SpVgg Unterhaching:Härte erwünscht

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Tobias Schweinsteiger hat in vier Spielen vier Treffer erzielt. Mit diesem Erfolg arbeitet der junge Profi in Haching an seinem Comeback.

Kathrin Steinbichler

Fußball wirkt auf den ersten Blick oft einfach: Am Ende eines Spiels erzählen die Zahlen, wer der Sieger und offenbar der Bessere ist. Tobias Schweinsteiger weiß, dass er in diesem Geschäft an Zahlen gemessen wird, gerade er als Stürmer muss sich immer wieder aufs Neue mit Toren beweisen. Und zur Zeit sprechen die Zahlen für ihn: Vier Tore hat Schweinsteiger in den ersten vier Drittligapartien für die SpVgg Unterhaching gemacht, nur der Sandhausener Regis Dorn hat mit sechs Toren noch öfter getroffen.

Tobias Schweinsteiger startet hoch motiviert in die neue Saison. (Foto: Foto: Schunk)

"Naja", sagt Schweinsteiger und schaut ernst, "da waren ja auch zwei Elfmeter dabei." Später sagt er an anderer Stelle: "Das waren jetzt vier Spiele, das ist nicht die Welt." Lasst mal die Kirche im Dorf, Leute, soll das heißen. "Im Fußball kann es immer ganz schnell gehen", sagt Schweinsteiger.

Dass das Leben sich von einem Moment auf den anderen ändern kann, weiß Schweinsteiger nur zu gut. Bastian, sein jüngerer Bruder, war 18, als er 2002 erstmals für die Profis der FC Bayern auflief und dabei so überzeugte, dass er einen Monat später vom Amateur- zum Lizenzspieler wurde. Wenig später war Bastian auch Nationalspieler, seitdem wird er mal bejubelt, mal ausgepfiffen, mal bewundert, mal kritisiert.

Auch Tobias muss sich nach schlechteren Spielen Pfiffe gefallen lassen, nach Toren bekommt er dafür Applaus - die Gunst der Fans und die Fairness der Gegner sind kein sicheres Gut, "so was muss man aushalten können, da muss man drüber stehen", sagt Tobias, der zwei Jahre Ältere.

Seitdem muss er mit dem Vergleich leben: Mal sehen die Leute in ihm nur den Bruder des Nationalspielers, manchmal den eigenständigen Fußballer. 2004 wechselt Tobias deshalb von Ismaning zum drittklassigen VfB Lübeck in den Norden, "das hat mir gut getan", sagt er, "weil der direkte Vergleich weg war". Für die Kollegen und die Fans in Lübeck war er, was er ist: Tobias Schweinsteiger, Stürmer und Bayer. Ein Mann mit strammen Waden, schnellen Beinen und einer Technik am Ball, die von großem Talent zeugt.

"Ich habe Spaß an dem, was ich mache" Dass es bei ihm wohl etwas weniger ist als beim Bruder, damit kann Tobias leben, "ich habe Spaß an dem, was ich mache". Nach zwei Spielzeiten wechselt er zum Zweitligisten Braunschweig, wird dort noch vor seinem ersten Zweitligaspiel ohne eigene Schuld in einen Autounfall verwickelt, bei dem ein Kind stirbt. Von da an ist für Tobias Schweinsteiger nichts mehr normal. Einsätze, Tore, Geld - was sind schon Zahlen gegen das Leben?

Schweinsteiger kämpft sich zurück in den Alltag, geht weiter seinem Job nach, der ja auch seine Leidenschaft ist. Nach einer Saison in Braunschweig wechselt er für die Hinrunde wieder nach Lübeck, im Winter 2007 kommt er schließlich nach Unterhaching, zurück in den Süden. Weg zieht es ihn derzeit nicht mehr, "ich fühle mich hier sehr wohl". Seit etwas mehr als einem Jahr lebt Tobias Schweinsteiger jetzt wieder in Rosenheim, seiner Heimatstadt, "das ist das Beste, da passt es einfach.

Die Leute, mit denen ich da unterwegs bin, sind alles Spezl, die ich noch von früher kenne. Die kennen auch den Basti, da ist das nicht stressig." Jeder der Brüder hat sein eigenes Leben, doch sie tauschen sich aus, sind gemeinsam unterwegs, sind einfach - Brüder. Der sportliche Vergleich mit dem Bruder kommt jetzt auch kaum mehr. "Das ist alles ruhiger geworden, die Leute kennen uns hier." Und er kennt sich auch: "Ich bin schon einer, der eine Ansage braucht."

"Ich wollte besser sein als letztes Jahr" Ralph Hasenhüttl, sein Trainer, glaubt nicht, "dass der Tobi jetzt so viel anders macht", nur: "Er ist mittlerweile nicht mehr so beratungsresistent." Tobias lacht, als er das hört, und bestätigt: "Da hat er Recht. Man muss auf die Leute hören, die einem Gutes wollen. Und der Trainer ist da schon dahinter und packt mich auch mal ein bisschen härter an. Ich brauche das, ich höre da schon drauf."

Dass er Härte aushält, ist in dieser Saison bislang deutlich zu sehen: Schweinsteiger setzt seinen Körper noch mehr ein, zieht nicht zurück, sondern geht in jeden Ball, erspielt sich so Chancen oder eben Tore. Woran es liegt, ist für ihn kein Geheimnis: Erstmals in Haching konnte er eine Vorbereitung voll mitmachen, vergangenen Sommer hatte ihn eine Schambeinentzündung außer Gefecht gesetzt.

Jetzt hat Schweinsteiger die Testspiele mitgemacht, "da holt man sich Selbstvertrauen über die Tore und Sicherheit im Stellungsspiel, bei Ecken zum Beispiel", auch sein Laktatwert hat sich verbessert. Dass er topfit ist, ist auch Hasenhüttl nicht verborgen geblieben, und so ist Schweinsteiger seit Anton Finks Wechsel zum KSC der neue Stürmer Nummer Eins, auch im Heimspiel gegen Osnabrück (Sa., 14 Uhr). Sein Saisonziel muss er jetzt neu definieren: "Ich wollte besser sein als letztes Jahr", sagt Schweinsteiger und grinst, "das ist mir gelungen." 34 Mal hat er gespielt, 24 Mal wurde er aus-, drei Mal eingewechselt, drei Tore hat er dabei geschossen. Aber das, das sind nur Zahlen.

© SZ vom 21.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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