Volleyball:Wildes Hin und Her

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Nach ihrem 3:1-Erfolg gegen Herrsching reisen die Alpenvolleys selbstbewusst zum Spitzenspiel nach Berlin. Am Ammersee kommt es zu einem ganz anderen wegweisenden Duell.

Von Sebastian Winter, Unterhaching

Am Ende dieses Volleyballabends in Unterhaching machte sich Hannes Kronthaler Sorgen wegen einer Seuche. In China grassiert ja derzeit ein so neuartiges wie gefährliches Coronavirus, die Behörden fürchten die Ausbreitung. Kronthaler, General Manager der Hypo Tirol Alpenvolleys Haching, sorgt sich auch deshalb, weil seine beiden Australier Jordan Richards und Max Staples vor zwei Wochen in China waren, beim letztlich erfolglosen Versuch, sich mit ihrer Nationalmannschaft für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren. "Der Richards kam mit fünf Kilogramm weniger Gewicht zurück, und jetzt müssen wir ihn wieder aufpäppeln", sagt Kronthaler. Ein Blutbild sei auch schon gemacht worden.

Staples hingegen ist gar nicht mehr Teil des Teams, allerdings nicht wegen des Virus. Die Alpenvolleys haben am Montag, noch vor dem Abendderby gegen die WWK Volleys Herrsching, Staples' Vertrag aufgelöst, weil sie mit seinen Leistungen nicht zufrieden waren - und zum tschechischen Erstligisten Kladno transferiert. Sein Nachfolger im Außenangriff muss binnen zehn Tagen gefunden werden, einen Kandidaten aus Europa gibt es nun offenbar, unterschrieben ist aber noch nichts.

Ein Virus, ein Weggang, es ist gerade einiges los bei den Alpenvolleys. Da traf es sich gut, dass zumindest der 3:1 (25:18, 21:25, 25:22, 25:23)-Erfolg gegen Herrsching eine Konstante bot: Es war der siebte Sieg in Serie für die bayerischen Tiroler - und der erste in einem TV-Spiel seit ihrem Einzug in die Volleyball-Bundesliga vor zweieinhalb Jahren. Sechsmal hatten sie zuvor auf großer Bühne verloren. "Diesen Bann haben wir nun auch gebrochen", sagte Außenangreifer Niklas Kronthaler, der den 1253 Zuschauern (und in der Spitze 80 000 Fans an den Fernsehgeräten) wieder eine grundsolide Leistung bot.

Die Partie war teilweise ein wildes Hin und Her, nicht unbedingt hochklassig, dafür mit einigen Wendungen. Der erste Satz geriet zur Farce für Herrsching, das zwischenzeitlich 8:18 zurücklag und direkt an die 0:3-Heimpleite gegen Giesen aus der Vorwoche anknüpfte. Danach hatten die Alpenvolleys einen Hänger, "da frage ich mich auch, was da los war", sagte ihr Trainer Stefan Chrtiansky. Die Annahme wackelte, und insgesamt 20 Aufschlagfehler in einem Spiel sind sowieso viel zu viele, wenn auf der Habenseite nur vier Asse stehen. In den Sätzen drei und vier führte der Favorit dann jeweils mit 7:2, um diesen Vorsprung dann fast wieder herzuschenken. Herrsching punktete aber zu selten, um das Spiel noch in den fünften Satz zu lenken. 56 Zähler in Block, Angriff und Aufschlag standen in ihrer Statistik, bei den Alpenvolleys waren es 77. Diese Zahlen alleine erzählen schon viel über das Spiel, das richtungsweisend war für beide Klubs.

Die Herrschinger haben nun endgültig den Anschluss ans Spitzenquintett verloren. Für sie geht es nun darum, Platz sechs zu sichern, aber zumindest die Playoff-Teilnahme, für die sie mindestens Achter werden müssen. Doch selbst das dürfte gar nicht so einfach werden, denn das Mittelfeld ist extrem eng zusammengerückt. Herrsching und den Tabellenneunten Netzhoppers Königs Wusterhausen trennen nur vier Punkte, zwischen beiden Klubs stecken Düren und Rottenburg. Gegen Rottenburg, das so stark ist wie lange nicht, spielt Max Hausers Mannschaft am kommenden Samstag in der heimischen Nikolaushalle. Es ist ein extrem wichtiges Duell, zumal danach in Lüneburg, Berlin und Düren schwere Gegner warten. Sollten es die Herrschinger verlieren, wäre dies ein großer Rückschritt im Kampf um die beste Ausgangslage fürs Viertelfinale.

Die Alpenvolleys hingegen strotzen vor dem Spitzenspiel beim enteilten Tabellenführer Berlin am Donnerstag vor Selbstvertrauen. "Wir fahren mit breiter Brust dorthin", sagt Niklas Kronthaler, zumal der Meister Verletzungsprobleme hat. Neben dem sprunggewaltigen Diagonalmann Benjamin Patch (Achillessehnenriss) muss Berlin womöglich auch auf Außenangreifer Samuel Tuia verzichten, der sich von einem Muskelfaserriss erholt. "Jetzt haben wir sicher eine Chance", sagt Alpenvolleys-Trainer Chrtiansky. Ihm geht es darum, Zweiter zu bleiben vor Friedrichshafen. Und das bis zu den Playoffs.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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