Sportschießen:"Diese Frau ist einfach Wahnsinn"

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Schützin mit Strahlkraft: Weil Barbara Engleder beim Bund schießt, wechselte auch die Mühlheimerin Lisa Haensch nach München. (Foto: Claus Schunk)

Olympiasiegerin Barbara Engleder führt den Bund zum Auftakt der Luftgewehr-Bundesliga zu einem Sieg.

Von Julian Ignatowitsch, München

Sie hat nichts verlernt. Olympiasiegerin Barbara Engleder streckte nach ihrem Wettkampf in der Luftgewehr-Bundesliga in München-Allach kurz die Faust nach oben, dann ging sie mit einem Lächeln vom Schießstand und umarmte Trainer Norbert Ettner: 399 Ringe, am ersten und zweiten Tag. Fast jeder Schuss perfekt, nur einen Zähler unter der möglichen Maximalpunktzahl. "Diese Frau ist einfach Wahnsinn", meinte Teammanager Simon Muschiol und ein Zuschauer klingelte wie auf Kommando mit der Kuhglocke. Die 35-jährige Nummer eins vom Bund München hat vor gut einem Jahr ihre internationale Karriere beendet. Für ihren Verein tritt sie aber noch in der Liga an und war am Auftaktwochenende gleich wieder mit Abstand die Beste. Die Mannschaftskollegen waren nicht so souverän. Trotz Engleders Spitzenleistung reichte es für den Bund nur zu einem Sieg gegen Saltendorf (4:1) und einer Niederlage gegen Fürth (2:3). "Das ist okay", meinte Muschiol, und bevor er allzu kritisch werden konnte, kam schon Engleder vorbei und schwärmte von einem Sporterlebnis "wie auf Droge". Der Wettkampf, die Zuschauer, die Teamkollegen - irgendwie habe sie das ja schon alles sehr vermisst. Neben ihrer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten in Triftern trainiert sie nur noch selten und Wettkämpfe schießt sie ja ohnehin kaum mehr. Also, "gut, dass es die Bundesliga gibt".

Die Olympiasiegerin fühlt sich bei ihrer Rückkehr "wie auf Droge"

Das fanden auch die 100 Zuschauer am Sonntagvormittag. Sie sahen viele enge Entscheidungen: Lisa Haensch rettete den Vorsprung von einem Ring (392) mit drei Zehnern zum Schluss gerade so ins Ziel, aber weil der Franzose Pierre-Edmond Piasecki (392 Ringe) gegen die 46-jährige Schießsportlegende Sonja Pfeilschifter kurz vor Schluss nur eine 9,9 traf, ging der Bund gegen Fürth doch als Verlierer vom Stand. Das Publikum applaudierte trotzdem fair, während Piasecki am liebsten sein Gewehr zur Seite geschmissen hätte. "So ist das eben", sagte Muschiol und deutet auf die Leinwand, die das Schussbild der Athleten zeigte. "Vogelwild", meinte er zu den verstreuten Treffern von Piasecki, Engleders Grafik zeigte einen Punkt in der Mitte. "Das ist der Unterschied."

Im Publikum mutmaßte schon einer: "Das wird in dieser Saison wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Finalplätze." Der vierte Platz, den die Münchner nach dem ersten Wochenende belegen, qualifiziert als letzter für das Viertelfinale im Februar. Bis dahin sind aber noch neun Wettkämpfe auszutragen. Die Endrunde ist das erklärte Ziel der Zugänge Haensch und Denise Erber, die vor der Saison von Waldkraiburg nach München wechselten. Während Haensch ihre neue Aufgabe beim Bund entspannter angehen kann, weil sie nicht mehr von der Spitzenposition antreten muss, ist es für Erber die erste richtige Bundesligasaison. Beide betreiben das Schießen nur semi-professionell, das heißt, sie können sich zwar mit den Profis messen, leben aber nicht vom Nationalkader und der Sportförderung. Für den Bund sind sie auf jeden Fall eine Verstärkung und nehmen die gut einstündige Anfahrt aus Mühlheim (Haensch) und Augsburg (Erber) gerne in Kauf. "Barbara ist menschlich wie sportlich ein großes Vorbild für mich", sagte Haensch. "Als ich das Angebot bekommen habe, mit ihr in einer Mannschaft zu schießen, habe ich sofort ja gesagt." Freundin Erber nickt zustimmend. Später nimmt Engleder noch mal alle in den Arm. Ein "Danke" an die Helfer, die die Tennishalle in gut vier Stunden zur Schießanlage umfunktioniert haben. Dann muss sie nach Hause: Mann Jürgen und Sohn Tobias würden schon warten und sie müsse auch noch ein bisschen für die Berufsschule büffeln. "Schee, dass ihr alle da warts!"

Direkt an die guten Leistungen aus der Vorsaison knüpfte Germania Prittlbach an. Bei den zwei Siegen gegen Fürth (3:2) und Petersaurach (4:1) lieferte der Münchner Vorstadtklub zweimal ein starkes Mannschaftsergebnis von mehr als 1970 Ringen ab. Die beste Schützin war aber die herzliche Hobbyathletin Barbara Engleder.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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