Sportschießen:Schützen-Scharmützel

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Arben Kucana redet gern drauflos, in der Mannschaft sei das nicht gut angekommen, hört man. Jetzt darf er nicht mehr mitmachen – und schweigt. (Foto: Claus Schunk)

Ein Streit zwischen neuem und altem Trainer bringt das Saisonziel der Pistolenschützen der HSG München in Gefahr.

Von Julian Ignatowitsch, München

Helmut Fischer muss in diesen Tagen etwas moderieren. Den Schützenmeister der HSG München erwartet am Wochenende eine ungewohnte Aufgabe: Er betreut die Bundesliga-Mannschaft der Pistolenschützen beim Wettkampf in Waldenburg, sozusagen als Trainer. Dabei hat die HSG eigentlich gerade einen neuen Trainer bekommen. Einen neuen alten Trainer: Detlef Polter. Polter war jahrelang für das Bundesliga-Team zuständig und durchaus erfolgreich, auch wenn es nie für eine Meisterschaft reichte. Vor dieser Saison wurde Polter dann überraschend durch den Schützen Arben Kucana abgelöst, der die zweite Mannschaft trainiert hatte und sich nun für größere Aufgaben beweisen sollte. Nach nur sieben Wettkämpfen wechseln die Münchner aber jetzt wieder zurück zu Polter. Und der kann nicht beim ersten Wettkampf dabei sein, weil er noch die Jugendmannschaft betreut. Es ist kompliziert.

Offiziell begründen die Münchner den Trainerwechsel mit der "schwierigen Doppelbelastung" für Kucana. Er hatte teilweise selbst weiterhin am Schießstand gestanden und eher nebenbei die Mannschaft gecoacht. "Das hat nicht funktioniert", sagt Fischer. Die Ergebnisse des Schützen Kucana waren schlechter als sonst und der Trainer Kucana konnte sich nicht zu 100 Prozent um die Teambelange kümmern. So ging der ein oder andere Wettkampf unglücklich verloren. Das erklärte Ziel Finalrunde, wofür die HSG einen Platz unter den ersten Vier in der Gruppe Süd erreichen müsste, ist in Gefahr. Momentan steht sie auf Platz sechs.

Da der Albaner Kucana, ein ehemaliger Olympia-Teilnehmer, zu den Spitzenschützen der HSG gehört, soll er sich wieder ganz auf seine sportliche Leistung konzentrieren und das Team so verstärken. Allerdings - und jetzt wird es paradox - ist er bei den kommenden Duellen gegen Ludwigsburg (8. Dezember, 16 Uhr) und Fürth (9. Dezember, 11.30 Uhr) gar nicht aufgestellt. Obwohl er nach eigener Aussage bereit stünde, hat ihn Trainer Polter nicht berücksichtigt.

Weder Polter noch Kucana wollen sich zu dem Fall äußern. Fischer sagt trocken: "Das ist die Entscheidung des Trainers." Also des neuen Trainers Polter. Dass die beiden Mitarbeiter der HSG, Polter und Kucana, nicht die besten Freunde sind, kann man sich denken. Auch ihr Führungsstil unterscheidet sich. Kucana hatte vor der Saison noch von "mehr und besserer Kommunikation" gesprochen, die er davor vermisst hatte. Während Polter ein ruhiger, introvertierter Typ ist, der lieber schweigt, redet Kucana gerne drauflos. In der Mannschaft kam das wohl nicht so gut an. Einige Schützen waren nicht zufrieden, hört man aus dem Umfeld. Zudem habe sich Kucana selbst häufiger als Schütze eingeteilt als geplant. Das ist dann also der inoffizielle Teil für den Wechsel.

Dass die HSG München so noch das Bundesliga-Finale erreicht, erscheint unwahrscheinlich. Man müsste dafür wohl alle vier ausstehenden Wettkämpfe gewinnen, was schwer genug ist. Und gerade an den hinteren Positionen vier und fünf fehlen die Leistungsträger. Deswegen war Kucana ja immer wieder selbst an den Stand gegangen. Der neu in den Kader gerückte Florentin Kunzlmann hat weiterhin Probleme, sich an das Bundesliga-Niveau zu gewöhnen. "Im Training schießt er stark, im Wettkampf zeigt er Nerven", erläutert Fischer. Zuletzt schoss er sogar unter 360 Ringe, ein guter Hobbyschütze trifft normalerweise besser.

Immerhin die anderen drei Deutschen, Michael Heise, Aleksandar Todorov und Andreas Martin, haben sich stabilisiert. Ganz vorne tritt in Olena Kostevych eine der besten Sportlerinnen der Liga an, die trotz Babypause sofort wieder auf Weltklasse-Niveau schießt. Fischer spricht dann aktuell auch lieber über andere Themen als die Bundesliga. Am Telefon erzählt er lachend von einer kuriosen Zeitungsgeschichte ("Die dachten, uns gehört der Hauptbahnhof") und von den bald neu aufgelegten Vereins-Jahrhundertscheiben: "Eine große Tradition seit 1719." Der Stimmung ist das sicher nicht abträglich.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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