchgehend daheim antreten dürfen - das dritte Spiel ist schon der DFB-Pokal gegen Bielefeld - ist natürlich toll. Mal schauen, was wir zustande bringen.