Volleyball:Zankapfel Henning

Lesezeit: 3 min

"Ich habe das Projekt hier aufgebaut. Klar möchte ich weitermachen": Trainer Bastian Henning, 28, hat aber nicht die volle Unterstützung der DJK. (Foto: Claus Schunk)

Frauen-Zweitligist DJK München-Ost gewinnt das wichtige Abstiegsduell gegen Bad Soden, doch ihr Trainer steht vor der Ablösung

Von Fabian Swidrak, München

Geduscht und mit geföhnten Haaren schlurfte Rebecca Seifert den Gang entlang, ihre Sporttasche über die rechte Schulter geworfen. Spielerinnen in verschwitzten Trikots kamen ihr entgegen, sie hatten Bier- und Sektflaschen in der Hand, sie lachten. Seifert lachte nicht. Ihre Mundwinkel waren nicht erkennbar nach unten geneigt, aber eben auch nicht nach oben gerichtet, wie man es nach einem so immens wichtigen Sieg wie dem gegen die TG Bad Soden erwarten würde. Souverän mit 3:1 Sätzen hatten die abstiegsbedrohten Volleyballerinnen der DJK Sportbund München-Ost das vorgezogene Endspiel um den Klassenerhalt gewonnen, auch Seifert hatte daran ihren Anteil gehabt. Bei einer Niederlage wäre der Abstieg in die dritte Liga kaum noch zu vermeiden gewesen. Nun aber steht Gegner Bad Soden in der Tabelle auf dem letzten, dem Abstiegsplatz. Fünf Spieltage vor dem Saisonende kann München die Klasse wieder aus eigener Kraft halten. "Wir haben mit Spaß gespielt und den Willen gezeigt, der uns zuletzt gefehlt hat", sagte nach dem Spiel Libera Nadine Raß.

Natürlich freute sich auch Seifert über diesen Erfolg, auch sie war nach dem Match Arm in Arm mit ihren Teamkolleginnen und Trainer Bastian Henning im Kreis gesprungen, hatte sich von den Zuschauern für eine starke Mannschaftsleistung feiern lassen. Nun aber war die 27-Jährige, die zugleich Teammanagerin der DJK ist, mit ihren Kräften am Ende. Möglichst schnell wollte sie nach Hause ins Bett. Nicht nur eine Erkältung hatte ihr in den vergangenen Tagen zugesetzt, auch als Verantwortliche der DJK waren die Zeiten schon einmal weniger kompliziert. Der Samstagabend rund um den wichtigen Sieg gegen Bad Soden offenbarte nämlich auch erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Entscheidungsträgern des Zweitligisten.

Am vergangenen Donnerstag hatte DJK-Abteilungsleiter Sebastian Böhm der Süddeutschen Zeitung überraschend gesagt, der Verein habe Trainer Henning mitgeteilt, dass er sich für die kommende Saison nach einem neuen Chefcoach umsehe. Darauf anspielend fragte der Hallensprecher Henning direkt nach dem Spiel am Samstag durch das Mikrofon, ob er dem Verein denn über die aktuelle Spielzeit hinaus erhalten bleibe. Hennings Antwort: "Ja, natürlich." Einige Minuten später sagte er über die von Böhm verkündete Trennung verwundert: "Mit mir hat darüber niemand gesprochen. Ich habe das ganze Projekt hier aufgebaut. Klar möchte ich gerne weitermachen."

Henning, 28, ist seit sechs Jahren Trainer der Münchnerinnen, mit drei Aufstiegen hintereinander führte er die Mannschaft von der Bayernliga in die zweithöchste deutsche Spielklasse. Weil er derzeit am Chiemsee eine Ausbildung zum Segelbauer absolviert, kann er das Team jedoch nur noch drei Mal pro Woche trainieren statt bis zu sechs Mal wie noch in der vergangenen Saison. "Mit der aktuellen Situation sind wir nicht ganz zufrieden", sagte deshalb Teammanagerin Seifert. Bestätigen aber könne sie Hennings Ausscheiden als Cheftrainer zum Saisonende nicht. Vielmehr sei sie überrascht gewesen von Böhms Äußerung. "Wir haben seitdem viel diskutiert. Das sollte so in der Situation nicht raus. Das war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt."

Formal fällt die Besetzung des Trainerpostens in den Kompetenzbereich von Teammanagerin Seifert, die zudem ein gemeinsames Kind mit Henning hat, was die Konstellation nicht gerade vereinfachen dürfte. Libera Raß, die wie Henning und Seifert seit Jahren zu den Schlüsselfiguren im Verein zählt, hofft auf den Verbleib des Trainers. "Ich liebe es, unter ihm zu spielen. Alles, was ich gelernt habe, habe ich von ihm gelernt." Raß hält die Installation eines Co-Trainers für sinnvoll, der Hennings Fehlzeiten auffange. Seifert sagt: "Wir werden alle möglichen Konstellationen durchgehen und die wählen, die uns am wenigsten Stress bringt." Nach einem Bekenntnis zu Henning klingt das nicht.

Abteilungsleiter Böhm steht ohnehin zu seinem Wort. Am Tag nach dem Sieg gegen Bad Soden sagte er: "Es gab Gespräche. Von meiner Seite aus ist die Sache erledigt. Ich glaube nicht, dass sich daran noch etwas ändert." Es sei gut möglich, dass Henning dem Verein erhalten bleibe, nur eben nicht als Cheftrainer. Zwar könne er das nicht alleine entscheiden, so Böhm, aber "früher oder später werden wir alle der gleichen Meinung sein."

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: