Volleyball:Komplizierte Verjüngungskur

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Dachau verliert in Lukas Pfretzschner, links, im Sommer eines der stärksten deutschen Talente. (Foto: Toni Heigl)

Dachaus Volleyballer müssen ihre Rückkehr in die zweite Liga verschieben - auch weil sie mittlerweile eine Vielzahl an Talenten im Team haben.

Von Sebastian Winter, Dachau

Auf Lukas Pfretzschner dürfen sie in Dachau gerade sehr stolz sein, aber sie sind auch ein bisschen traurig. Pfretzschner, 17, Jugend-Europameister im Sand und überhaupt eines der größten Talente im deutschen Volleyball, wechselt kommende Saison vom Drittligisten ASV Dachau zum Volleyball-Internat VC Olympia Berlin in die erste Liga. Als folgerichtigen Schritt sehen sie Pfretzschners voraussichtlichen Umzug im Sommer in die Hauptstadt, aber auch als großen Verlust: "Lukas war zu gut für die Mannschaft und das Umfeld hier", sagt ASV-Manager Dominic von Känel, "eine kombinierte Ausbildung von Beach- und Hallenvolleyball können wir nicht bieten."

Pfretzschner, der mit 1,91 Metern gar nicht mal so große Außenangreifer aus Karlsfeld, kann Dachau immerhin noch ein paar Spiele lang helfen, in der Jugend, die so erfolgreich ist, aber auch in der dritten Liga. Dort fahren die Dachauer am Samstag zum Tabellenführer Unterhaching - und wollen ihn ärgern auf den letzten Metern zu dessen Zweitliga-Aufstieg. Sollte Unterhaching verlieren, wird es für den einstigen Pokalsieger noch einmal eng im Kampf um die Meisterschaft.

Kurz vor Saisonende steht Dachau zwölf Punkte hinter Unterhaching. Am Samstag kommt es zum Duell

Eigentlich hätten die vergangene Saison abgestiegenen Dachauer gerne diesen Platz eingenommen, vorlizenziert für den direkten Wiederaufstieg sind sie längst. Doch drei Spieltage vor Saisonende sind sie nur Fünfter, zwölf Punkte hinter Haching. Ihr eigentliches Ziel ist ihnen längst aus dem Blick geraten. "Ich habe immer gesagt, es wird schwer, direkt wieder aufzusteigen", sagt von Känel, "die Veränderungen haben aber eine größere Rolle gespielt, als uns das bewusst war vor der Saison."

Dachau, dieser so traditionsreiche Klub, in den Neunzigern deutscher Meister, Pokalsieger und Champions-League-Finalist, hatte sich in den vergangenen zwei, drei Saisons mit einem kaum veränderten Kader eher durch die zweite Liga gequält, am Ende der vergangenen Spielzeit stand der Abstieg. Ein Neuaufbau begann, ASV-Libero Martin Carinelli wurde zum Cheftrainer befördert, von Känel zum Manager und Jugendausbilder. Sie integrierten den so erfolgreichen Nachwuchs, der vor zwei Jahren mit der U14, U16 und U18 deutscher Meister wurde. Talente wie Pfretzschner, Zuspieler Benedikt Sagstetter, Diagonalspieler Vincent Graven, Mittelblocker Sebastian Hartmann oder Luis Klimpe, der gerade im Ausland studiert, gehören seither zum festen Bestandteil des Drittliga-Teams. Jugendliche wie Moritz Teichmann oder Pfretzschners Bruder Simon sind Ergänzungsspieler. "Es ist ein Umbruch mit jungen Leistungsträgern", sagt Manager von Känel. Und ein Neuaufbau, der auch Probleme schafft.

Am vergangenen Wochenende gegen Deggendorf standen beispielsweise drei U-18-Spieler in Dachaus Startformation, der unerfahrene ASV verlor den fünften Satz mit 16:18. Der Nachwuchs spielt mehrgleisig, in den U-Mannschaften, in der dritten, zweiten und ersten Mannschaft. Das Jugendspielrecht erlaubt diese Durchlässigkeit, Erfolg ist aber anhand der vielen Spieltermine, die die Jugendlichen haben, kaum planbar. Bei Talenten wie Pfretzschner kommen noch Kadermaßnahmen und die Jugend-Nationalmannschaft hinzu. Von Känel, selbst Trainer der dritten Mannschaft, steht also vor dem schönen wie komplizierten Dilemma, dass er manchmal kaum weiß, wo er die ganzen Jugendlichen einsetzen soll - von 280 ASV-Mitgliedern sind ohnehin schon jetzt knapp 200 unter 18 Jahre alt.

Der Umstand, dass erfahrene Spieler wie der langjährige Kapitän Sebastian Wenninger diese Saison arge Verletzungssorgen haben - Wenninger hilft wegen Knieschmerzen seit Dezember allenfalls als Libero aus - macht es dem ASV nicht gerade leichter. Dennoch ist Trainer Carinelli prinzipiell zufrieden: "Wir spielen mit dieser neuen Mannschaft eine sehr gute Saison." In zwei oder drei Jahren soll sie so sehr zusammengewachsen sein, dass sie wieder in die zweite Liga aufsteigt. Wobei das Beispiel Lukas Pfretzschner zeigt, dass manche Talente auch schlicht über Dachau hinauswachsen.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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