Volleyball:Schwere Brocken im Advent

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"Sportlich sind wir schon lange nicht mehr so gut dagestanden": Grafings Volleyballer jubeln hinter ihrer Trophäe über den äußerst knappen 3:2-Erfolg in Mainz. (Foto: privat)

Der TSV Grafing hat sich vom Abstiegskämpfer zum Zweitliga-Spitzenklub gewandelt - nun kommt Spitzenreiter Rüsselsheim als Gradmesser.

Von Sebastian Winter, Grafing

Wie eine Trophäe sah sie aus, die Zähltafel in Mainz, die zweckentfremdet auf dem Hallenboden stand. Ein 15:17 leuchtete darauf in roten Ziffern, das Ergebnis des entscheidenden fünften Satzes aus Sicht der Gastgeber. Dahinter: jubelnde Grafinger. Die TSV-Volleyballer haben am vergangenen Wochenende einmal mehr gezeigt, dass sie in diesem Herbst kaum etwas aufhalten kann: Acht Spiele, sieben Siege, zuletzt eben der hauchdünne 3:2-Erfolg am Sonntag in Mainz, dem keine 24 Stunden vorher ein fast genauso knapper 3:2-Sieg bei den starken Volleyball-Internatlern aus Frankfurt vorausgegangen war. "Wir haben auch im zehnten Satz noch Charakter bewiesen", sagte Grafings Manager Johannes Oswald, und verkündete stolz: "Sportlich sind wir schon lange nicht mehr so gut dagestanden."

Nämlich auf Platz vier. Und wäre die Tabelle nicht verzerrt - manche Mannschaften haben erst sieben Spiele absolviert, andere schon elf - dann stünden die Grafinger womöglich noch weiter vorne. Immerhin haben sie neben Eltmann als einziges Team der Liga erst ein Spiel verloren. Wobei Oswald dann doch ein, möglicherweise recht dickes, Haar in der Suppe findet: "Die wirklich schweren Brocken haben wir ja noch vor uns." Beispielsweise Tabellenführer Rüsselsheim, den die TSV-Volleyballer bereits an diesem Samstag (19 Uhr) in der Jahnsporthalle zum Spitzenspiel empfangen. Eine Woche später fahren sie zum Tabellendritten Schwaig, Mitte Dezember reist dann der Zweite Eltmann nach Grafing. Die Wochen vor Weihnachten werden auch zeigen, ob das Team von Trainer Alexander Hezareh tatsächlich zur Ligaspitze zählt.

Zur neuen Saison soll das Aushängeschild des TSV in eine GmbH ausgelagert werden

Ganz überraschend kommt es nicht, dass sich der TSV vom Abstiegskämpfer in so kurzer Zeit zum Seriensieger entwickelt hat. Oswald macht mehrere Gründe dafür verantwortlich. Erstens sei der Kern der Mannschaft zusammengeblieben, zweitens seien hervorragende Zugänge nach Grafing gewechselt. Wie Herrschings so athletischer wie sprung- und schlaggewaltiger Erstligaspieler Julius Höfer, "der uns wesentlich weniger berechenbar macht", wie Hezareh sagt. Früher sind viele Angriffe über Diagonalspieler Michael Zierhut gelaufen (und sowieso über Felix Langer, der sich diese Saison eine Auszeit nimmt), jetzt kann Zierhut sich auch mal schonen - und Höfer oder der ebenfalls starke Zugang aus Dachau, Pablo Karnbaum, ersetzen ihn. Die Annahme ist außerdem mit Neu-Libero Benno Voggenreiter sowie Dominik Dreyer stabiler geworden. "Und Fabi ist sowieso ein genialer Zuspieler bei guter Annahme", lobt Hezareh seinen Steller Fabian Wagner.

Dass Tim Noack, ein weiterer Zugang, ausgerechnet bei seinem ersten Hallenauftritt für Grafing in Karlsruhe umknickte - die Bänder im Sprunggelenk waren regelrecht zerfetzt und mussten operiert werden - ist bitter für den TSV, führt aber direkt zum dritten Grund für seine Stärke: den Teamgeist. Noack war auch in Frankfurt und Mainz dabei, samt Übernachtung, und fungierte als Co-Trainer. Generell hat er wegen seiner Verletzung den Arbeitsbereich gewechselt und analysiert nun als Scout die Gegner vor den Spielen. "Das allein zeigt schon unseren Zusammenhalt", sagt Oswald, der auch "die gute Dynamik in der Abteilung" lobt - und gegen Rüsselsheim auch deshalb damit rechnet, "dass wir die 500-Zuschauer-Marke knacken". Vorher ging das alleine schon wegen des Brandschutzes nicht, doch auch wegen neuer Brandmelder hat das Landratsamt gerade rechtzeitig zum Spitzenspiel grünes Licht für eine Kapazitätserhöhung auf bis zu 800 Zuschauer gegeben.

Und noch etwas stimmt Oswald optimistisch. Denn die Verantwortlichen planen, das Zweitligateam möglichst zum 1. Juli 2018, also zur neuen Saison, in eine GmbH auszulagern. "Anteile, Geschäftsführer und Gesellschafter sind noch nicht fix", sagt Oswald. "Wir schauen uns da gerade verschiedene Konzepte an." Aber die Gespräche mit dem TSV seien bislang sehr gut verlaufen. Hintergrund ist, das Haftungsrisiko künftig auf die GmbH zu übertragen, den Zweitligisten wirtschaftlicher zu machen und die TSV-Jugend zu schützen. Oswald stellt zugleich ausdrücklich klar: "Das ist kein Vorbereitungsschritt in die erste Liga." Dazu fehlt dem TSV ohnehin eine taugliche Halle. Und so weit möchte Oswald auch gar nicht nach vorne schauen. Er blickt auf den Samstag - und wäre sehr froh über ein 3:2 gegen Rüsselsheim.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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